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Buchauszug Ex-Wirecard-Manager: „Seine Ausländerfeindlichkeit ist legendär und gefürchtet“

In „Bad Company“ packt Jörn Leogrande über Wirecard aus
In „Bad Company“ packt Jörn Leogrande über Wirecard aus
© xFotostandx/xFritschx / IMAGO
In dem neuen Buch „Bad Company“ packt der ehemalige Wirecard-Manager Jörn Leogrande aus. Er beschreibt, wie Jan Marsalek schon in den Anfängen das Unternehmen fast in den Ruin trieb – und über Oliver B.s Verehrung des Dritten Reiches. Ein Auszug

Er hat bei Wirecard Karriere gemacht: Knapp 15 Jahre war Jörn Leogrande bei dem Skandalunternehmen beschäftigt, zuletzt kümmerte er sich um das Innovationslabor. Über die Jahre arbeitete er auch eng mit den beiden Managern Markus Braun und Jan Marsalek zusammen.

Wie er diese Zeit und den Zusammenbruch erlebt hat, schildert er nun seinem neuen Buch „Bad Company – meine denkwürdige Karriere bei der Wirecard AG“, das am heutigen Montag erscheint. Es gibt einen Einblick in das Innenleben der Firma mit ihren Schlüsselfiguren, etwa über Marsalek, der als junger Manager ein millionenschweres Großprojekt vor die Wand fährt, und Oliver B., der in seinem Büro das Ego-Shooter-Spiel „Call of Duty“ zockt und aus seiner rechten Gesinnung keinen Hehl macht.

Der Buchauszug „Bad Company“:

„Ich treffe Jan Marsalek zu Beginn des Jahres 2006 zum ersten Mal. Er kommt in Begleitung von Markus Braun in das Marketingbüro, das fern von all den repräsentativen Offices und Meetingräumen unter dem Dach des Firmengebäudes der Wirecard in Grasbrunn liegt. Jan hat die Haare zu einem sehr kurzen Irokesenschnitt gestylt – ganz der Kampfschwimmer, der er nie war. Er trägt zerschlissene Jeans und sehr auffällige Cowboystiefel. Das ist so eine Art Markenzeichen von ihm. Seine ganze äußere Erscheinung, die nichts mit seiner tatsächlichen Orientierung zu tun haben muss, wirkt – sorry, Jan –, als wäre er straightaway aus einem Schwulenclub der härteren Gangart gekommen. Ich finde das irgendwie sympathisch. Es wirkt wie ein erfrischend klares sexuelles Statement – endlich kommt mal irgendwie Leben in die Bude.

Jörn Leogrande_Bad Company_Buchcover

Das Outfit mag dominant und doppeldeutig wirken – jedoch kommt Jan in jenen Tagen in der Zusammenarbeit eher verschreckt und unsicher rüber. Da ist so viel, das Jan nervös macht: Er fühlt sich immer zu jung, er hat keinerlei Ausbildung im klassischen Sinne genossen, und er ist das Zielbild für jede Art von Hohn und Spott, die vom Team des mächtigen Aufsichtsrates Paul Bauer ausgeht.

Denn Paul kennt von Jan einige wirklich gute Stories. Diese etwa: Im Jahr 2000 stellt der Gründungs-CEO der Wirecard, Detlev Hoppenrath, Jan vor allem deswegen ein, weil der vorgibt, sich mit dem Wireless Application Protocol, kurz WAP, auszukennen. Ich möchte nicht wieder auf das Thema Quereinsteiger eingehen – aber, hit me, baby, one more time. Hier ist das Muster, das die Entwicklung der Wirecard praktisch seit den Anfängen begleitet.

Jan hat sich das Programmieren selber beigebracht. Er hat kein Studium absolviert und verfügt über keinerlei einschlägige Berufserfahrung, kein Abitur, ja er hat noch nicht mal einen Führerschein. Er ist ein junger Mann, der mit seinem Elternhaus im fernen Wien gebrochen hat und der so ganz ohne die Rückendeckung von Bildung und Expertise sein Glück in der digitalen Welt der Bits & Bytes sucht.

Jan wurde im Jahr 2000 bei seinem ersten Job bei der Wirecard damit betraut, ein Projekt umzusetzen, das auf den programmatischen Namen Wirecard 2.0 hörte. Dabei handelte es sich um eine Zahlungsumsetzung für die mobile Welt des Internets, die auf den Screens der ersten halbwegs smarten Handys stattfinden sollte. An sich eine gute Idee. Doch Jan versagte im eigenen Reporting komplett: Er ließ den damaligen Vorstand über den schleppenden Fortschritt der Entwicklung im Unklaren und setzte das Projekt schließlich komplett in den Sand. Zwei Millionen Euro, die das Management in das Development investiert hatte – gone with the wind. Das junge Startup Wirecard stand damals wieder einmal kurz vor dem Ruin.

Wenn man sarkastisch sein will, dann kann man anerkennen, dass Jans Karriere damit eine gewisse Klammer aufweist. Zu Beginn im Jahr 2000 ließ er in gewisser Weise zwei Millionen verschwinden – 2020, am Ende, waren fast zwei Milliarden weg. Muss man auch erst mal hinkriegen.

Einen weiteren Teil des Buchauszugs lesen Sie heute auf Finance Forward, dem Finanzportal von Capital und OMR. Für den täglichen Newsletter können Sie sich hier anmelden.

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