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Kolumne Apfel statt Zuckerbrause

Apple hat Coca-Cola als wertvollste Marke der Welt abgelöst. Das zeigt nicht nur den Wandel der amerikanischen Wirtschaft, sondern der Markenführung allgemein. Von Martin Kaelble

Martin Kaelble schreibt an dieser Stelle montags über Makro- und Techtrends aus der Weltwirtschaft.

Wie oft wurde die amerikanische Wirtschaft in den vergangenen Jahren für tot erklärt. Doch nach wie vor kommen die bekanntesten Marken der Welt aus den USA. Denn eines beherrschen sie eben besser als der Rest der Welt: Marketing. Als bestes Beispiel dafür galt stets Coca-Cola – eine Ikone der Markenführung, quasi das Symbol für Amerika schlechthin. Nun wurde das Erfrischungsgetränk als wertvollste Marke der Welt erstmals abgelöst. Im viel beachteten Markenranking von Interbrand ist Apple nun die Nummer 1. Eine symbolische Zäsur. Die Wachablösung beschreibt die Selbsterneuerung der amerikanischen Wirtschaft. Und die ungebrochene Kunst Amerikas, nicht nur Produkte, sondern ein Lebensgefühl zu verkaufen.

Vier der ersten fünf sind IT-Unternehmen. Aus Amerika sind sie alle. Wie beim Marketing so ist auch in der Digitalwirtschaft die USA der unangefochtene Weltmeister. Apple ist dabei unter den ersten fünf diejenige Marke, die es am besten geschafft hat, eine besondere Aura um sein Produkt aufzubauen.

Als im Jahr 2000 das Ranking ins Leben gerufen wurde, lag Apple noch auf Platz 36. Ein rasanter Aufstieg also.

Leuchtreklamen vs. Coolness

Dabei sind die Markenstrategien von Coca-Cola und Apple sehr unterschiedlich. Die langjährigen Platzherren des Brandbuildings setzen auf massive Marktdurchdringung. Marken wie Coca-Cola oder McDonalds sind groß, weil man sie einfach überall auf der Welt findet, selbst im entlegensten Winkel in Kasachstan oder der Mongolei. Nach einem Apple-Store wird man dort hingegen vergeblich suchen. Ebenso wie nach Leuchtschrift-Reklamen mit einem Apfel drauf.

Apple fuhr schon immer eine andere Strategie. Das iphone ist mittlerweile ein Massenprodukt. Und doch wurde Apple aus der Nische groß. Und hat sich immer ein wenig Nische bewahrt, als Produkt für die etwas Cooleren. Bei Smartphones oder Laptops ist Apple noch nicht einmal Marktführer. Ganz im Gegensatz zu Coca Cola. Umso beachtlicher der Aufstieg der Marke Apple.

Nur in einem sind sich beide ähnlich: In der uramerikanischen Kunst, ein Produkt derart zu überhöhen, dass jeder schwäbische Maschinenbauer Pickel bekommt.

Google pirscht sich heran

Ob Apple allerdings auf Dauer ganz oben bleibt, ist eine andere Frage. Denn im Schatten der Kalifornier haben sich zwei andere Marken ebenfalls rasant nach oben geschoben: Google und Facebook. Die waren beim ersten Interbrand-Ranking vor 13 Jahren noch gar nicht vertreten, Facebook noch nicht einmal gegründet. Google ist nun auf Platz 2, hat Coca-Cola ebenfalls hinter sich gelassen. Facebook bewegt sich zwar noch im Mittelfeld der Top100, hat aber in diesem Jahr den größten Sprung von allen Marken gemacht.

Google und Facebook haben mehr Ähnlichkeiten mit dem jahrelangen Platzhirsch Coke als Apple. Wie Coca-Cola sind sie als Produkt weltweit quasi omnipräsent verfügbar (von China einmal abgesehen). Sie setzen auf Masse. Im Gegensatz zu Coca-Cola müssen sie aber als „Digital Natives“ viel weniger klassisches Marketing betreiben. Google-Plakate kann man weltweit vergeblich suchen, es braucht sie auch gar nicht. An Google kommt ein Internetnutzer einfach kaum vorbei. Ein völlig neues Phänomen für die Markenführung. Wenn der Tag kommt, an dem auch Google und Facebook darüber hinaus massive Image-Kampagnen und klassisches Marketing betreiben, dürfte spätestens dann auch der neue Markenkönig Apple seinen Thron schnell wieder räumen. Amerikanisch werden die wertvollsten Marken dann allerdings immer noch sein.

Zu den letzten Kolumnen von Martin Kaelble: Keine Zeit zum Ausruhen, Kanzlerin, Demografie ist Indiens Trumpf, Die Rückkehr der Konglomerate und Macht euch unverwechselbar!

E-Mail: Kaelble.Martin@capital.de

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Fotos: © Trevor Good; Getty Images

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