Das Gesetz: "Die reibungslose Kommunikation zwischen Netzbetreibern und Lieferanten (...ist...) eine wesentliche Voraussetzung zur vertragsgemäßen Belieferung neugewonnener Kunden durch den Lieferanten." Bundesnetzagentur, Beschluss zur Festlegung einheitlicher Geschäftsprozesse und Datenformate zur Abwicklung der Belieferung von Kunden mit Elektrizität, Art. 2.2.
Kaltakquise sei wie Flirten, rät ein Verkaufstrainer im Internet: Entscheidend sei, die ersten Hürden zu nehmen. Bei Stromkunden sind solche Verführungsmethoden offenbar erfolgreich. Allerdings mehren sich Beschwerden über Fälle, in denen nach dem Anruf eines Akquisiteurs ein neuer Stromvertrag im Briefkasten landet – obwohl der Kunde gar nicht den Anbieter wechseln wollte.
Wie es dazu kam? 1998 wurde per Gesetz der Strommarkt liberalisiert, 2006 vereinfachte die Bundesnetzagentur den Anbieterwechsel noch einmal, indem sie standardisierte Verfahren zum Datenaustausch zwischen Alt- und Neulieferanten einführte. Nie war es deshalb leichter als heute, zwischen bundesweit mehr als 100 Stromanbietern zu wechseln. Nie war es allerdings auch einfacher, das Verfahren betrügerisch zu missbrauchen.
Unerlaubte Produktwerbung ist verboten, aber verbreitet
Produktwerbung per Telefon, E-Mail oder Fax ist in Deutschland eigentlich verboten, wenn ihr nicht ausdrücklich zugestimmt wird. Verbreitet ist sie trotzdem. Laut einer Studie der Marktwächter Energie und des Umfrageinstituts Forsa wurden gut jedem vierten Deutschen in den vergangenen zwei Jahren ungefragt am Hörer oder auch an der Haustür Energieprodukte angeboten. Befragte Versorger bestätigen, dass die Zahl ungewollter Anbieterwechsel zunehme. Zwei Stromlieferanten, darunter Eon, wurden gerichtlich abgemahnt.
Und so funktioniert der Trick: Unternehmen heuern Dienstleister, Vertriebsunternehmen oder Einzelpersonen an, die auf die Vermittlung von Energieverträgen spezialisiert sind. Beim Kundenkontakt werben solche Anrufer mit Bonusgeld oder warnen vor drohenden Preisanstiegen, andere geben vor, sich im Auftrag des bisherigen Versorgers zu melden. Ihr Ziel ist es, im Gespräch die Adresse und Zähler- oder Kundennummer ihrer Opfer herauszubekommen. Diese Angaben reichen nämlich, um mit den standardisierten Datenverfahren der Bundesnetzagentur einen Anbieterwechsel einzuleiten. Wie die Akquise zustande kam, ist dabei unerheblich, auch eine Kündigung in Textform ist nicht erforderlich.
Dem überrumpelten Kunden bleibt in solchen Fällen nur ein Widerruf, oft zu schlechteren Bedingungen. Die Bundesnetzagentur lässt das kalt. Sie sieht keine Veranlassung, das Verfahren zu ändern – wenn, argumentiert man dort, dann sei das Aufgabe des Gesetzgebers.
Das Capital-Testurteil: Mangelhaft
Weitere Folgen Wiedervorlage: Elternzeit für Väter , Maklerprovisionen , Antibiotika im Stall , Der Pflege-TÜV , Regionale Produktkennzeichnung , Weniger Geld für Solaranlagen und 1 Euro Jobs