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Wiedervorlage Gesetze im Test: Die Abhilfeklage

Die Abhilfeklage gibt es erst seit vorigem Jahr
Die Abhilfeklage gibt es erst seit vorigem Jahr
© McPHOTO / IMAGO
Was haben Gesetze bewirkt? Diesmal geht es um die sogenannte Abhilfeklage, eine andere Form der Sammelklage. Hat das neue Instrument, Verbrauchern tatsächlich zu ihrem Recht verholfen?

„Die Abhilfeklage ist nur zulässig, wenn die von der Klage betroffenen Ansprüche von Verbrauchern im Wesentlichen gleichartig sind. Das ist der Fall, wenn die Ansprüche auf demselben Sachverhalt (…) beruhen und für die Ansprüche die im Wesentlichen gleichen Tatsachen- und Rechtsfragen entscheidungserheblich sind.“ §15 Abs.1 VDuG (Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz)

Viele Verbraucher kennen es: Plötzlich verlangt die Bank Gebühren für einen Service, der gerade eben noch kostenlos war; ein Streamingdienst erhebt Entgelte für werbefreies Hören, oder ein Mobilfunkanbieter erhöht den Tarif. Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Mal geht es um 5 Euro im Monat oder auch nur 1,90 Euro. Als Verbraucher ärgert man sich, doch der Schaden ist meist zu klein oder der Gegner zu groß, um dagegen zu klagen – auch wenn die Tricksereien oft gegen Verträge verstoßen. 

Doch seit Oktober 2023 gibt es ein neues Instrument, das Verbrauchern zu ihrem Recht verhelfen soll: Mit der Abhilfeklage können Betroffene direkt auf eine Geldzahlung klagen, und zwar im Kollektiv. Eine andere Form der Sammelklage (die Musterfeststellungsklage) gab es zwar zuvor schon, bei der ein Gericht über den Schaden urteilt und Ansprüche festlegt – die dann allerdings jeder Geschädigte selbst einklagen muss. 

„Enormer Fortschritt“

Letzteres entfällt nun. Geschädigte müssen sich nur ins Klageregister des Bundesamtes für Justiz eintragen, bis zu drei Wochen nach Ende der jeweiligen mündlichen Verhandlung ist das möglich. Bei Erfolg der Klage gibt es Geld für alle Registrierten. Gebündelt werden die Klagen von den Verbraucherverbänden, die als Kläger auftreten. Sie übernehmen auch das Prozesskostenrisiko. 

Die Abhilfeklage sei ein „enormer Fortschritt“, urteilt Ronny Jahn, Teamleiter Sammelklage beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Für Unternehmen lohne es sich nicht mehr, Klagen auszusitzen. Damit steige die Chance, dass sie einen Vergleich anbieten. Karl Hamacher, Wirtschaftsanwalt der Kanzlei Jonas, dämpft jedoch die Erwartungen. Die Anwendungsmöglichkeiten seien de facto auf Fälle mit „gleichartigen Leistungsansprüchen“ eng begrenzt, dort gehe es meist nur um kleinere Summen. Fraglich sei auch, ob dieser Klageweg wirklich schneller sei. Alles in allem könnten bis zum Erhalt der eingeklagten Gelder rund zehn Jahre vergehen.

Sechs Klagen laufen bisher, die größte mit über 90.000 Betroffenen gegen Vodafone. Der Anbieter hatte alle Tarife für das Festnetzinternet um monatlich 5 Euro pauschal erhöht, was laut Verbraucherzentrale Bundesverband gegen die AGBs verstößt. Eine andere Klage zielt gegen Amazon Prime. Der Konzern blendet neuerdings Werbung auf seinem Videostreamingangebot ein, wer werbefrei gucken will, muss zahlen. Zu Recht? Entschieden ist bislang noch keine der Klagen.

Testurteil befriedigend

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