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Wiedervorlage Gesetze im Test: die Kassenbonpflicht

Seit dem 1. Januar 2020 gilt für alle Händler in Deutschland die Kassenbonpflicht
Seit dem 1. Januar 2020 gilt für alle Händler in Deutschland die Kassenbonpflicht
© Michael Weber / IMAGO
Seit 2020 bekommt jeder Kunde beim Einkauf in einem Geschäft einen Kassenbon ausgedruckt. Grund ist die Kassenbonpflicht, die Steuerhinterziehung eindämmen soll. Bei vielen Händlern sorgte die Pflicht bislang für Unmut, aber was hat sie bewirkt?

„Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle (…) erfasst, hat dem an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang (…) einen Beleg über den Geschäftsvorfall auszustellen (…)(Belegausgabepflicht).“ (§146a Abgabenordnung)

„Den Kassenbeleg?“ – wer beim Bäcker, Kiosk oder beim Minisupermarkt nebenan einkauft, wird danach gefragt. „Nein danke“ ist die Standardantwort der meisten Kunden. Wer will schon für jede Brezel und jeden Kaffee einen Beleg. Und so fliegt der Zettel in der Regel unbesehen in den Müll. Viele Hunderttausend jeden Tag. Seit dem 1. Januar 2020 läuft diese Zettelwirtschaft nun schon. Sehr zum Missfallen von Bäckern, Gastronomen und Einzelhändlern, die die Belegausgabepflicht für Kleineinkäufe für reine Schikane halten, aufwendig, teuer und umweltschädlich. 140.000 Kilometer zusätzliche Kassenbons im Jahr, hat der Handelsverband ausgerechnet, Kosten von rund 9,4 Mio. Euro jährlich.

Doch ganz so irrsinnig ist das „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“, kurz Kassengesetz, gar nicht. Es soll Steuerhinterziehung eindämmen, die oft da läuft, wo Bargeld im Spiel ist und es um kleinere Summen geht. Bloß beziffern lässt sich dieser Nutzen schwer. „Da sich Steuerhinterziehung im Verborgenen abspielt, sind keine Schätzungen möglich“, heißt es in einer Antwort des Bundesfinanzministeriums. Der Bundesrechnungshof vermutet, dass dem Staat durch nicht registrierte Bargeldumsätze pro Jahr etwa 10 Mrd. Euro an Steuereinnahmen entgehen.

Allerdings erlaubt das Gesetz eine Reihe von Ausnahmen und Befreiungen von der Kassenbonpflicht. So können etwa Kioske, Verkaufsstände auf Volksfesten oder Stadionbewirtschaftungen einen entsprechenden Antrag stellen. Also gerade die, bei denen die Betrugschancen am besten sind. Wie viele das Schlupfloch nutzen, weiß das BMF nicht, Steuergesetze sind Ländersache.

Tatsächlich aber geht es den Betroffenen gar nicht so sehr um den Müll und die Bons, zumal es die längst digital gibt. Die Aufregung richtet sich gegen die Sicherheitskassen. Das Gesetz schreibt Ladenbetreibern und Restaurants nämlich vor, ihre Kassen manipulationssicher aufzurüsten und mit einer Datenschnittstelle auszustatten – falls ein Finanzbeamter die Umsatzaufzeichnungen auslesen will. Betrug geht dann nur noch, wenn Umsatz unterschlagen und also gar nicht erst eingetippt wird. Bloß: Alle Kassensysteme umzurüsten ist für manche Händler ein ziemlich teures Vergnügen.

Testurteil: Befriedigend

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