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Mode Mode-Unternehmer Schraut: „Die Entscheidung für QVC ist kein Notnagel!“

Modedesigner und Unternehmer Steffen Schraut baut zukünftig auf QVC als exklusiven Handelspartner
Modedesigner und Unternehmer Steffen Schraut baut zukünftig auf QVC als exklusiven Handelspartner
© PR
Die Nachricht, dass Steffen Schraut seine Mode ab 2022 ausschließlich über den Verkaufssender QVC vertreiben wird, schlug in der Branche hohe Wellen. Im Interview erläutert der Designer die Gründe und Vision hinter dem Schritt ins TV.

Dass eine etablierte Modemarke mit der lukrativen Welt des Homeshopping liebäugelt, ist für sich genommen keine Sensation. Fast so lange wie es das Einkaufen von der Fernsehcouch gibt, nutzen Designer und Fashion-Unternehmer den TV-Auftritt als willkommenes Zusatzgeschäft. Präsentiert wurden dann meist günstigere Zweitlinien, die so nie in die Boutique kamen, zeitlich begrenzte Angebote, etwa aus Überproduktion – oder einzig für ein Bildschirm-Gastspiel entworfene Capsule Collections. Manchmal boten QVC, HSE und die vielen weiteren Sender auch die Chance des Comebacks, nachdem ein Modemacher oder Label seine Halbwertzeit im regulären Einzelhandel bereits deutlich überschritten hatte.

Umso überraschender erschien Branchenkennern daher die Meldung, dass der deutsche Designer Steffen Schraut, spezialisiert auf hochwertige Damenmode, mit der Saison Frühjahr/Sommer 2022 sämtliche Vertriebskanäle – stationär wie online – zugunsten einer exklusiven Präsenz bei QVC aufgibt. Und zwar, wie Schraut im Interview mit Capital betont, nicht aus der Not heraus oder als Folge der Pandemie, die ja der Modebranche erheblich zugesetzt hat. Die Entscheidung sei von langer Hand geplant und vorangetrieben worden. Außerdem: „Das letzte Jahr war das erfolgreichste unserer Firmengeschichte! Ich möchte mich zukünftig aber weniger auf das unternehmerische Tagesgeschäft als auf den Designprozess und den direkten Kontakt zu unseren Kundinnen konzentrieren.“

Für ihn, so Schraut, biete der Schulterschluss mit dem TV-Verkaufsgiganten zudem die Möglichkeit, leichter in andere Produktkategorien vorstoßen und dank Zuschauer-Feedback schnellere, zielsichere Entscheidungen treffen zu können. Weitere Details zu seinen Plänen, der Lernkurve für die Präsenz vor der Kamera und seinen letzten Homeshopping-Kauf verrät er im folgenden Gespräch.

Steffen Schrautwurde 1969 in Reutlingen geboren und kennt das Modebusiness seit Kindertagen. Seiner Familie gehörte der Blusenhersteller Friedrich Hämmerle, wo auch Schraut nach einer Lehre als Bankkaufmann zunächst arbeitete. Später sammelte er berufliche Erfahrungen bei Escada in München und Hirsch in Düsseldorf, war zudem als Trendscout für Peek & Cloppenburg Düsseldorf tätig. 2002 gründete er mit seinem Partner Thomas Schneider das Modelabel Steffen Schraut mit Sitz in Düsseldorf. Die auf Damenmode fokussierte Marke ist mit über 500 Points of Sale und der Präsenz in namhaften Online-Boutiquen in 70 Ländern erfolgreich. Ab 2022 wird die gesamte Kollektion ausschließlich im Shoppingsender QVC verkauft.

Steffen Schraut, was haben Sie zuletzt bei einem Homeshopping-Sender für sich gekauft?

Das war ein Staubsauger von Dyson. Der Vorgänger hatte abends den Geist aufgegeben und als ich mich durchs TV-Programm zappte, blieb ich spontan bei der Vorführung dieses Gerätes hängen. Nachdem Moderator und der Vertreter des Herstellers jede Funktion mehrfach präsentiert und erklärt hatten, was mich ebenso motiviert hat wie der bekannte Markenname, habe ich dann gleich bestellt.

Was war die längste Zeit, die Sie jemals am Stück einen Verkaufssender geguckt haben?

Vielleicht eine ganze Stunde, vor allem natürlich auch in den letzten Wochen, wo ich mir zur Vorbereitung auf meine eigenen Auftritte bei QVC etliche verschiedene Shows angeschaut habe. Recherche und Marktbeobachtung also. Übrigens nicht nur Mode-Formate, sondern auch Sendungen für Wohn-Accessoires, Kosmetik und Männerbekleidung. Alles Bereiche, in die ich mir zukünftig eine Expansion unseres Kollektionsportfolios vorstellen kann.

Die aktuelle, noch im Einzelhandel erhältliche Sommer-Kollektion 2021 von Steffen Schraut
Die aktuelle, noch im Einzelhandel erhältliche Sommer-Kollektion 2021 von Steffen Schraut
© PR

Vor wenigen Wochen haben Sie entschieden, sich aus dem stationären und sonstigen Onlinehandel zurückzuziehen und Ihre Mode exklusiv bei QVC anzubieten. Warum?

Ich bin damit meinem Lieblingsmotto gefolgt: Die Zeichen der Zeit zu erkennen, ist die Tugend der Starken. Wir konnten das Jahr 2020 mit dem besten Ergebnis der Firmengeschichte abschließen, trotz geschlossenem Einzelhandel, weil wir stark vom Boom der Onlineshops unserer Partner profitieren. Egal ob Breuninger, About You, Jades, Unger oder Zalando.

Die jetzt verkündeten Weichenstellungen sind daher keine Corona-Notstrategie, sondern von langer Hand geplant. Unsere Zielgruppe ist glücklicherweise recht breit, wir kleiden Töchter und Mütter ein und bedienen Größen von 32 bis 46. Und so erfolgreich hätte es sicher weitergehen können, die Signale der Einkäufer waren klar.

Trotzdem die Absage an alle bisherigen Vertriebskanäle und alleinige Bindung an QVC.

Wir haben über die Jahre einige Erfahrung mit Partnerschaften und Lizenznehmern gemacht, egal ob Aldi für Mode, Möve für Heimtextilien oder Art Deco für Make-up. Das Ziel war immer, die Strahlkraft der Marke Steffen Schraut zu erhöhen und neue Kundenkreise zu erreichen. Die Anfrage von QVC nach einer langfristigen Zusammenarbeit passte perfekt zu dieser Mission. Ich tausche einen Teil des unternehmerischen Alltags ein gegen die größere Nähe zu den Kundinnen, mehr Zeit für die kreative Arbeit, die Option für weitere Produktkategorien und internationales Wachstum. Das war zum 20. Jubiläum des Unternehmens 2022 ein extrem reizvoller Schritt, den wir ohne Investoren und Bankverpflichtungen gehen können und wollen. Bitte nicht falsch verstehen: Ich gehe nicht in Fernseh-Rente und als Unternehmerkind und Bankkaufmann werden mich auch die Zahlen weiter interessieren.

Worin besteht aus Ihrer Sicht der besondere Reiz von QVC & Co. für den Zuschauer?

Der USP ist in meinen Augen ganz klar die Kombination von Information und Unterhaltung, die MacherInnen nennen das „the joy of shopping“. Außerdem bin ich als interessierter Kunde nicht an Öffnungszeiten gebunden, kann morgens um 10 Uhr oder nachts um 1 Uhr bestellen. Im Gegensatz zum Onlineshop vermitteln die Verkaufsshows das Gefühl einer individuellen Vorführung, geben Tipps und beantworten Fragen von Anrufern. Oft spielt auch die Gewöhnung und Bindung an bestimmte ModeratorInnen eine Rolle, da entsteht eine richtige Vertrauensbasis.

Zum 20. Firmenjubiläum wechselt Steffen Schraut den Vertriebskanal – von der Boutique ins TV.
Zum 20. Firmenjubiläum wechselt Steffen Schraut den Vertriebskanal – von der Boutique ins TV.
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Was macht diesen neuen Tele-POS für Sie als Unternehmer interessant?

Wir können die Marke noch erlebbarer machen, ohne uns verbiegen zu müssen. Denn es ändert sich weder der Stil der Marke, die wir seit 20 Jahren aufbauen, noch werde ich plötzlich wie ein Klischee durch die Kulissen stolzieren. Steffen Schraut, also der Mann und die Mode, bleiben so wie unsere vielen StammkundInnen, die wir zu QVC mitbringen, sie lieben. Auch die Qualität bleibt hoch, wobei uns der Wegfall von Zwischenhändlern zukünftig sehr interessante Preise ermöglicht. Bei gleichen Produktionspartnern und Materiallieferanten, das wird also kein billiger Abklatsch!

Was mich besonders freut: Ich werde als Designer persönlich die KundInnen vor dem Bildschirm durch die Kollektion führen können, was sich deutlich von der Beratung im Ladengeschäft unterscheidet. Ein Verkäufer kann einfach nicht alles über die Produkte wissen, weil mein Team und ich sie ja entwickelt haben.

Auf Business-Plattformen wie LinkedIn gab es dafür nicht nur Beifall. Ihr Schritt sei „ein Tritt ins Kreuz des Einzelhandels, der das Label groß gemacht hat“.

Um ehrlich zu sein, lese ich mir solche Kommentare in Netzwerken und sozialen Medien gar nicht durch, als Privatperson meide ich das möglichst alles. Nachfragen und Kritik stelle ich mich immer gern – im direkten persönlichen Austausch. Unsere bisherigen Kunden und Handelspartner haben von den Plänen natürlich nicht erst aus der Presse erfahren, wir haben das per Post und E-Mail so früh wie möglich angekündigt. Während der Verhandlungen mit QVC war allerdings Verschwiegenheit nötig, das geht vor einer Unterschrift nicht anders.

Die Reaktionen waren von Bedauern geprägt, klar, aber auch von Respekt für unseren Veränderungswillen, von Verständnis für den Wunsch, ein Stück weit dem Hamsterrad zu entfliehen, und von gedrückten Daumen für unseren Erfolg. Das sind schließlich fast alles selbst UnternehmerInnen, die für sich ebenfalls das Recht in Anspruch nehmen, ihr „Haus“ so umzubauen, wie sie es für richtig halten. Ganz gleich, ob andere das für richtig halten oder nicht.

Wie bereiten Sie sich auf ihr TV-Debüt vor und was müssen/mussten Sie dazulernen?

Das Wichtigste: Man muss die Kameras, das Team im Studio und die ganze Technik ausblenden und so direkt zum Publikum sprechen, als säße es mit im Raum. Und bloß nicht schauspielern. Zur Unterstützung ist ja immer ein Co-ModeratorIn dabei und es gibt eine klare Aufgabenteilung: Ich spreche über die Mode, das Design, die Qualität, den Look und die Möglichkeiten fürs Styling. Die ModeratorInnen übernehmen Themen wie Preise, Größen und Verfügbarkeit. Diese Bälle spielt man sich dann möglichst informativ, unterhaltsam und charmant zu. Das Feintuning beginnt erst im Herbst, ehe wir im Januar 2022 erstmals auf Sendung gehen.

Zukünftig wird der Unternehmer seine Mode, die Töchter wie Mütter begeistern soll, exklusiv bei QVC verkaufen
Zukünftig wird der Unternehmer seine Mode, die Töchter wie Mütter begeistern soll, exklusiv bei QVC verkaufen
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Der Verkaufsdruck im TV dürfte höher sein als im Einzelhandel, wo man sich als Marke wenigstens eine Saison lang beweisen darf. Hat man da als Newcomer die Sorge, bei nicht rasch genug „drehenden“ Waren im Spätprogramm zu landen?

Nein, und wenn unser Partner Zweifel gehabt hätte, wäre der Deal geplatzt. Schließlich musste die Konzernzentrale in den USA das Projekt und die Vision dahinter ebenfalls absegnen. QVC sieht in der Marke Steffen Schraut die Möglichkeit, in ein hochwertigeres Modesegment vorzustoßen und neue ZuschauerInnen zu begeistern. Die haben gemeinsam mit uns viel vor.

Dazu gab es Kameratests, Gespräche, Test-Interviews und so weiter. Mir wurde eine passende TV-Präsenz bescheinigt, ich habe also keine Hemmungen oder Blockaden, und außerdem präsentiere ich seit zwei Jahrzehnten unsere Mode vor Einzelhändlern und der Fachpresse. Ich habe also Übung und bleibe, wie ich bin: minimalistisch gekleidet in schwarzem T-Shirt, schwarzer Hose und Sneakern. Kein Hut, kein Einstecktuch, keine Perlenkette.

Was hat Sie hinter den QVC-Kulissen besonders überrascht?

Beim ersten größeren Meeting mit allen, die bei dieser spannenden Reise auf beiden Seiten involviert sind, waren sicher rund 40 Personen dabei. Mich hat die teils lange Firmenzugehörigkeit der QVC-Kollegen schwer begeistert. Viele waren seit zehn, 15 und auch mal 25 Jahren schon dabei, was für das Betriebsklima spricht und mein Vertrauen verstärkt hat. Wer arbeitet nicht gern mit Menschen zusammen, die erwiesenermaßen wissen, was sie tun und warum!

Die hohe Professionalität, die klaren Strukturen und der lückenlose Informationsaustausch haben mir besonders gefallen. Vor allem da man mir ein mitunter pedantisches Streben nach Perfektion nachsagt – und das nicht ganz zu Unrecht. Ebenfalls beeindruckend ist natürlich die technische Seite des Senders, das Kundenmanagement-System und die große Datenfülle. Da kann ich mich getrost auf den Entwurf und die Präsentation meiner Mode konzentrieren.

Über QVC und Homeshopping:QVC Deutschland ging erstmals 1996 auf Sendung und erwirtschaftete 2020 einen Umsatz von 978 Mio. Euro, gegenüber 890 Mio. Euro im Jahr 2019. Die Gesamtumsätze des Teleshoppings in Deutschland wurden 2019 vom Verband Privater Medien (VAUNET) mit 2,1 Mrd. Euro veranschlagt. Die QVC Group mit Sitz im US-Bundesstaat Pennsylvania erzielte im Jahr 2020 bei einem weltweiten Umsatz von 11,47 Mrd. Euro einen Gewinn von 910 Mio. Dollar und beschäftigt rund 22.000 Mitarbeiter. Laut einer Schätzung dürfte der globale Homeshopping-Markt bis 2026 um jährlich knapp 17 Prozent wachsen. Aktuell soll die Branche rund 3 Billionen Dollar wert sein.

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