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Kolumne Dresden oder Düsseldorf?

Die FDP ist im Bund draußen, jetzt sucht sie eine neue Richtung. Echte Alternativen zu Schwarz-Gelb hat sie allerdings gar nicht. Von Christian Schütte
Christian Schütte
Christian Schütte schreibt an dieser Stelle über Ökonomie und Politik
© Trevor Good

Wer die Orientierungsprobleme der jetzt unter Christian Lindner neu formierten FDP verstehen will, der muss vielleicht auch einmal kurz auf die Sozialdemokraten schauen.

Die SPD regiert im tiefen Westen, in ihrer alten Hochburg NRW, inzwischen wieder als die stärkste Partei. Sie koaliert hier mit den Grünen, könnte in Düsseldorf aber rein rechnerisch auch eine Regierung mit den Liberalen bilden. Deren Landtagsfraktion wird vom frisch gewählten FDP-Parteichef Christian Lindner geführt. Kein Wunder also, dass Lindner sehr darauf achtet, in Richtung Sozialdemokratie anschlussfähig zu bleiben.

Im tiefen Osten, im schwarz-gelb regierten Sachsen, ist und bleibt die SPD dagegen völlig abgeschlagen. Bei der Bundestagswahl erreichte sie dort keine 15, bei der letzten Landtagswahl 2009 sogar nur 10,4 Prozent – um ein Haar wäre sie damals sogar noch von der FDP überholt worden. Im Landtag in Dresden hat Sozialliberal nicht den Hauch einer rechnerischen Chance. SPD und FDP konkurrieren eher um die Rolle des Juniorpartners der dominierenden CDU.

Kein Wunder also, dass Sachsens FDP-Chef Holger Zastrow jetzt nicht mehr zu der neu formierten Parteispitze um Christian Lindner gehört. Zastrow hat seinen Posten als Vize der Bundes-FDP am Wochenende aufgegeben, um nächstes Jahr einen kämpferisch-eigenständigen Landtagswahlkampf zu führen.

Dresdner Verhältnisse im Bund

In welche Richtung der organisierte Liberalismus in Deutschland künftig geht, das kann und wird natürlich nicht nur von solchen Bündnisoptionen abhängen. Politik besteht nicht nur aus Koalitionskalkül.

Aber ohne Koalitionskalkül gibt es auch keine relevante Politik – denn der Kern der Veranstaltung ist letztlich doch immer Machtkonkurrenz.

Das Problem für den neuen FDP-Star Lindner ist, dass die Verhältnisse im Bund derzeit eher so aussehen wie in Dresden und nicht so wie bei ihm daheim in Düsseldorf. Nach dem ziemlich hässlichen Ende ihrer Partnerschaft mit Angela Merkel mag die FDP sich für alle möglichen Ideen und Partner öffnen wollen. An sozialliberale Mehrheiten ist aber derzeit nicht im Entferntesten zu denken. Dazu ist die SPD im Bund viel zu schwach und im Übrigen auch zu sehr an den möglichen Partnern zu ihrer Linken interessiert.

Das kann sich natürlich im Laufe der nächsten vier Jahre noch ändern. Aber die Lindner-FDP muss auch aufpassen, dass sie sich bis dahin nicht ins politische Nirwana verirrt. Wie es dort aussieht, kann man in der Landespolitik von Berlin studieren: Da bekam die FDP bei der Abgeordnetenhauswahl 2011 gerade noch 1,8 Prozent.

In der neuesten Umfrage, die am Mittwoch veröffentlicht wurde, taucht sie überhaupt nicht mehr auf.

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