Wenn ich es nicht besser wüsste, ich würde prompt an jener unscheinbaren Holztür vorbeilaufen, hinter der sich eines der schönsten Hotels Spaniens verbirgt. Das Can Cera befindet sich in der Carrer de Sant Francesc in der bezaubernden Altstadt von Palma, geprägt von Steinwegen und Fassaden aus der Renaissance. Früher residierten in diesem Viertel adlige Familien und wohlhabende Mallorquiner in ihren prunkvollen Palais. Eines dieser historischen Anwesen, ein wahres architektonisches Kunstwerk, ist nun ein luxuriöses Boutiquehotel und empfängt seine Gäste in 14 Zimmern und Suiten.
Die Anfänge des Gebäudes liegen weit zurück. Erstmals erwähnt wurde es im 13. Jahrhundert, vor der Eroberung von Mallorca, in deren Folge Katalanen und Aragonier die Insel besiedelten. Damals diente es als Finca, Herrenhaus und Sommerresidenz für Aristokraten und den lokalen Geldadel. Im Laufe der Zeit wurde es vielfach umgebaut und erweitert. So etwa im späten 19. Jahrhundert, als ein neuer Anbau mehr Platz für die gut betuchten Besitzer schaffte. Die bedeutendste Veränderung war bereits zuvor erfolgt: Mitte des 17. Jahrhunderts gestalteten namhafte Architekten prächtige Innenhöfe, die als bedeutsames Kulturerbe von Palma gelten.
Auch der Patio im Eingangsbereich des Hotels besitzt prächtige Arkaden und eine üppige Bepflanzung. Mir fällt zudem eine Keramikinstallation des einheimischen Künstlers Jaume Roig ins Auge, dessen ausgefallenen Arbeiten ich im Can Cera noch häufiger begegne. Zahlreiche Werke weiterer lokaler Künstler verleihen dem Haus den Charme einer Privatgalerie mit sorgfältig kuratiertem Portfolio.
Mehr als nur eine Renovierung
Das Hotel war das erste Projekt des Unternehmers Miguel Conde und seiner Frau Cristina Marti, einer renommierten Innenarchitektin. Für die zwei Gründer von It Mallorca Unique Spaces, einer Gruppe von Fünf-Sterne-Boutiquehotels, beginnt Luxus mit Respekt: gegenüber dem Ort, dessen Geschichte und seinen Menschen. 2011 ließen Conde und Marti das Can Cera zum Hotel umbauen. Mittlerweile gehören sechs Häuser auf Mallorca zu ihrer Vereinigung, die sich alle der Idee verpflichtet fühlen, Mallorcas ursprüngliche Schönheit zu bewahren und weiterhin erlebbar zu machen.
Für mich ist der Umbau solch historischer Stadtpaläste kein bloßes Renovieren, sondern vielmehr deren Wiederbelebung. Und mit großer Leidenschaft für Kunst, Design, sowie einem Gespür für Strukturen und Liebe zum Detail pflegt das Ehepaar die Seele dieser alten Gemäuer. Der Willkommensbrief, der mir beim Check-in überreicht wird, passt zu dieser Mission. Darauf steht: „A Love Letter to Mallorca. Its History, Traditions and Visionary Soul. A Journey to Its Roots.“ Und wirklich wird der Aufenthalt eine Reise zu den Ursprüngen der beliebten Insel.
Über eine antike Marmortreppe steige ich vom Innenhof zu den großzügigen Innenräumen hinauf. Das Interieur ist fantastisch: originale Holzbalkendecken, steinerne Bögen, Terrakottafliesen, bodenlange Vorhänge, Geländer im Art-déco-Stil und Kronleuchter aus Murano-Glas schaffen eine Atmosphäre, in der ich mich beseelt fühle. Das warme Licht der eleganten Lampen überall trägt zu der einladenden Stimmung bei.
Jeder Raum ist individuell gestaltet und harmonisch ins übrige Haus integriert. Meine Suite mit vier Meter hohen Decken und wundervollen Intarsien umfasst stolze 120 Quadratmeter. Neben der Größe gefällt mir ihre Ursprünglichkeit.
Der Service im Can Cera erinnert mich an einen Privatclub für Mitglieder, so herzlich und persönlich widmet man sich hier den Gästen. Am Morgen erwartet mich ein großzügiges Frühstücksbuffet mit frischen Bioprodukten, hausgemachten Spezialitäten und mallorquinischen Klassikern. Dazu gibt es eine reiche Auswahl an veganen und glutenfreien Speisen.
Exklusiver Rückzugsort
Abends speise ich im hauseigenen Restaurant La Vermutería. Das mediterran inspirierte Tapas-Menü mit Sardellen von Don Bocarte, köstlichem Käse von S’Asglà sowie feinster Charcuterie kann ich wärmstens empfehlen. Wo immer möglich stammen die Zutaten aus der Region, so genieße ich fangfrischen Fisch, selbst gemachte Pasta und duftendes Sauerteigbrot. Auch die Selektion der Weine und Champagner stimmt.
Am nächsten Tag entspanne ich mich im Spa des Can Cera, das über Sauna, Dampfbad und einen Whirlpool verfügt. Für absolute Privatsphäre erhält man erst nach Voranmeldung einen Zugang. Das passt zum Gesamteindruck, denn dieses Hotel ist wie ein exklusiver Rückzugsort, an dem sich selbst das gut frequentierte Mallorca ganz natürlich gibt: traditionsbewusst, zurückhaltend und gelassen.