Im Zuge der anhaltenden Wirtschaftsflaute steigt die Zahl der Unternehmenspleiten in Deutschland. Für das erste Halbjahr meldeten die Amtsgerichte nach endgültigen Ergebnissen insgesamt 12.009 beantragte Insolvenzen und damit 12,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag weiter mitteilte, werden die Forderungen der Gläubiger aus den im 1. Halbjahr gemeldeten Firmenpleiten auf rund 28,2 Milliarden Euro beziffert. „Die Krise dauert an und kostet uns tagtäglich Arbeitsplätze, Wertschöpfung und unternehmerisches Potenzial“, sagte DIHK-Chefanalyst Volker Treier zu den Destatis-Zahlen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) erwartet über 22.000 Unternehmensinsolvenzen in diesem Jahr und damit mehr als 2024.
Die Liquidität vieler Betriebe sei nach über zwei Jahren Dauerrezession angeschlagen. „In der Folge steigen die Unternehmensinsolvenzen an“, sagte Treier. Sie habe im Juni den höchsten Wert für diesen Sommermonat binnen zehn Jahren erreicht, erklärte Treier. Laut Destatis gab es im Juni insgesamt 1957 beantragte Unternehmensinsolvenzen. Das waren 18,4 Prozent mehr als im Vorjahresmonat.
Etablierte Unternehmen von Insolvenz betroffen
Und im August ist die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen hierzulande nach vorläufigen Angaben um 11,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) verweist darauf, dass in der Vergangenheit häufig junge Unternehmen als erste von Insolvenzen betroffen waren.
Nun stünden zunehmend etablierte Unternehmen vor der Aufgabe, ihre Geschäftsmodelle an ein sich veränderndes Umfeld anzupassen. „Wer sein Geschäftsmodell nicht frühzeitig anpasst und auch bereit ist neue Wege zu gehen, sieht sich schneller als zuvor mit der Insolvenz konfrontiert. Tradition und Bekanntheit der Marke sind kein Garant mehr für wirtschaftliche Stabilität“, sagte VID-Chef Christoph Niering.
Von den Insolvenzverfahren sind laut Destatis rund 30 Prozent Regelinsolvenzverfahren, zu denen in erster Linie alle Verfahren von Unternehmen zählen. Außerdem wird das Regelinsolvenzverfahren bei Personen angewandt, die wirtschaftlich tätig sind. Bei den Ergebnissen ist laut Destatis zu berücksichtigen, dass die Anträge erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik einfließen. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liegt in vielen Fällen annähernd drei Monate davor.
Die Fachleute des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) erheben Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen in der Regel zwei bis drei Monate vorauslaufen. Diese deuten auf einen leichten Anstieg im September und hohe Werte im Oktober hin. „Die Höhe der Frühindikatoren lässt für den Herbst zwar viele Insolvenzen erwarten, deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt dürften jedoch moderat bleiben“, sagte Steffen Müller, Leiter der IWH-Insolvenzforschung.