Das Stuttgarter Unternehmen Lapp ist Weltmarktführer für Verbindungslösungen und Spezialkabel. Oskar und Ursula Ida Lapp haben es 1959 gegründet, seit zwei Jahren steht ihr Enkel Matthias Lapp an der Spitze. Weltweit arbeiten 5800 Menschen für den Mittelständler. Zuletzt lag der Umsatz bei 1,8 Mrd. Euro. Das war etwas weniger als im Vorjahr.
CAPITAL: Herr Lapp, seit zwei Jahren stehen Sie als CEO an der Spitze der Lapp-Gruppe. Wie geht es Ihnen damit?
MATTHIAS LAPP: Es ist gerade sehr viel los. Da sind die schwierige wirtschaftliche Situation in Deutschland und der designierte Präsident Trump in den USA, wo man noch nicht weiß, worauf das alles hinauslaufen wird. Privat schwingt auch einiges mit. Mein Vater ist letztes Jahr gestorben und es gibt noch einiges wegen der Erbschaft zu tun. Und ich habe zwei kleine Kinder, die drei Jahre und ein Dreivierteljahr als sind. Das ist übrigens mein Hinweis an alle: Werdet nicht CEO eines Unternehmens und bekommt gleichzeitig Kinder! Dann kann man tags nicht schlafen und nachts auch nicht. Gleichzeitig sind die Kinder aber auch ein guter Ausgleich zum unternehmerischen Alltag.
Ihre Großeltern haben das Unternehmen in den 1950er-Jahren am Küchentisch gestartet, als U. I. Lapp KG trägt es die Initialen Ihrer Großmutter Ursula Ida Lapp im Namen. Was war ihre Rolle?
Meine Oma hat das Unternehmen gegründet. Heute wäre das unvorstellbar, aber damals gelang ihr das erst im dritten Anlauf. Beim ersten Mal haben die Beamten gelacht und sie weggeschickt. Beim zweiten Mal auch. Erst beim dritten Mal haben sie verstanden: Sie meint das ernst, sie will wirklich als Frau ein Unternehmen gründen. Die Beamte versuchten dann noch, sie abzuhalten und meinten, sie solle sich das doch noch mal überlegen. Mit einem Unternehmen komme ja viel Verantwortung, sie müsse ja auch Umsätze machen und Mitarbeiter bezahlen können. Mein Opa, der Erfinder im Haus, war ihr erster Angestellter.
Was ist bis heute der Kern von Lapp?
Dass wir ein Familienunternehmen sind und bleiben. Das bringt alle Vorteile, aber auch die Nachteile mit sich – dass wir zum Beispiel nicht unendlich investieren können, sondern nur gewisse Ressourcen zur Verfügung haben. Auf der anderen sind wir nicht gebunden an monatliche oder quartalsweise Reportings, sodass wir langfristig investieren können. Das ist einer unserer großen Hebel. Wir halten auch in diesem und nächstem Jahr an unseren strategischen Investitionen fest. Das würden wir sonst, wenn man sich die Zahlen genau anschaut und die wirtschaftliche Situation bedenkt, vielleicht zurückstellen
Vor einigen Wochen haben Sie in Ludwigsburg bei Stuttgart den Grundstein für die Erweiterung Ihres Logistikzentrums gelegt. Sie investieren dort eine hohe zweistellige Millionensumme. War das eine rationale Entscheidung – oder eine emotionale als Familienunternehmer für den Standort Deutschland?
Für uns war das eher wenig Emotion. Natürlich bekennen wir uns als Stuttgarter Unternehmen zum Hauptstandort. Gleichzeitig sind wir in der EU ohne Zölle in Deutschland natürlich auch geografisch in einer Superlage. Wenn das Logistikzentrum fertig ist, werden 50 Prozent unserer weltweiten Kunden Lieferungen aus Ludwigsburg bekommen.
Wie schauen Sie auf die wirtschaftliche und politische Situation in Deutschland und der Welt?
Ich komme gerade aus Asien, das Mindset dort ist ein ganz anderes. Das fehlt mir in Deutschland in unserer Generation: Dieser Wille, etwas zu erreichen und ein besseres Leben zu führen. Der Leistungswille, den wir mal hatten, hat uns dorthin gebracht, wo wir heute sind und uns Erfolg und Wohlstand beschert. Heute geht es uns so gut. Wie einer dicken, zufriedenen Katze, die vor dem Kamin liegt, gefüttert wird und sich nicht bewegen muss. So fühle ich uns als Deutschland und teilweise auch als EU. Ich glaube, es wird Zeit, dass wir wieder aktiv werden.
Was und wen meinen Sie damit konkret?
Da sollte jeder bei sich selbst anfangen und sich fragen: Was kann ich tun? Macht es Sinn, die Drei-Tage-Woche zu fordern? Jetzt mal übertrieben gesprochen. Können wir nachhaltig unseren Wohlstand stärken, wenn wir nicht mehr genug arbeiten, um genug zu erwirtschaften und auch genug Steuern zu zahlen? Aber natürlich sind auch die Unternehmen gefragt. Dass sie eben nicht alles verlagern und sagen, wir gehen ins Ausland.