Capital: Frau Grupp, Herr Grupp, Trigema engagiert sich in der Initiative „Made in Germany. Made by Vielfalt“, in der sich Unternehmen zusammengeschlossen haben. Der AfD-Landeschef Björn Höcke hat diese Unternehmen scharf angegriffen mit den Worten sie „sollten einfach mal die Klappe halten, wenn es um Politik geht“ und wünschte ihnen „schwere wirtschaftliche Turbulenzen“. Was ging in Ihnen vor, als Sie davon hörten?
BONITA GRUPP: Ich konnte es erst gar nicht glauben, dass er das überhaupt gesagt hat. Denn auch in Thüringen gibt es viele Familienunternehmen, die Arbeitsplätze schaffen und die Wirtschaft voranbringen im Land. Er muss wissen, dass Thüringen von der Wirtschaft abhängig ist. Einen Teil so konkret auszugrenzen, finde ich sehr schwierig.
Welche Reaktionen haben Sie auf Ihr Engagement bekommen?
WOLFGANG GRUPP JUNIOR: Gerade auf Social Media haben wir sehr viele positive Zuschriften bekommen. Es gab aber auch E-Mails, die wirklich kritisch waren, in denen es hieß, wir hätten Blut an den Händen oder wir wären schuld an Solingen*. Wir stehen voll hinter der Kampagne, weil es uns wichtig ist, die Vielfalt zu unterstützen. In der Produktion leben wir davon. Wir haben über 30 Nationen bei uns beschäftigt und arbeiten mit allen sehr gut zusammen. Wir sagen aber auch: Die Politik muss daran arbeiten, die, die kriminell sind, schneller abzuschieben – nicht erst nach einer Tat wie Solingen. Gleichzeitig brauchen wir gute Immigration. Dann können wir weiterhin Arbeitsplätze erhalten und hier produzieren.
Frau Grupp, Sie sitzen seit Neuestem für die CDU im Kreistag des Zollernalbkreises. Wieso engagieren Sie sich politisch?
BONITA GRUPP: Wir sind mit zwei Werken im Zollernalbkreis tätig und haben dort über die Hälfte unserer Mitarbeiter. Wir können uns als Wirtschaft nicht immer beschweren, wenn wir uns nicht engagieren und versuchen, wirtschaftliche Themen mit in die regionale Politik einfließen zu lassen. Mein Vater war nicht immer so dafür, dass ich diesen Weg zusätzlich einschlage. Aber ich habe sehr große Unterstützung von meinem Bruder gehabt, der auch politisch interessiert ist. So konnten wir uns gut ergänzen.
Seit Anfang des Jahres führen Sie Trigema gemeinsam. Wolfgang Grupp Junior als geschäftsführender Gesellschafter, Bonita Grupp als Geschäftsführerin. Ihr Vater hat immer wieder den Satz gesagt: „Die Kinder sollen sich ein Leben lang lieben und nicht ein Leben lang streiten.“ Funktioniert das in diesem Konstrukt?
WOLFGANG GRUPP JUNIOR: Ja. Es hat für uns Sinn gemacht, dass wir beide Geschäftsführer sind. Diese Konstellation funktioniert. Meine Mutter ist Mit-Gesellschafterin. Wir sind ganz offen und sagen: Das war auch aus steuerlichen Gründen die sinnvolle Version. Wir hatten einen Riesenluxus bei dem Thema Übergabe, weil mein Vater als alleiniger Geschäftsführer und Inhaber entscheiden konnte. Wir mussten uns nicht mit verschiedensten Familienstämmen auseinandersetzen. Meine Schwester und ich verstehen uns sehr gut. Wir müssen aber auch schauen, dass es in der nächsten Generation funktioniert. Dann ist es wahrscheinlich wieder besser, dass es in eine Hand übergeht.
Ihr Vater ist einer der bekanntesten Unternehmer des Landes und als Person selbst eine Art Marke. Wie tritt man in die Fußstapfen von so jemandem?
WOLFGANG GRUPP JUNIOR: Wir können uns nicht messen mit meinem Vater, das wollen wir auch gar nicht. Wir müssen jetzt zeigen, dass wir das Unternehmen in die nächste Generation führen können. Die Übergabe war nur ein kleiner Schritt. Aktuell sind wir ins gemachte Nest gesetzt worden und dürfen es mal versuchen. Aber ob wir es können, wird sich erst noch zeigen.
Was werden Sie anders machen als Ihr Vater?
BONITA GRUPP: Jede Generation macht etwas anders. Auch mein Vater macht es anders als mein Großvater. Wir haben den Bereich Social Media weiter vorangetrieben. KI und Digitalisierung sind Themen, die mein Vater auch früh an uns abgegeben hat. Es komplett anders zu machen, fände ich für uns falsch, weil wir ja die letzten zehn Jahre schon mitgewirkt haben. Wenn wir jetzt auf einmal sagen würden, ab heute läuft alles anders, dann hätten wir ja die Weichen nicht richtig gestellt. Ich glaube, es ist auch immer besser, die langsame Transformation im Unternehmen zu haben, als von heute auf morgen alles umzustellen.
Und wie geht es für den Affen weiter?
BONITA GRUPP: Mein Vater hat in dem Spot, der seit letztem Herbst läuft, ja schon angekündigt, dass wir uns eine neue Rolle für unseren Charly überlegt haben. Anfang der 90er-Jahre war das noch ein echter Affe, 2018 haben wir ihm zum ersten Mal digitalisiert. In Zukunft ist der Affe nicht mehr nur Tagesschausprecher, sondern ein richtiger Influencer.
*Gemeint ist der mutmaßliche islamistische Messeranschlag vom 23. August, bei dem drei Menschen getötet und acht weitere teils schwer verletzt wurden