Der Weg ist manchmal wirklich das Ziel, denke ich auf der Fahrt mit dem Mietwagen vom Flughafen Nizza zu meinem Hotel in Saint Tropez. Eine gute Stunde bin ich bereits unterwegs, doch von mir aus könnte es auf dieser malerischen Strecke ruhig noch länger weitergehen. Entlang der Küste führt sie über Antibes nach Cannes, hinauf in die Berge und über Fréjus wieder hinunter nach Saint Tropez. Entdeckt und bekannt gemacht wurde die Côte d’Azur zum Ende des 19. Jahrhunderts von Malern wie Matisse, Signac und Bonnard. Das besondere Licht, das allem eine ganz eigene, warme Farbe verleiht, zog sie mit ihren Staffeleien magisch an.
Nach dem Zweiten Weltkrieg avancierte Saint Tropez zu einem Urlaubsort für die High Society, geprägt von Jetset-Legenden wie Gunter Sachs und Brigitte Bardot. Bis heute flanieren und feiern hier Prominente, (Geld-)Adel und natürlich auch ganz normale Touristen. Wie ich. Die schönsten und teuersten Yachten der Welt liegen im Hafen des ehemaligen Fischerdorfes vor Anker und die besten wie kostspieligsten Hotels der französischen Riviera verwöhnen ihre Gäste.
Sakkos trägt hier niemand, Luxusuhren schon
Ich habe mir für meinen Aufenthalt an der „Côte“, wie manche den Namen des Küstenabschnittes wegen seiner Bekanntheit gern abkürzen, das Hotel „Villa Belrose“ ausgesucht. Das Haus der deutschen Althoff Collection steht am Rand von Saint Tropez auf einem Hügel. Die Straße hinauf führt durch ein Wohngebiet inmitten mediterran-grüner Parks und Gärten. Hinter den hohen Zäunen und Hecken rechts und links hat sich das alte Geld Frankreichs abgeschirmt. Ja, Saint Tropez ist eine reiche Stadt, glücklicherweise aber eine langsam und natürlich gewachsene. Ganz im Gegensatz zu Nizza, das mittlerweile äußerst industriell ist, und auch zu Cannes, das zur Messestadt mutierte sowie Monte-Carlo, wo sich die „nouveaux riches“, die Neureichen, breit gemacht haben. Saint Tropez ist anders, deshalb fühle ich mich hier so wohl.
Vielleicht auch, weil es dank der regnerischen Wintermonate so unglaublich grün ist. Zwischen November und April geht hier nämlich fast alles in den Standby-Betrieb und von bis zu sieben Millionen Sommergästen bleiben dann bloß noch um die 5000 Einwohner und Angestellte übrig. Also muss das Geschäft in der warmen Jahreszeit gemacht werden, was dank durchschnittlicher Zimmerpreise von weit über 1000 Euro recht gut gelingt. Die Atmosphäre in der Stadt ist trotz solcher Preise angenehm lässig. Ein Sakko trägt hier niemand, dafür sündhaft teure Uhren – und auch das Auto darf ein echtes Investment sein.
Eine Erfolgsstory „made in Germany“
Der Chef der „Villa Belrose“ heißt Robert van Straaten und ist gebürtiger Holländer. Seit 30 Jahren arbeitet er für die Althoff-Hotels, davon 24 Jahre als Direktor in Saint Tropez. Eine seltene Kontinuität in der Chefetage, was sicher daran liegt, dass van Straaten ein passionierter Gastgeber ist und wann immer man ihm begegnet den großen Spaß an seiner Arbeit ausstrahlt. So lässt er sich selten nehmen, Gäste ganz persönlich zu betreuen. Auch wenn sein Concierge das nicht immer so gern sieht. Van Straaten schnappt sich dann das Auto, kutschiert die Leute in die Stadt hinunter und zeigt ihnen seine Lieblingsplätze in Saint Tropez. Voller Energie ist er ständig bemüht, sich und das Haus zu verbessern.
Dass die „Villa Belrose“ zu einer der feinsten Adresse an der Côte d'Azur aufstieg, ist der Vision von Thomas Althoff, dem Gründer der Hotelgruppe, zu verdanken. Und der bedachten Führung von deren CEO, Frank Marrenbach, der zudem Mitgesellschafter der Althoff Company ist. Er führt das Unternehmen konzentriert und mit großer Aufmerksamkeit für deren Werte. Zunächst hatte man das „Belrose“ nur gemanagt, dann gekauft und schließlich mutig investiert. Mit Erfolg, denn heute geben sich Stars und Sternchen hier die glänzend polierte Klinke in die Hand.
In Saint Tropez sind hohe Preise relativ
Angeschlossen an das „Belrose“ ist das Althoff Bellevue Villa Rental, ein Ensemble aus 16 privaten Residenzen. Sie alle bieten einen traumhaften Ausblick aufs Meer, Ruhe und Sicherheit. Dazu einen eigenen Pool, geschmackvolle Interieurs und wertvolle Kunst an den Wänden. Etwa 800 bis 1000 Euro kostet die Nacht pro Schlafzimmer. Das scheint teuer, für Saint Tropez aber – und für eine Privatvilla – ist das nicht besonders happig. Im Haupthaus, der „Villa Belrose“, sind die 40 Zimmer und Suiten in Topzustand und farbenfroh eingerichtet. Sie verfügen über luxuriöse Bäder, großzügige Terrassen und ebenfalls einen herrlichen Blick – in den Garten und von dort über die grünen Hügel bis aufs glitzernde Meer.
Vor zwei Jahren verpflichtete das Hotelmanagement den renommierten Berliner Koch Duc Ngo als externen Küchenchef und Berater. Eine ungewöhnliche Kooperation, die mich anfangs die Stirn runzeln ließ, doch ich wurde eines Besseren belehrt. Der gebürtige Vietnamese ist ein wahrer Meister der Vorspeisen, ein Virtuose der kleinen Nems (Frühlingsrollen) und er bereitet ein Ceviche zu, wie man es sonst nur in Peru bekommt. Somit ergänzen seine Kreationen perfekt die französische Küche von Küchenchef Jimmy Coutel.
Ein Beachclub – nicht nur für Filmstars
Natürlich begleitet mich Direktor van Straaten an den Strand und zum Club 55, dem wohl berühmtesten Beachclub der Welt. 1954 kauften die Eltern von Patrice de Colmont, dem jetzigen Besitzer, das damals unscheinbare Häuschen am Strandabschnitt Pampelonne. Ein Jahr später drehte Roger Vadim quasi vor ihrer Tür den Filmklassiker „Und immer lockt das Weib“ mit Brigitte Bardot und Curd Jürgens in den Hauptrollen. Weil Monsieur und Madame de Colmont als Ethnologen und Dokumentarfilmer arbeiteten, also ein Stück weit Kollegen des Regisseurs waren, luden sie die Crew regelmäßig abends zum Essen bei sich ein. Der legendäre Club 55 war geboren. Heute ist dieser nur noch tagsüber geöffnet, aber nicht mehr nur für Filmschaffende.
Einen Tag später erlebe ich, dass auch in Saint Tropez das Leben keine endlose Champagnersause ist: Ich möchte auf der Dachterrasse des „Hotel de Paris“, unweit des alten Hafens, einen Kaffee trinken. In der Lobby bemerke ich, dass der Akku meines Handys fast leer ist. Also frage ich den Concierge, der Anstecknadel nach ein Mitglied von Les Clefs d’Or, ob er mir mit einem Ladekabel aushelfen kann. Leihweise. Er zieht beide Brauen hoch, eine Mischung aus Erstaunen und Missbilligung, und teilt mir mit, dass ich ihm mein Telefon zum Aufladen überlassen müsse. Ein Kabel könne er mir nicht aushändigen. Weil, so kommt es bei mir an, er mir nicht vertraut. Eine Serviceverweigerung, die einem Fünf-Sterne-Hotel nicht angemessen ist. Der Gast soll dem Prozess dienen und nicht umgekehrt. Nein, da verzichte ich lieber auf den Kaffee und kehre lieber wieder auf den Hügel zurück, in die „Villa Belrose“.