Jerome Powell schickt sich an, die Nachfolge des legendären Inflationstöters Paul Volcker anzutreten. Der Präsident der US-Notenbank Federal Reserve deutete am Mittwoch an, dass die Eindämmung der ausufernden Inflation auch zu einer Rezession führen könnte. Powell sorgte am Mittwoch für eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte, den größten Schritt der US-Notenbank seit 1994, und er stellte eine weitere Erhöhung um drei Viertelprozentpunkte im Juli in Aussicht.
Dabei sprach er sich erstmals offen dafür aus, die Zinssätze bis weit in den restriktiven Bereich hinein anzuheben, um den Arbeitsmarkt abzukühlen, was die Arbeitslosigkeit in die Höhe treiben würde – eine Strategie, die in der Vergangenheit häufig zu einem Wirtschaftsabschwung geführt hat.
„Dies ist eine Fed im Stil von Volcker“, sagte Diane Swonk, Chefvolkswirtin bei Grant Thornton LLP. „Es bedeutet, dass die Fed bereit ist, einen Anstieg der Arbeitslosigkeit und eine Rezession in Kauf zu nehmen, um eine Wiederholung der Fehler der 1970er-Jahre zu vermeiden. Angebotsschocks werden sich nicht von selbst korrigieren, also muss die Fed die Nachfrage reduzieren, um dem beschränkten Angebot zu begegnen.“
Der Kurswechsel birgt nicht nur Gefahren für die Wirtschaft, sondern auch für die Finanzmärkte und US-Präsident Joe Biden. Die Aktienkurse sind in den letzten Monaten gefallen, da die Fed die Kreditvergabe verschärft hat, um die Inflation in den Griff zu bekommen, die sich als hartnäckiger und verbreiteter erwiesen hat als von der Notenbank erwartet. Die Märkte haben die Zinserhöhung vom Mittwoch zwar gut verkraftet, sind aber weiterhin angeschlagen.
Biden musste erleben, wie seine Popularität unter dem Anstieg der Inflation litt. Eine Rezession – und die damit verbundene höhere Arbeitslosigkeit – würde den Präsidenten eines seiner wenigen Argumente berauben, mit denen er die Vorteile seiner Politik für die Wirtschaft anpreisen kann.
Powell wird anlässlich seines halbjährlichen Berichts zur Geldpolitik nächste Woche wahrscheinlich vom US-Kongress dazu befragt werden, warum die Fed die Heftigkeit der Inflation falsch eingeschätzt hat und warum sie nun glaubt, dass ihre Beseitigung mit volkswirtschaftlichen Kosten verbunden sein wird.
Eine Rezession ist möglich
Der ehemalige Fed-Chef Volcker genießt bei Notenbankern ein hohes Ansehen, weil er vor 40 Jahren eine zweistellige Inflationsrate überwunden hat. Dabei wird häufig übersehen, dass er dafür die Wirtschaft in die Zange nehmen musste – die Arbeitslosenquote stieg unter seiner Regie auf über Prozent. Und seine Politik traf auch Eigenheimbesitzer und andere hart hart.
Im Gegensatz zu Volcker sagte Powell, die Fed sei nicht darauf aus, die Wirtschaft in eine Rezession zu treiben. Er räumte jedoch ein, dass ein Abschwung möglich sei. In diesem Fall sieht der Notenbankchef die Schuld allerdings nicht bei der Fed. Powell machte aber deutlich, dass das oberste Ziel der Fed nicht die Pflege des Arbeitsmarktes, sondern die Eindämmung der Inflation sei. „Ich möchte mit einer übergreifenden Botschaft beginnen“, sagte der Fed-Chef zu Beginn seiner Pressekonferenz. „Wir sind fest entschlossen, die Inflation zurückzudrängen, und wir werden dies zügig tun.“

Powell betonte insbesondere, wie wichtig es sei, die Inflationserwartungen im Zaum zu halten. Dies sei einer der Gründe, warum die Fed am Mittwoch abrupt beschlossen habe, die Zinsen um einen dreiviertel Prozentpunkt anzuheben, anstatt wie seit Wochen angekündigt um einen halben Prozentpunkt. Powell sagte, dass die Währungshüter aus diesem Grund den Anstieg der Öl- und Lebensmittelpreise nicht ignorieren könnten, auch wenn diese außerhalb ihrer Kontrolle lägen. Sie hätten Einfluss darauf, wie die Amerikaner die Inflationsaussichten einschätzen.
„Powell ist entschlossen, nicht die Fehler von Arthur Burns zu wiederholen, der die Zentralbank während der Lohn-Preis-Spirale der 1970er Jahre führte“ und Volckers Vorgänger als Fed-Chef war, sagte Anna Wong, Chef-Ökonomin für Bloomberg Economics, in einer Notiz.
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