Den Brückentag vor dem 3. Oktober dürfte manch einer im Homeoffice verbringen. Bei Trigema-Chef Wolfgang Grupp käme das nicht in die Tüte. Der zum Jahresende scheidende Firmen-Patriarch hat in einem Interview zum Rundumschlag gegen flexibles Arbeiten und andere Erscheinungen der modernen Arbeitswelt ausgeholt.
Im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“ erklärte der 81-jährige Unternehmer, dessen Textilfirma Trigema rund 1200 Mitarbeiter beschäftigt: „Homeoffice gibt's bei mir nicht. Wenn einer zu Hause arbeiten kann, ist er unwichtig.“ Ein Dorn im Auge seien ihm vor allem die heutigen Ansprüche von Akademikern. „Je mehr die Leute studiert haben, desto mehr Homeoffice wollen sie – aber bei mir könnten sie sich dann auch gleich arbeitslos melden, weil sowieso keiner merkt, ob sie arbeiten oder nicht“, sagt Grupp.
Daher sind auch Grupps Führungskräfte in der Zentrale in der Hinsicht nicht besser gestellt als die Näherinnen und Näher, die die Trigema-Textilien produzieren. „Ich bin jeden Tag in der Firma, und ich brauche meine leitenden Leute vor Ort, und zwar jeden Tag. Das beschleunigt Entscheidungen“, sagt Grupp. Auch für die 38 Mitarbeiter in der Verwaltung komme Homeoffice daher nicht infrage.
Grupp hält nichts von Vier-Tage-Woche
Arbeiten in Präsenz ist für Grupp immer noch das höchste Gut, weshalb man über Dinge wie die Vier-Tage-Woche mit ihm gar nicht erst diskutieren müsse. „Wenn ich zu allem Ja sage, egal ob zur Vier-Tage-Woche oder zur Work-Life-Balance, darf ich mich nicht wundern, wenn immer mehr gefordert wird“, so Grupp, der auch schon mit öffentlichen Aussagen zu einem sehr traditionellen Rollenverständnis von Männern und Frauen aufgefallen ist.
Dass die Arbeitsorganisation von Trigema ist, wie sie ist, dürfte auch mit den persönlichen Vorlieben des Unternehmers alter Schule zusammenhängen. Wenn Grupp einen Mitarbeiter sprechen will, der schon im Feierabend ist, legt er ihm eine „Rote Rücksprache-Karte“ auf den Schreibtisch. Wenn der Kollege am nächsten Morgen wieder erscheint, sieht er so, dass der Chef etwas von ihm will.
Kinder übernehmen Trigema zum Jahreswechsel
Nach 54 Jahren mit Grupp an der Spitze endet bei Trigema aber nun eine Ära, denn der Patriarch macht Platz für die nächste Generation. „Ich übergebe die Firma zum Ende des Jahres, aber ich werde trotzdem weiterhin im Betrieb sein. Aber ich habe dann nicht mehr das Sagen“, sagt Grupp im „Tagesspiegel“-Interview. Grupp will Trigema an seine Frau und die beiden Kinder übertragen. Sohn und Tochter sollen das Familienunternehmen als Doppelspitze weiterführen.
Grupp hat die Geschäftsführung von Trigema 1969 übernommen und führt die Firma seitdem als alleiniger Inhaber. Bekannt ist er für seine markigen Sprüche und als Verfechter des Wirtschaftsstandortes Deutschland, der seine Produktion – branchenunüblich – aus Prinzip nicht ins Ausland verlagert hat. Berühmt wurde auch der Trigema-Fernsehspot, in dem ein Schimpanse für die Marke wirbt.
Der Beitrag ist zuerst bei stern.de erschienen