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Management Wie man Programmierer rekrutiert

Tech-Recruiting folgt keinem Algorithmus, sondern hat eigene Spielregeln. Tipps von Joel Spolsky für das Recruiting von IT-Experten.
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Joel Spolsky ist Mitgründer und Geschäftsführer von Stack Overflow, einer Internetplattform für Softwareentwickler

Selbstfahrende Autos, vernetzte Kühlschränke, Digitalisierung aller Prozesse: Um es mit Marc Andreessens Worten zu sagen: „Software is eating the world“. Irgendwann kommt mittlerweile für fast jedes Unternehmen der Punkt, an dem IT-Experten gefragt sind, um die eigenen Produkte zukunftsfähig zu machen.

Doch wie kann man diese codenden Halbgötter finden und vor allem: Wie wirbt man erfolgreich um jemanden, der sich aussuchen kann, wo er arbeitet?

Jedes Unternehmen hat seine individuellen Stärken und Schwächen – das wissen auch die Bewerber. Nur weil ein Unternehmen keinen Massenmarkt bedient, mehrere tausend Mitarbeiter oder Nutzer hat, heißt das nicht, dass es keine Chance gegenüber Tech-Giganten wie Google oder Facebook beim Entwickler-Recruiting hat. Nur müssen sich Personaler in den Bewerber reindenken, auf Kompromisse einlassen und vielleicht auch der ein oder anderen ungewöhnlichen Forderung zustimmen.

Recruiting ist wie Dating

Zuallererst: Recruiting ist wie Dating. Ehrlichkeit währt am längsten. Generische Stellenbeschreibungen, die alle im Grunde das gleiche aussagen und verlangen, lesen Entwickler in beinahe jedem Inserat. Da entscheidet nicht die Stelle, sondern meist der Ruf des Unternehmens. Als Start-up oder junges Unternehmen hat man deshalb einen Nachteil.

Eine ehrliche Stellenausschreibung, die erklärt was geboten und was nicht möglich ist, ist durchaus interessanter – sie zeigt, wo das Unternehmen seine Stärken und Schwächen hat und spricht vielleicht sogar Programmierer an, die Lust haben die Zukunft aktiv mitzugestalten. Unternehmen punkten beim IT-Bewerber damit, Arbeitsbedingungen, Aufgaben und Teamgröße sowie langfristige Ziele konkret zu benennen. Das zeigt die gegenwärtige Situation und die Perspektive. Die HR-Abteilung sollte einen anderen Entwickler hinzuholen und dessen Erfahrungswerte in die Stellenausschreibung miteinbeziehen.

Wer weiß was er braucht, sucht leichter

Der nächste Punkt ist, dass jedes Unternehmen seine eigenen Bedürfnisse kennen sollte. Wen braucht man wirklich und wie ticken diese Leute? Wer die spezifischen Merkmale im Detail definiert hat, der erreicht auch die richtigen Entwickler. Sind sie eher kreativ oder Zahlenjongleure? Dementsprechend sollte die Ansprache erfolgen.

Apropos Ansprache: Diese funktioniert vor allem durch das sogenannte Active Sourcing – dem direkten Anwerben und Ansprechen. So kann man beispielsweise in Datenbanken im Internet suchen, wo sich die Kandidaten eine solche Ansprache wünschen und eingewilligt haben, Angebote zu bekommen. Sehr gut funktionieren Anbieter, die über genau die benötigten Experten in ihrem Portfolio oder ihrer Community haben. In diesen branchenspezifischen Räumen kann man sogar kleine Aufgaben stellen und das Wissen und Können der Anwärter testen.

Der Ton macht die Musik

Die Ansprache selbst ist immens wichtig, denn kaum ein Entwickler möchte als „Ninja“ oder „Guru“ betitelt werden. Hinter diesen Worthülsen verstecken nur allzu viele Unternehmen worum es sich beim Job dann wirklich handelt - und Fakt ist: Kein Entwickler, der es sich aussuchen kann, kauft die Katze im Sack. Die Gehaltsvorstellungen und Extras müssen im Vorfeld besprochen werden, denn mit Tischkickern und Freibier bekommt man selten die Hochleistungs-Entwickler dazu, sich für das eigene Unternehmen zu entscheiden.

Code und Remote gehören zusammen

Viel eher muss hingehört werden, was sich Programmierer individuell wünschen Dazu gehört meist Flexibilität im Arbeitsalltag und freie Wahl des Standorts, die Möglichkeit zum Homeoffice und ein ruhiger Arbeitsplatz fernab vom Großraumbüro. Für viele Entwickler gehört die Präsenzpflicht in der IT-Branche längst abgeschafft.

Grundsätzlich sollte man bedenken, dass nicht jeder Entwickler zu den großen Tech-Giganten möchte. Dafür reichen die Gründe von moralischen bis hin zu unternehmerischen. Motiviert werden IT-Experten durch Mitbestimmung und vor allem Zugehörigkeit zu einem technisch exzellenten Team. Grundsätzlich braucht man mindestens eine versierte Koryphäe für das Spezialgebiet, die Probleme anpackt. Das kann sich auf das gesamte Team ausweiten und alle mitziehen, sie zu Höchstleistungen anspornen.

Zuletzt noch ein Tipp, den ich in meiner Karriere leider erst spät bemerkt habe: Perfektionismus ist ein Hindernis. Wer immer alles richtigmachen will und keine Fehler zulässt, lernt rein gar nichts. „Trial-and-Error“ heißt die Devise und führt meist zu besseren und nachhaltigeren Ergebnissen für das Unternehmen und den Programmierer.

Fazit

Wer die Bedürfnisse der Entwickler kennt und sich daran anpasst, der wird im Recruiting Erfolg haben. Gerade für Unternehmen, die nicht in den großen Tech Zentren wie Berlin sitzen, sondern in ländlichen Gebieten zum erfolgreichen Mittelstand gehören, ist es wichtig, die richtigen Voraussetzungen zu schaffen, um die passenden Talente zu gewinnen.

Mehr zum Thema: Wo europäische Fachkräfte zu finden sind

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