Bei Mailand denkt man sofort an vollendetes Design, Trends setzende Mode, an Kunst und den aperitivo alla Milanese. Auch ich, und genau deshalb gefällt mir die Domstadt. Aber es liegt auch ein Hauch von Arroganz in der Luft, so faszinierend wie herausfordernd. Wenn sich die Schönen und Reichen treffen, dann meist in der Via Gesù. Diese kleine, feine Straße liegt mitten im luxuriösen Shoppingviertel Quadrilatero della Moda, wo sich neben diversen Boutiquen auch mein Reiseziel befindet: das „Four Seasons Milano“. Ursprünglich wurde das Gebäude als Nonnenkloster erbaut, besitzt also eine lange, faszinierende Geschichte. Wie gut passen Highend-Hotellerie und ein religiöse Baudenkmal zusammen? Genau das will ich mir ansehen.
Ein Hotel mit Vergangenheit
Beim Check-in bittet mich der Rezeptionist um Geduld, da mein Zimmer noch vorbereitet wird. Das ist ein positives Zeichen und deutet auf ein gut frequentiertes Hotel hin. Ein Getränk zur Überbrückung der Wartezeit wird mir leider vorenthalten. Eine Geste, die ich mir in dieser Preisklasse schon gewünscht hätte ...
Doch die sakrale Architektur und die elegante Einrichtung des im 15. Jahrhundert errichteten Klosters „Santa Maria del Gesù“ trösten mich rasch über den fehlenden Espresso hinweg. 1987 erwarben Four Seasons Hotels das Gebäude und eröffneten nach sechsjähriger Restaurierung das Four Seasons Milano, als damals zweites europäisches Mitglied der Gruppe.
Schon von außen imponiert das im Renaissance-Stil errichtete Gebäude, doch von innen entfaltet es seine wahre Pracht. Dreieinhalb Meter hohe, teils gewölbte Decken, herrliche Fresken, Steinsäulen und Kamine erzeugen eine unvergleichliche Atmosphäre. Einige dieser Elemente finden sich auch in den 118 Hotelzimmern wieder, darunter 51 edle Suiten. Erstaunlich, wie gut die historischen Details mit den recht minimalistischen Möbeln und frischen Farbakzenten harmonieren.
Beliebt bei Milanesen wie Touristen
Statt religiöser Bescheidenheit erwarten den Gast zwischen Blumenbouquets, Stuck und Marmor reichlich Glanz und Glamour: kostbare Uhren, teure Handtaschen, bis auf die Strähne in Szene gesetzte Frisuren. Als ich in kurzen Hosen und Poloshirt in die hoteleigene „Stilla Bar“ komme, falle ich demnach leicht aus dem Rahmen. Selbst im Hochsommer scheinen Sakko und Krawatte üblich zu sein, wenigstens aber ein Hemd.
Das Hotel solle ein Hotspot für [gut betuchte] Einheimische werden, erläutert General Managerin Andrea Obertello, die das Haus seit 2019 leitet. Denn: „Luxus-Touristen möchten nicht als Urlauber gesehen werden, sondern als Teil einer lokalen Community. Sie wollen dazugehören.“ Das gelingt nur, wenn die Mailänder Szene sich hier ebenso wohlfühlt wie die Gäste. Dementsprechend viel Aufwand wird betrieben, damit in den öffentlichen Bereichen eine lebendige Atmosphäre herrscht. Meiner Stippvisite nach geht dieser Plan wunderbar auf und die Balance stimmt.
Durchatmen mitten in der Stadt
Am Nachmittag erkunde ich den Wellnessbereich, der sich über großzügige 900 Quadratmeter erstreckt und auf höchstem Niveau eingerichtet ist. Das Spa wurde 2014 von der renommierten spanischen Architektin Patricia Urquiola neugestaltet. Sie verwandelte die historischen Gewölbe des ehemaligen Weinkellers sowie angrenzende Räume in eine luxuriöse Wohlfühloase mit sieben Behandlungsräumen, Dampfbad, Sauna und Whirlpool. Einzigartig: Der Innenpool liegt majestätisch unter einer Gewölbedecke aus dem 19. Jahrhundert.
Ich sehe mir auch die „Private Spa Suite“ für zwei Personen an. Der Raum ist mit einem echten Kamin, Dampfbad und großen Jacuzzi ausgestattet, veredelt durch warme Hölzer, golden schimmerndes Metall und getönte Milchglasscheiben. Einen so gelungenen Wellnessbereich wie im Four Seasons Milano habe ich in einem Stadthotel wirklich selten erlebt.
Cucina Italiana mit modernem Kniff
Abends esse ich im eleganten Hotelrestaurant „Zelo“, das traditionelle italienische Gerichte neu interpretiert. Auf Gourmetniveau, versteht sich. Auf der Speisekarte stehen etwa Minestrone mit rotem Reis, Süßkartoffel-Gnocchi, handgemachte Spaghetti oder Auberginenauflauf mit Tempeh. Ich empfehle besonders das „Trio Carpaccio“ sowie das Rinderfilet – ein so zartes Fleisch habe ich selten verspeist. Der wahre Test für jeden Koch sind die Soßen, und hier beweist Küchenchef Fabrizio Borraccino sein außergewöhnliches Talent. Volle Punktzahl für die kulinarischen Finessen, der professionelle Service hätte für mich persönlich ein klein wenig herzlicher sein können.
Dieses Fünf-Sterne-Haus im Herzen von Mailand erweist sich als ein herausragender Vertreter der Four Seasons Hotel Group, die außergewöhnliche Luxuserlebnisse verspricht. Diese habe ich im „Four Seasons Milano“ definitiv erleben dürfen – ergänzt durch einen Hauch von Geschichte. Für alle, die das Besondere suchen, sei es in Architektur, Design oder Wellness, bietet das Four Seasons Milano einen Aufenthalt, der nachhaltig beeindruckt und lange in Erinnerung bleibt.