Wenn es einen eleganten Futurismus gibt, dann dürfte diese Uhr sich mit dem Begriff schmücken. Ein Femtosekundenlaser, der schnellste industrielle Laser, malt bei der Herstellung auf das Zifferblatt der „Land-Dweller“ ein geometrisch perfektes Wabenmuster, das an „Minority Report“ oder „Matrix“ denken lässt. Ebenso zukunftsweisend: Rolex verzichtet auf flüssige Leuchtmasse und lässt für die Indexe stattdessen ein fluoriszierendes Gemisch aus Keramik, Leuchtpulver und Polymer backen.
Die fein satinierte Veredelung erdet die Uhr mit der handwerklichen Tradition einer Manufaktur. Und es ist dieser Mix aus mutiger Optik (die junge Generationen „abholen“ dürfte) und dem Spiel mit etablierten Branchencodes, der die Fachwelt bei der Genfer Premiere im April überraschte. Abgesehen von der Linie „1908“, präsentiert im Jahr 2023, war die „Land-Dweller“ zudem die erste komplett neue Kollektion seit mehr als zwei Dekaden.
Im Portfolio „der Krone“, wie Liebhaber die Marke Rolex salopp nennen, mag das Modell ein Newcomer sein, doch die Verbindung zum illustren Stammbaum ist deutlich. Sowohl das Design des Gehäuses wie auch des komplett integrierten flachen „Jubilee“-Armbandes nimmt die Formensprache und einige Details von Uhren der 70er-Jahre auf, darunter die Referenzen 1530 und 1630 sowie Ref. 5100 Beta 21 mit „Oysterquartz“-Werk. Davide Airoldi, Head of Design von Rolex, lässt sich mit dem gestalterischen Ziel zitieren, man habe eine so robuste wie elegante Alltagsuhr entwickeln wollen.
Rolex setzt auf rein mechanische Architektur
Das ist gelungen, noch dazu in einem rund 2,3 Millimeter dünneren Korpus als bei der „Datejust 41“. Neben familiären Ähnlichkeiten bekam die „Land-Dweller“ zudem reichlich optische Eigenständigkeit mit auf den Weg. Neben dem Wabenzifferblatt beispielsweise eine Rolex-typische geriffelte Lünette, die statt 72 nun 60 somit deutlich prägnantere Kerben aufweist.
Der größte Wow-Faktor ist jedoch rein mechanischer Natur und wäre seitenlange Beschreibungen sowie ein Grundstudium in Physik wert. Das Werk Kaliber 7135 erforderte eine siebenjährige Entwicklungszeit und 16 zum Patent angemeldete Innovationen. Der Grund: Statt der bewährten Schweizer Ankerhemmung sorgt jetzt die neue „Dynapulse“-Hemmung für eine gleichmäßige Speicherung und Freigabe der Energie des Federhauses und für ein verlässliches Schwingen der Unruh. Statt des Stahlankers mit zwei Rubinpaletten setzt Rolex zwei schmierungsfreie Hemmräder aus Silikon ein. Erstmals für die Marke arbeitet das Kaliber 7135 außerdem mit einer Frequenz von 5 Hertz, was 36 000 Halbschwingungen pro Stunde und einer abermals erhöhten Präzision entspricht.
Übrigens ließ sich Rolex vor zwei Jahren in den USA auch den Namen „Coast-Dweller“ schützen. Das mag pure Vorsicht sein – oder auf eine weitere neue Linie hindeuten.