Personal ist derzeit in vielen Bereichen knapp und gefragt. Das bringt wechselwillige Arbeitskräfte grundsätzlich in eine gute Verhandlungsposition. Dass ein Jobwechsel zu einem ordentlichen Gehaltsplus führen kann, zeigt auch eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung. Die Autoren zeigen darin auf, für wen sich ein Wechsel des Arbeitsplatzes besonders bezahlt macht.
Dafür nimmt die Untersuchung eine längerfristige Entwicklung in den Blick. Untersucht wurden mehr als 12.000 Erwerbsbiografien und rund 38.000 Berufswechsel. Die Daten stammen von Langzeiterhebungen des Nationalen Bildungspanels (NEP) und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die jeweils viele Jahre zurückreichen.
Aus den Daten ergeben sich zwei zentrale Erkenntnisse. Erstens: Wer den Job wechselt, erzielt dadurch sehr häufig ein Gehaltsplus. Alle betrachteten Gruppen verdienten nach dem Wechsel im Schnitt mehr als vorher. Zweitens: Ein Wechsel des Arbeitsplatzes macht sich umso mehr bezahlt, je enger man innerhalb seines bisherigen Tätigkeitsfelds bleibt.
Wechsel in „gleichartigen Beruf“ lukrativer
Wer in einen „gleichartigen Beruf“ wechselt, erzielt laut Analyse ein Jahres-Gehaltsplus, das im Schnitt 3500 Euro höher ist, als bei einem Wechsel in einen völlig anderen Beruf. Ist der neue Job mit dem alten zumindest „verwandt“, sind es im Schnitt rund 2500 Euro mehr als bei einem kompletten Neustart. Bei diesen (Brutto-)Zahlen ist nicht nur der unmittelbare Gehaltssprung berücksichtigt, sondern auch die Gehaltsentwicklung der Folgejahre ist eingerechnet.
Unterm Strich bedeutet das: Zwar verdienen auch diejenigen, die sich vollständig umorientieren, hinterher im Schnitt mehr als vorher. Besonders lukrativ ist ein Wechsel aber, wenn man beim neuen Arbeitgeber auf bereits bestehender Expertise aufbauen kann. Fachkräfte und Spezialisten profitieren daher finanziell von einem Wechsel stärker. Geringqualifizierte, die wechselnde Hilfstätigkeiten ausüben und sich die Jobs auch nicht immer aussuchen können, sind hingegen im Nachteil.
Für Hilfskräfte mit Berufsausbildung bietet der Jobwechsel allerdings eine gute Chance, zur Fachkraft aufzusteigen. Ohne Ausbildung ist die Chance geringer. Unabhängig vom Ausbildungsniveau sind auch Frauen gegenüber Männern bei den Aufstiegschancen durch Wechsel benachteiligt, hält die Studie fest. „Diese Situation resultiert unter anderem aus der ungleichen Aufgabenverteilung in Familien und der unbefriedigenden Betreuungssituation der Kinder“, sagt Studien-Mitautor Tobias Ortmann.
Die Autoren und Autorinnen betonen, dass gelungene Jobwechsel unterm Strich auch gut für die Arbeitgeber seien, weil die Produktivität der Beschäftigten steigt. „Wenn mit dem Wechsel in einen nahen Beruf auch der Aufstieg gelingt, ist das sowohl für die Arbeitgeber als auch für die Arbeitnehmer:innen ein Gewinn: Arbeitgeber profitieren von produktiveren Beschäftigten und die Arbeitnehmer:innen von besser entlohnten Tätigkeiten“, sagt Arbeitsmarktexperte Ortmann.
Laut Analyse arbeiten Beschäftigte, die innerhalb ihres Berufs wechseln, im Schnitt 6,2 Tage pro Jahr mehr als solche, die in einen fremden Beruf wechseln. Beim Wechsel in einen verwandten Beruf sind es immerhin 4,3 Tage mehr. Um solche Jobwechsel noch stärker zu ermöglichen sei die Weiterbildung von Geringqualifizierten ein wichtiger Hebel im Kampf gegen Fachkräftemangel, heißt es in der Studie.
Der Beitrag ist zuerst bei stern.de erschienen