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Tierschutz Was das Gesetz gegen Kükentöten wirklich bringt

Eine Packung weiße Eier aus Freilandhaltung von Rewe mit der Aufschrift ohne Kükentöten
Eine Packung weiße Eier aus Freilandhaltung von Rewe mit der Aufschrift ohne Kükentöten
© Bihlmayerfotografie / IMAGO
Das Töten von geschlüpften männlichen Küken ist seit einiger Zeit verboten. Hat sich das Kükentöten--Problem damit erledigt? Nach Ansicht von Tierschützern hat das Verbot zu einer anderen Fehlentwicklung geführt

„Ab dem 13. Bebrütungstag ist es verboten, bei oder nach der (…) Geschlechtsbestimmung im Hühnerei 1. einen Eingriff an einem Hühnerei vorzunehmen, der den Tod des Hühnerembryos verursacht, oder 2. einen Abbruch des Brutvorgangs vorzunehmen, der den Tod des Hühnerembryos verursacht.“ § 4c, Abs. 3 TierSchG

Osterzeit, Eierzeit – und am Frühstückstisch tauchen Fragen auf: Dürfen wir Eier nun mit gutem Gewissen essen? Und was ist eigentlich mit den männlichen Küken? Denn die wurden bekanntlich über Jahrzehnte, kaum geschlüpft, massenhaft getötet – zwar nicht geschreddert, aber vergast, was es nicht schöner macht. 45 Millionen Küken endeten so in Deutschlands Legeindustrie Jahr für Jahr. Der simple Grund: Nur Hennen legen Eier, Hähne nicht – und Eier sind das große Geschäft. 230 Stück verspeist der Deutsche im Jahr.

Beendet hat diese Praxis eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts 2019, wonach „systematisches Töten der Küken“ gegen das Tierschutzgesetz verstößt. Seit Anfang 2022 gilt, dass geschlüpfte männliche Küken nicht mehr getötet werden dürfen. Sie müssen mit aufgezogen werden. Alternativ ist es Haltern erlaubt, bis zum zwölften Tag das Geschlecht der Embryonen bereits im Brutei zu bestimmen und die Bebrütung abzubrechen. 

Der „KAT-Stempel“ ist wichtig

Verbraucher finden auf Eierkartons seither den Aufdruck „Ohne Kükentöten“, oft versehen mit dem Zusatz „Mit diesem Kauf unterstützen Sie die Aufzucht männlicher Küken“. Vertrauenswürdig ist die Aussage, wenn daneben ein „KAT-Stempel“ zu sehen ist. Hinter dem Kürzel steckt der Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen, der viele Eier im deutschen Einzelhandel kontrolliert. Spätestens seit dem 1. Januar 2024 stammen alle KAT-zertifizierten Eier nur noch von Hennen, deren „Brüder“ nicht getötet wurden – unabhängig davon, ob die Eier in Deutschland gelegt wurden oder in einem anderen EU-Land. Auf der Internetseite des Vereins steht zudem, wie das Kükentöten verhindert wurde. Laut Geflügelwirtschaft werden etwa die Hälfte der geschlüpften Bruderhähne aufgezogen, die andere Hälfte durch Geschlechtsbestimmung im Ei aussortiert. 

Das Aussortieren vor dem Schlüpfen sei keine „nachhaltige Lösung“, kritisieren Tierschützer. Der „Vorteil“ sei allein, dass nicht 45 Millionen Küken getötet würden, sondern 45 Millionen Eier im Müll landeten. Notwendig sei ein Systemwechsel hin zu sogenannten Zweinutzungshühnern. Damit sind Rassen gemeint, bei denen weibliche Küken zu Legehennen und männliche Küken zu Masthähnchen aufgezogen werden. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Zweinutzungshühner sogar einfacher zu halten sind. Sie sind seltener krank und benötigen weniger Medikamente.

Testurteil: ausreichend

Erschienen in Capital 4/2024

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