
Die Entscheider-Elite in Deutschland ist mit dem Ergebnis der Koalitionsverhandlungen unzufrieden. 59 Prozent der vom Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) im Auftrag von Capital für das „Capital-Elite-Panel“ befragten 508 Top-Entscheider sind noch vor dem Start der Großen Koalition enttäuscht. Den größten Korrekturbedarf sehen 88 Prozent der Führungskräfte vor allem in der Energiepolitik. Zudem beklagen 69 Prozent die zu hohen deutschen Strompreise. Aber auch bei der Gesundheitspolitik fordern 55 Prozent Korrekturen ein; in der Rentenpolitik 49 Prozent. Mehr als zwei Drittel der Befragten (69 Prozent) äußern darüber hinaus Zweifel, ob die sich abzeichnende Politik der Großen Koalition geeignet ist, das Land voran zu bringen. Dementsprechend erwarten 83 Prozent lediglich eine Politik der kleinen Schritte.
„Die Wirtschaft hat die nächste Legislaturperiode fast schon abgeschrieben“, erläutert Allensbach-Chefin Renate Köcher. Von den beschlossenen Maßnahmen stößt insbesondere die Einführung einer Mietpreis-Bremse bei Neuvermietung (75 Prozent) und die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns von 8,50 Euro auf Ablehnung. Gut die Hälfte der befragten Führungskräfte aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung ist zudem davon überzeugt, dass der Mindestlohn viele Arbeitsplätze gefährden wird.
Die Enttäuschung über die geplante Politik der Großen Koalition wiegt um so schwerer, da die Elite ansonsten optimistisch in die Zukunft blickt: So glauben 70 Prozent, dass es mit der Konjunktur in Deutschland in den nächsten sechs Monaten aufwärts geht. Und mit drei Viertel der Spitzenkräfte aus der Wirtschaft bezeichnen so viele Manager wie lange nicht mehr die Auftragslage ihres Unternehmens als „sehr gut“ bzw. „gut“.
Sorge um Frankreich

Einig sind sich große Teile der Elite in der Frage der Europa-Politik und vertrauen dem bisherigen Kurs der Bundeskanzlerin. Fast drei Viertel des „Capital-Elite-Panels“ (73 Prozent) finden, dass der Umgang mit der Krise in der Eurozone wie bisher fortgeführt werden kann. Auch die Leitzins-Politik der EZB halten deutlich mehr als die Hälfte (56 Prozent) für richtig, zwei Drittel haben großes Vertrauen in den Euro. Von den europäischen Nachbarstaaten bereitet der Elite vor allem Frankreich Sorgen: 62 Prozent sehen derzeit Frankreich als größtes Risiko für die Eurozone an. Mit weitem Abstand folgt Italien (33 Prozent). Griechenland halten nur noch zwölf Prozent für ein Risiko im Euro-Raum.
Das transatlantische Bündnis hat unter den Vorkommnissen der letzten Zeit, wie etwa dem NSA-Abhör-Skandal, erheblich gelitten. So ziehen aktuell 58 Prozent der Top-Entscheider keine positive Bilanz der Präsidentschaft Barack Obamas, 80 Prozent haben den Eindruck, dass die USA deutlich schwieriger zu regieren sind als früher. Als Konsequenz daraus beobachtet mehr als die Hälfte eine Entfremdung zwischen Deutschland und den USA: 55 Prozent haben den Eindruck, dass sich die beiden Länder etwas bzw. stark auseinanderentwickeln.
Seit 1987 befragt Capital mit IfD Allensbach über 500 Top-Entscheider aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung, darunter: 67 Vorstände und Geschäftsführer von Unternehmen mit mehr als 20 000 Beschäftigten, 18 Minister und Ministerpräsidenten, 28 Leiter von Bundesbehörden. Es ist die am prominentesten besetzte Umfrage Europas.
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