Die Lage
Wer ein Gutachten wegen eines Schadens an seinem Auto braucht, muss sich bisher gedulden: Die Sachverständigen sind nur selten sofort verfügbar und müssen oft eigens anreisen, um sich das Fahrzeug anzusehen. Das gilt auch für häufige Schäden wie Auffahrunfälle oder Parkrempler. Die Bearbeitung kann daher bis zu einer Woche dauern, zudem fallen Kosten für die Anfahrt der Experten an.
Das Konzept
Der TÜV Nord hat jetzt damit begonnen, das Verfahren fernzusteuern. Die Sachverständigen müssen sich das Auto nicht mehr vor Ort ansehen, sondern können es durch die Kamera eines Kollegen begutachten. Die Technik dafür stammt vom Unternehmen Live-Expert, das in der Vorbereitung auf den Start schon 15.000 Gutachten auf diese Weise erstellt hat. Der TÜV Nord übernahm das Unternehmen Ende 2017 und passte die Software an.
Interview
Hartmut Abeln, Vorsitzender der Geschäftsführung TÜV Nord Mobilität
Warum waren Ferngutachten bisher so schwer umzusetzen?
Die Gerichte erkennen solche Gutachten nur an, wenn die Informationen zwischen Kameraführer und Gutachter in Echtzeit übermittelt werden. Dieses Problem haben wir jetzt gelöst. Unser System ist das einzige, das patentiert ist und vor Gericht bestehen kann.
Wie reagieren die Kollegen, die jetzt damit arbeiten sollen?
Die allermeisten sehen die Vorteile. Jeder Spezialist ist ja nun in kürzester Zeit erreichbar. Allerdings wird sich der Einsatz von Sachverständigen dadurch stark verändern. Dabei werden wir die Kollegen intensiv begleiten.
Lässt sich die Technik auch auf andere Prüfungen übertragen?
Das ist unser Ziel. Die Einsatzmöglichkeiten sind fast unbeschränkt. Nur ein Beispiel: Man kann die Kamera theoretisch auch an eine Drohne hängen und damit eine Windkraftanlage begutachten.