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Western von gestern Der Untergang von Borgward

In den 1950er-Jahren gehörte Borgward zu den großen deutschen Automarken
In den 1950er-Jahren gehörte Borgward zu den großen deutschen Automarken
© Michi-Nordlicht / Pixabay
Carl F. W. Borgward baute in Bremen ein innovatives Autoimperium auf. Doch der kreative Ingenieur verzettelt sich und die Marke Borgward verschwindet. Doch war das Unternehmen wirklich pleite?

Der Held: ein genialer Autobauer. Die Opfer: eine ganze Stadt und ihr Senat, 20.000 Arbeiter und die schönste Isabella der Welt. Der Schurke: ein dubioser Doktor, der im Geheimauftrag des Feindes das Werk des Helden totkuriert und plündert.

So einfach ist diese Geschichte in Wahrheit natürlich nicht gewesen. Aber weil sie ein bisschen so erzählt werden kann, bleibt der Untergang der Borgward-Gruppe eine der großen deutschen Wirtschaftslegenden.

„Du warst zu gut für diese Welt“ stand auf dem letzten Wagen, der 1961 das Band verließ. Der Borgward-Mythos blieb so stark, dass die Marke sogar unter chinesischer Führung wiederbelebt wurde.

Borgward produziert Verkaufsschlager

Der Ingenieur Carl F. W. Borgward hatte in Bremen ein innovatives Autoimperium mit den Marken Borgward, Lloyd und Goliath aufgebaut: Seine Modelle Hansa 1500, später Isabella sind die Mittelklasse-Hits der Fünfziger und machen Borgward zur großen Nummer im deutschen Markt. Sogar der Export in die USA brummt.

Doch die Kapitaldecke bleibt dünn, und der kreative Chef verzettelt sich. Als sich Rückschläge häufen, fehlt im Januar 1961 plötzlich das Geld. Von drohender Pleite ist die Rede – und die Politik greift ein.

Bremens Senat gibt eine Finanzspritze, zwingt dafür aber Borgward, sein Unternehmen komplett dem Stadtstaat zu überschreiben. Als Sanierer wird Dr. Johannes Semler geholt, ein Wirtschaftsprüfer, der direkt von einem anderen todkranken Auto-Patienten kommt: BMW. Dort ist 1960 Herbert Quandt als Investor eingestiegen, Semler wurde danach Chef des BMW-Aufsichtsrats.

War Borgward gar nicht pleite?

Doch der Sanierer scheitert schon nach wenigen Monaten. Borgward steckt in einem Abwärtsstrudel, und dem kleinen Land wird das Risiko als Eigentümer zu groß: Es meldet die Insolvenz des Unternehmens an.

„Dr. Semmler (sic!) erwies sich als Niete“, ätzt Bremens SPD-Bürgermeister Wilhelm Kaisen später in seinen Memoiren. Die mehrjährige Abwicklung des Unternehmens endet allerdings mit einer Überraschung: Alle Gläubiger können voll ausbezahlt werden. War Borgward also nicht wirklich pleite? Die Frage ist der Stoff von Doktorarbeiten und zahllosen Spekulationen.

Anfang März 2015 verkündete der Enkel des Gründers, Christian, auf dem Genfer Autosalon die Auferstehung. Hinter dem verwegenen Plan steckt ein chinesischer Autobauer. Das erste Modell, ein SUV, wurde auf der IAA präsentiert. Mittlerweile gibt es mehrere Modelle

Hauptperson

Carl Friedrich Wilhelm Borgward , 1890 geboren als eines von 13 Kindern eines Kohlehändlers, hatte in den 20er-Jahren mit seinen Blitzkarren- und Goliath-Dreiradwagen großen Erfolg. Nach dem Krieg machten seine Neukonstruktionen Furore – vom Kleinstwagen bis zur Limousine. Darunter der Mittelklassewagen Isabella, der gut 200.000 Mal verkauft wurde. Der Verlust des Lebenswerks traf den Bundesverdienstkreuzträger schwer, er starb 1963 als gebrochener Mann.

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