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Interview „Auf Augenhöhe mit McKinsey, BCG und Bain“

Bianka Knoblach, Geschäftsführende Direktorin der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Management und Beratung (WGMB), und Dietmar Fink, Professor für Unternehmensberatung in Bonn und Wissenschaftlicher Direktor der WGMB
Bianka Knoblach, Geschäftsführende Direktorin der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Management und Beratung (WGMB), und Dietmar Fink, Professor für Unternehmensberatung in Bonn und Wissenschaftlicher Direktor der WGMB
© WGMB
Hidden-Champions in der Beratung: Bianka Knoblach und Dietmar Fink von der WGMB zu den aktuellen Herausforderungen kleiner und großer Beratungsfirmen

Das sind die Hidden Champions 2021:

In einer neuen Studie hat die Wissenschaftliche Gesellschaft für Management und Beratung (WGMB) den Beratungsmarkt untersucht. Ein Gespräch dazu mit Bianka Knoblach, geschäftsführende Direktorin der WGMB, und Dietmar Fink, Professor für Unternehmensberatung in Bonn und Wissenschaftlicher Direktor der WGMB.

Die kleinen Beratungsfirmen sind nach ihrer Studie oft besser, und meist billiger und praxisorientierter als die Großen – kann man sagen, dass sie so eine Art Anti-McKinseys sind?

Bianka Knoblach: Ich würde nicht von Anti-McKinseys sprechen. Die Hidden Champions sind kein Gegenentwurf, sondern eine ernstzunehmende Alternative zu den großen Beratern. In ihrem Fachgebiet konkurrieren sie auf Augenhöhe mit McKinsey, BCG und Bain. Anti-McKinsey lässt schnell den Eindruck entstehen, man müsste McKinsey etwas diametral entgegensetzen. Das ist aber gar nicht der Fall. Fachlich sind McKinsey, BCG und Bain in ganz vielen Bereichen Benchmark. Da sind sie so gut, dass kaum ein kleinerer Berater mithalten kann. Die Firmen allerdings, die wir als Hidden Champions auszeichnen, die können mithalten. Und nicht nur das. In den Augen ihrer Kunden sind sie auf ihrem Gebiet fachlich sogar besser aufgestellt als die großen Drei.

Dietmar Fink: McKinsey ist ja auch ein Phänomen. Keine andere Beratung wird so sehr gehasst, keine andere Beratung wird in den Medien so hart angegangen – und keine andere Beratung ist so erfolgreich. Rund eine Milliarde Euro setzt McKinsey in Deutschland um. Dass dabei nicht immer alles so läuft, wie man es sich wünschen würde, ist gar keine Frage. Fehler passieren – auch bei McKinsey. Es ist aber natürlich vollkommener Blödsinn, davon auszugehen, McKinsey würde fachlich nichts zu Wege bringen und seine Kunden auf irgendwelchen anderen Wegen dazu nötigen, ihnen horrende Tagessätze zu bezahlen. Natürlich wird auch in der Beratungsbranche mit harten Bandagen um Aufträge gekämpft. Langfristig überlebt aber nur der, der seinen Kunden einen handfesten Mehrwert liefert. Und McKinsey ist da fraglos ein gutes Rollenmodell. Um ein Hidden Champion zu werden heißt das, dass man sich nicht als Anti-McKinsey, sondern als Beratung profilieren muss, die das, was sie kann, besser kann als McKinsey, BCG und Bain. Fachlich oder menschlich. Beides hat dabei seine Berechtigung.

Die klassischen Berater haben in der Digitalisierung ein wenig ihren Nimbus verloren, gleichzeitig holen sich die Unternehmen für Transformation und Wandel mehr denn je Hilfe von außen. Ist das die Stunde eines anderen Beratertypus, der von den Hidden Champions repräsentiert wird?

Bianka Knoblach: In den letzten Jahren hat sich da viel getan. Alle Berater begleiten ihre Kunden heute auch bei der Umsetzung erfolgskritischer Maßnahmen. Die Zeiten, in denen ein Projekt mit ein paar PowerPoint-Folien geendet hat, sind weitgehend vorbei. Das hat dazu geführt, dass sich nicht zuletzt auch die großen Berater ganz neue Kompetenzen aneignen mussten. Und zwar auf zwei Gebieten: technologisch und psychologisch. Strategische Projekte ohne technologische Komponente existieren heute kaum noch. Die traditionelle Trennung zwischen IT-Beratung auf der einen Seite und Strategieberatung auf der anderen weicht immer mehr auf. Ohne ein tiefes Technologieverständnis lassen sich kaum noch erfolgreiche Geschäftsmodelle und schon gar nicht überlegene operative Strukturen und Prozesse entwickeln. Und wenn das Ganze im Tagesgeschäft zum Laufen gebracht werden soll, dann müssen Berater nicht nur im Umgang mit Technologien, sondern auch und vor allem im Umgang mit Menschen geübt sein. Wie bringen Sie die Mitarbeiter eines Unternehmens dazu, die Dinge, die sie tun, in Zukunft anders zu handhaben als bisher? Das ist keine triviale Aufgabe. Das erfordert eine gehörige Portion Fingerspitzengefühl. Die Beratung QVARTZ etwa hat diese Balance zwischen ökonomischen Ergebnissen und menschlichen Beziehungen zum Ankerpunkt ihrer Philosophie gemacht.

Dietmar Fink: Die Umsetzungsbegleitung und das Change Management sind natürlich häufig sehr zeit- und ressourcenintensive Aufgaben. Da sind oft viele Berater für eine lange Projektdauer involviert. Manches Unternehmen schreckt davor zurück, für diese Tätigkeiten Firmen wie McKinsey, BCG oder Bain zu engagieren. Sei es, weil sie bei ihnen nicht die erforderlichen Kompetenzen vermuten, oder weil ihnen die Tagessätze dieser Firmen für die operative Umsetzung zu hoch erscheinen. Nichtsdestotrotz haben natürlich auch McKinsey, BCG und Bain ein nachvollziehbares Interesse daran, dass die von ihnen empfohlenen Strategien und Maßnahmen möglichst gut umgesetzt werden – auch dann, wenn sie selbst nicht mit der Umsetzung betraut werden. Insofern profitieren alle Beteiligten, wenn die Umsetzung in solchen Fällen in kompetente Hände übergeben wird. An dieser Stelle kommen Firmen wie CPC ins Spiel, die sehr genau verstehen, wie sie die Maßnahmen vorgelagerter Strategieprojekte in der Praxis mit Leben füllen.

Das Geschäft boomt, fachlich versierte Leute finden auch die Beratungen nur noch sehr schwer, sinkt damit die Qualität in den Augen der Kunden? Und wenn ja, trifft das bei Kleinen und Großen gleichermaßen zu?

Bianka Knoblach: Es ist gar keine Frage, viele Beratungsunternehmen agieren heute am absoluten Limit ihrer Kapazitäten. Dass da auch mal etwas schiefläuft, das ist gar keine Frage. Das trifft kleine wie große Berater. Wenn wir mit deren Kunden sprechen, dann merken die natürlich auch, dass da zum Teil hart an der Belastungsgrenze gearbeitet wird. Ein systematisches Qualitätsrisiko sehe ich in dieser Hinsicht aber nicht. Sowohl die großen Berater als auch die Hidden Champions haben das aus unserer Sicht ganz gut im Griff. Problematischer ist, dass es für Beratungskunden immer schwieriger wird, den Berater zu bekommen, der für ihre Aufgabenstellung eigentlich der Beste wäre. Ich weiß nicht, ob das repräsentativ ist, aber vor allem Bain scheint meinem Eindruck nach sehr häufig Projekte abzulehnen oder sich zumindest nur mit halber Kraft um den Auftrag zu bemühen. Für Beratungskunden bedeutet das oft, sie müssen sich mit dem zweitbesten Berater begnügen. Oder mit dem dritt- oder viertbesten. Irgendwann leidet da natürlich auch mal die Qualität.

Dietmar Fink: Umso wichtiger ist es uns, mit den Hidden Champions mehr Transparenz in den Markt zu bringen – so, dass die besten Alternativen zu den arrivierten Akteuren in den Fokus rücken.

Die Schwäche der Kleinen liegt in der Regel beim internationalen Einsatz, weswegen sie bei globalen Konzernen oft erst gar nicht zum Einsatz kommen. Wie können sie dieses Problem mindern?

Dietmar Fink: Das ist ganz häufig der Lackmustest für Hidden Champions, die in ihrem Heimatmarkt alles erreicht haben, was es zu erreichen gibt. Dann kommt der Schritt in die internationalen Märkte – und der ist häufig richtungsweisend für den langfristigen Erfolg. Es gab schon einige nationale Größen, die daran gescheitert sind.

Bianka Knoblach: Das Problem ist, dass einer Beratung im Grunde nur zwei Wege offenstehen, um ihr Geschäft zu internationalisieren. Entweder, sie schickt einen im Heimatmarkt erfolgreichen Partner ins Ausland, um dort den Geschäftsaufbau zu organisieren. Das ist deshalb problematisch, weil auch ein erfolgreicher Partner in den ersten Jahren im Ausland üblicherweise nicht so viel Geschäft aufbauen kann, wie im Heimatmarkt durch seinen Weggang kompensiert werden muss. Oder, das ist der zweite Weg, die Beratung entscheidet sich dazu, im Ausland mit einer dort ansässigen Beratung zu kooperieren. Ob diese allerdings wirklich den eigenen Qualitätsanforderungen entspricht, das merkt man im Zweifel erst, wenn es schon zu spät ist. Ohne Namen zu nennen, ist das auch bei dem einen oder anderen unserer Hidden Champions ein Problem, das wir im Rahmen unserer Evaluation zurückgespielt bekommen haben.

In den letzten Jahren haben die Großen immer wieder versucht, gute Kleine vom Markt wegzukaufen. Warum macht das überhaupt Sinn, der Käufer einer Beratungsfirma kann sich doch niemals sicher sein, die Kompetenzen des Personals nach einer Übernahme zu halten?

Dietmar Fink: Es klingt abgedroschen, aber Beratung ist und bleibt ein People Business. Das intellektuelle Kapital einer Beratung manisfestiert sich in den Köpfen ihrer Berater, ihre Akquisitionsstärke in den persönlichen Netzwerken, die die Berater über Jahre hinweg aufbauen. Wenn Sie eine Beratung kaufen, stehen Sie immer vor dem Problem: Ihr wichtigster Vermögenswert hat Füße. Wenn ihm die neuen Gegebenheiten nach einer Übernahme durch ein anderes Beratungsunternehmen nicht gefallen, dann zieht er weiter. Bei vielen Transaktionen, die wir in den letzten Jahren begleitet haben, war das der Fall. In den Medien wird in diesem Zusammenhang immer wieder die Übernahme der traditionsreichen Managementberatung Booz durch die Wirtschaftsprüfung PwC angeführt. Glaubt man den Gerüchten am Markt, dann ist heute kaum noch ein ehemaliger Booz-Berater in den Reihen von PwC anzutreffen. Das ist natürlich Quatsch. Fakt ist aber, dass sich zahlreiche ehemalige Booz-Berater seit der Übernahme durch PwC neu orientiert haben und zu Wettbewerbern gewechselt sind. Tatsächlich hätte ich PwC im Vorfeld aus diesem Grund sogar von einer Übernahme abgeraten. Rückblickend muss ich allerdings zugestehen, dass die Übernahme – anders, als viele Wettbewerber die Geschichte erzählen – fraglos ein Erfolg war. Denn auch wenn viele Booz-Berater PwC mittlerweile verlassen haben, wäre PwC aus eigener Kraft in derselben Zeit kaum in der Lage gewesen, ein ähnlich signifikantes Managementberatungsgeschäft aufzubauen.

Die umfassende Studie zu den Hidden Champions in der Beratungsbranche finden Sie in der neuen Printausgabe 01/2020 von Capital - ab sofort am Kiosk.

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