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Tourismus-Comeback „Auch Passagiere in der Pflicht“: Warum die Preise für Flugtickets nicht sinken

Flugzeug im Landeanflug über Palmen
Ein Ende der Preissteigerungen ist bislang nicht in Sicht, weil Fluggäste noch die höheren Ticketpreise bezahlen
© picture alliance / ZUMAPRESS.com | Taidgh Barron
Nach der Coronakrise gehen die Preise für Flugtickets teilweise durch die Decke. Das wird sich so schnell auch nicht ändern. Dazu tragen laut einem Luftfahrtexperten gerade auch die Urlauber selbst bei

Die Reiselust der Deutschen ist zurück. Krieg und Inflation halten viele inzwischen nicht mehr davon ab, Urlaub zu planen. Die Aussicht auf ordentliche Gewinne stimmt viele Fluggesellschaften zuversichtlich. Die Preise für Flugtickets sinken deswegen allerdings noch nicht. „Die Nachfrage ist sehr hoch, insbesondere innerhalb Europas und auf Flügen von Europa in die USA“, sagt Luftfahrtexperte Cord Schellenberg ntv.de. „Gleichzeitig sind die angebotenen Flug-Kapazitäten noch nicht wieder auf dem Stand von 2019. Die hohe Nachfrage trifft also auf ein knappes Angebot.“

Ein Ende der Preissteigerungen ist auch deshalb noch nicht in Sicht, weil Fluggäste aktuell noch bereit sind, die höheren Ticketpreise zu bezahlen. Schellenberg sieht hier auch die Passagiere in der Pflicht. Fluggesellschaften müssten profitabel arbeiten und seien dabei auf eine möglichst hohe Auslastung ihrer angebotenen Flüge angewiesen. „Zu welchem durchschnittlichen Ticketpreis das geschieht, bestimmen die Verbraucher mit, indem sie sich für oder gegen eine bestimmte Flugbuchung entscheiden.“

Nach Einschätzung von Luftfahrtexperte Gerald Wissel hingegen wird Passagieren nichts anderes übrig bleiben, als weiterhin so viel zu bezahlen. Er geht davon aus, dass die Ticketpreise wahrscheinlich noch mehrere Jahre hoch bleiben werden. „Anders als Kostensteigerungen werden Kostensenkungen nicht sofort, sondern erst mit Verzögerung an die Kunden weitergegeben“, sagt er im Gespräch mit ntv.de. Seiner Einschätzung nach treiben momentan nicht nur gestiegene Energie- und Personalkosten sowie die insgesamt hohe Inflationsrate die Preise. „Maßgeblich mitverantwortlich für die hohen Ticketpreise sind im Moment auch die hohen Kosten für Ersatzteile und Lieferschwierigkeiten.“

Die Sanktionen gegen Russland haben es laut dem Finanzportal „Bloomberg“ unter anderem für Airbus, Boeing und ihre Zulieferer auch schwieriger gemacht, Rohstoffe wie Titan zu beschaffen, was die Preise für Ersatzteile in die Höhe treibt. Die Beschaffung neuer Triebwerke bereite den Fluggesellschaften ebenfalls Kopfzerbrechen. Einige seien sogar gezwungen, neue Flugzeuge stillzulegen, da die Teile knapp sind und die Hersteller Schwierigkeiten haben, neue Turbinen zu bauen.

Auf dem Höhepunkt der Pandemie wurden außerdem bis zu 16.000 Flugzeuge aus dem Verkehr gezogen. Das entspricht etwa zwei Drittel der weltweiten kommerziellen Flotte. Diese wieder in Betrieb zu nehmen, stellt die Airlines vor Herausforderungen, da jedes Teil überprüft werden muss. Bis die größten Jets wieder einsatzbereit sind, können bis zu 100 Arbeitsstunden vergehen.

Auch höhere Gehälter schlagen sich in Flugpreisen nieder

Während die Fluggesellschaften in den vergangenen Jahren Verluste in Milliardenhöhe hinnehmen mussten, haben sie gleichzeitig Millionen Arbeitsplätze abgebaut. Um der steigenden Nachfrage jetzt gerecht zu werden, sucht die Branche händeringend nach Personal. Viele gut ausgebildete ehemalige Beschäftigte haben sich aber längst dazu entschlossen, den Beruf zu wechseln. Das bedeutet auch: Um als Arbeitgeber wieder attraktiver zu werden, müssen Fluggesellschaften bessere Gehälter zahlen. Auch das schlägt sich letztendlich in höheren Flugpreisen nieder, da die Fluggesellschaften versuchen, die zusätzlichen Kosten wieder hereinzuholen.

Hinzu kommt: Die Fluggesellschaften müssen noch immer deutlich mehr für Treibstoff ausgeben. Die teuren Rohölpreise sind laut „Bloomberg“ besonders für Billigflieger ein Problem, weil sie keine Vorkehrungen zur Absicherung der Treibstoffkosten treffen. Das mache sie besonders anfällig für Preisspitzen, die durch Ereignisse wie etwa den Einmarsch Russlands in die Ukraine ausgelöst werden.

Trotz der Unzufriedenheit von Passagieren hält Wissel die aktuellen Preissteigerungen für gerechtfertigt. „Vor Corona waren die Flugpreise viel zu billig. Wenn wirklich alle Kosten berücksichtigt werden, ist Fliegen einfach teuer.“

Dieser Text ist zuerst bei ntv.de erschienen.

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