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Klimapolitische Bilanz 2022 Sechs große Erfolge für den Klimaschutz

Ein Delegierter der Weltnaturkonferenz in Montreal posiert im Schneetreiben für einen Schnappschuss
Bei der Weltnaturkonferenz in Montreal gab es einige wichtige Fortschritte für den Erhalt der Artenvielfalt
© IMAGO / ZUMA Press
Der Klimawandel hat auch im abgelaufenen Jahr gewaltige Schäden verursacht. Doch auf politischer Ebene gab es auch Lichtblicke: Sechs Entwicklungen, die Hoffnung machen

Der Klimawandel hat auch in diesem Jahr für enorme Schäden gesorgt. Allein in Pakistan kamen bei extremen Überschwemmungen im Sommer Tausende von Menschen ums Leben, Millionen verloren ihr Zuhause. Die Schäden summierten sich auf mehr als 40 Mrd. Dollar. Bei Überschwemmungen in Nigeria im Herbst starben Hunderte von Menschen und über eine Million wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Dürreperioden in Europa, China und den USA ließen Flüsse austrocknen und behinderten die Handelsströme auf wichtigen Verkehrsadern wie dem Mississippi und dem Rhein. 

Angesichts dieser Extreme war die Reaktion der Weltgemeinschaft bestenfalls uneinheitlich. Der Verbrauch von Kohle, dem schmutzigsten fossilen Brennstoff, hat im Jahr 2022 wieder zugenommen. Länder wie Großbritannien und China sind von wichtigen Klimazusagen abgerückt. Trotz all dieser düsteren Aussichten gibt es aber mehr als nur einen Silberstreif am Horizont. Die Schritte in Richtung einer kohlenstoffärmeren Welt werden bei all den Katastrophennachrichten nur allzu leicht übersehen.

Das Jahr 2022 hat einen Weg der Hoffnung für den Klimaschutz aufgezeigt. Neue politische Entwicklungen haben das Potenzial die Erderwärmung zu verlangsamen oder umzukehren.

1. Bidens großer Sieg ändert alles 

Gerade als es so aussah, als sei Washington hoffnungslos festgefahren, gelang es der Regierung von US-Präsident Joe Biden dank einer knappen demokratischen Mehrheit im Kongress, den „Inflation Reduction Act“ zu verabschieden. Das mit rund 374 Mrd. Dollar ausgestattete Gesetz gilt als die ambitionierteste Klimagesetzgebung, die je in den USA verabschiedet wurde. Denn mit dem Gesetz werden in den kommenden Jahrzehnten Milliarden von Dollar in die Energiewende fließen. Erneuerbare Energien, grüne Technologien, Elektroautos und Wärmepumpen sind die großen Gewinner der US-Pläne. Und nicht nur das – Experten meinen, dass mit dem Gesetz vier Milliarden Tonnen Treibhausgasemissionen eingespart werden. 

2. Die EU besteuert CO2 an ihren Grenzen 

Auch die Europäische Union will endlich vorangehen und ihre Emissionen bis 2030 um 55 Prozent (gegenüber 1990) senken. Die 27 Mitgliedstaaten der Union haben 2022 eine historische Einigung über den CO₂-Grenzausgleich“ errungen. Der Mechanismus soll die CO₂-intensiven Industrien, für die besonders strenge Auflagen gelten, vor billigen Importen aus dem EU-Ausland schützen. Sobald der Mechanismus in Kraft tritt, werden zusätzliche Kosten auf importierte Waren aus Ländern erhoben, die nicht den EU-Klimaauflagen entsprechen. 

Ein weiterer Meilenstein war 2022 die umfangreiche Überarbeitung des EU-Marktes für den Handel mit Emissionszertifikaten, der auf den Straßenverkehr, die Schifffahrt und Heizenergie ausgedehnt wird. Für Unternehmen – vom Energieerzeuger bis zum Stahlhersteller – wird es dadurch noch attraktiver, ihre Emissionen zu reduzieren. Die Einigung verschafft Unternehmen sowie Investoren Sicherheit und führte dazu, dass die europäischen Emissionsrechtepreise in diesem Jahr ein Rekordhoch erreichten.

3. Vögel, Bienen und die biologische Vielfalt 

Nur zwei Wochen vor dem Ende der UN-Konferenz COP15 in Montreal erzielten die Verhandlungsführer bei der Biodiversität einen überraschenden Erfolg: 195 Nationen verpflichteten sich, bis 2030 mindestens 30 Prozent der Land- und Wasserflächen der Erde zu schützen und wiederherzustellen. Reiche Länder erklärten sich bereit, bis 2030 etwa 30 Mrd. Dollar pro Jahr an ärmere Länder zu zahlen – zum Teil über einen neuen Biodiversitätsfonds. 

4. Reiche Länder kommen für Klimaschäden auf 

Auf der Weltklimakonferenz COP27 im ägyptischen Sharm El-Sheikh einigten sich die Delegierten in letzter Minute auf die Einrichtung eines Fonds zur Deckung von Verlusten und Schäden, der die vom Klimawandel betroffenen Entwicklungsländer finanziell unterstützen soll - eine jahrzehntelange Forderung der Länder, die am wenigsten zur Erwärmung des Planeten beitragen.

Auch die „Just Energy Transition Partnerschaft“ ist eine Form der Klimafinanzierung. Die Partnerschaft unterstützt Schwellenländer, sich von dem umweltschädlichsten fossilen Brennstoff zu lösen. Darunter sollen aber die Menschen und Kommunen nicht leiden. Das 2021 angekündigte JETP-Programm Südafrikas in Höhe von 8,5 Mrd. Dollar war bereits ein voller Erfolg. Als nächstes sollen 20 Mrd. Dollar nach Indonesien und 15,5 Mrd. Dollar in den Vietnam fließen. 

5. Führungswechsel und Einstellungssache 

In mehreren wichtigen Ländern sorgten die Wähler 2022 für einen politischen Führungswechsel. In Brasilien gewann Luiz Inacio Lula da Silva die Präsidentschaftswahl unter anderem mit dem Versprechen, die Abholzung des Amazonasgebiets zu stoppen. In Australien sind Parteien im Aufwind, die sich für mehr Klimaschutz einsetzen.

Im November traf US-Präsident Biden den chinesischen Staatschef Xi Jinping und übertünchte damit die diplomatischen Unstimmigkeiten über Taiwan. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden führenden Volkswirtschaften (und Emittenten von Treibhausgasen) war von entscheidender Bedeutung, um politische Erfolge beim Klimaschutz wie das Pariser Abkommen von 2015 zu vertiefen. Das chinesische Außenministerium erklärte, es liege im Interesse beider Länder, den Klimawandel auf kooperative Weise anzugehen. 

6. Die Methanproblematik 

Nur langsam erkennt die Welt die Gefahren von Methan, denn das klimaschädliche Gas speichert besonders viel Wärme. Bei der Klimakonferenz COP26 in Glasgow im vergangenen Jahr verpflichteten sich die Staaten weltweit dazu, die Methan-Emissionen zu reduzieren, die in Öl- und Gasquellen, Kohleflözen, Mülldeponien und der Viehzucht entstehen. Im Vorfeld der COP27 in Ägypten schlossen sich Länder wie Australien der Verpflichtung an, so dass nun mehr als 150 Staaten das Abkommen unterschrieben haben. In den USA drängte die Regierung Biden unterdessen auf strengere Vorschriften. Sie fordert Energieunternehmen dazu auf, mehr zu tun. Methanlecks sollen endlich der Vergangenheit angehören. 

©2022 Bloomberg L.P.

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