Bei Thyssen-Krupp muss ganz schnell ein neuer Mann her, schließlich ist der alte Chef schon weg. Bei Daimler geht Dieter Zetsche gerade in die Endrunde. Und bei Siemens bleiben für die Suche nach einem Nachfolger für Joe Kaeser offiziell zwar noch zwei Jahre Zeit – aber die Zeichen mehren sich, dass der übermächtige Chef bereits sein Erbe bestellt.
Es geht in allen drei Fällen also in den nächsten Monaten um die Besetzung von Jobs, die zu den schwierigsten der deutschen Industrie zählen. Thyssen-Krupp sucht nach heftigen Machtkämpfen nach einer völlig neuen Konzernstruktur. Daimler ordnet gerade seine Sparten neu, weil die Geschäfte gleich an mehreren Fronten unter Druck geraten sind. Und Kaesers Nachfolger muss gleich mit einer doppelten Herausforderung fertig werden: Erstens hat der bisherige Vorstandschef Siemens vollständig auf die eigene Person ausgerichtet. Und zweitens schafft Kaeser mit der Verselbständigung seiner operativen Einheiten eine Struktur, die sich so leicht nicht wieder ändern lässt. Kaeser sucht eigentlich also keinen Nachfolger, sondern einen Nachlassverwalter.
Bei der Kandidatensuche gilt in allen drei Konzernen seit Jahrzehnten die Devise: interne Bewerber first. Bei Siemens und Daimler gab es noch nie einen Chef, der nicht vorher viele Jahre im Konzern dienen musste. Bei Thyssen-Krupp kam der bisherige Chef Heinrich Hiesinger in der größten Not von außen. Dort dürfte ein interner Bewerber auch jetzt keine Chance haben, weil die Situation nach dem Abgang des bisherigen Aufsichtsratschefs Ulrich Lehner vollkommen verfahren ist und wichtige Aktionäre öffentlich auf eine externe Lösung drängen.
Und das ist auch gut so. Die deutsche Industrie tut sich generell immer noch zu schwer, mutige Personalentscheidungen zu fällen. Interne Kandidaten gelten als die sichere Lösung – und Sicherheit geht den meisten deutschen Aufsichtsratschefs über alles. Und in der Regel sind sie es noch immer, die nach eigenem Gutdünken die Nachfolge an der Spitze der Konzerne regeln. Die Nominierungsausschüsse, die Einschaltung von Headhuntern, die Vorauswahl eines Bewerberkreises – das alles dient in den meisten Fällen nur der Absicherung der einsamen eigenen Entscheidung.
In einigen Fällen hat diese Tradition zur völligen Abschottung nach außen geführt. Beispiel BASF: Der jetzige Vorstandschef Martin Brudermüller diente lange Jahre als Vize seines Vorgängers Kurt Bock, der sich nun auf den Aufsichtsratsvorsitz vorbereitet, den gegenwärtig wiederum sein eigener Vorgänger Jürgen Hambrecht leitet. Mehr Inzucht geht nicht.
Bei der BASF kann man sowohl die Vor- als auch die Nachteile eines internen Personalkarussells beobachten. Über viele Jahre blieb der Konzern konsequent in der Spur und steigerte seine Gewinne mit der Präzision eines Uhrwerks. Das Gleiche immer besser machen, lautete die Devise des Konzerns. Doch seit sich die Branche grundlegend ändert und die alten Rezepte nicht mehr so funktionieren wie in der Vergangenheit, tut sich BASF sehr schwer, sich neu zu erfinden. Die Jahre unter Vorstandschef Bock waren verlorene Jahre. Und sein Nachfolger Brudermüller muss erst noch zeigen, ob es ihm gelingt, aus den Zwängen der übermächtigen Tradition auszubrechen – und sich gegen die eigenen Vorgänger zu stellen.