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Management Wann Manager Beratung brauchen

Wenn es einsam an der Spitze wird, kann ein Sidekick für Manager zum Erfolgskick werden. Von Susanne Jurasovic
An der Spitze kann es sehr einsam sein
An der Spitze kann es sehr einsam sein
© Getty Images
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Susanne Jurasovic ist Inhaberin und Geschäftsführerin der Managementberatung Lüdke + Döbele. Ihr Schwerpunkt ist strategische Managementberatung und – coaching. Dabei unterstützt und berät sie Führungskräfte der Healthcare-Branche.

Ein Alphatier führt das Rudel oder die Herde an. Es erschließt Jagdgründe, zeigt bei Konfrontationen an, wann es Zeit zum Rückzug oder Angriff ist. Das Alphatier entscheidet, die anderen folgen. Führungspersönlichkeiten werden gern als Alphatiere bezeichnet. Nicht selten schwingt darin die Autorität und Dominanz eines Entscheiders mit. Ein menschliches Alphatier besitzt jene Qualitäten, die für den Job einer Top-Führungskraft nötig sind: Selbstbewusstsein, Eigeninitiative, Durchsetzungskraft.

Genauso wichtig ist in dieser Position allerdings auch die Fähigkeit der Selbstkritik. Doch wer an der Spitze eines Unternehmensbereichs steht, hat meist nur wenige Menschen um sich herum, die ihm noch auf Augenhöhe begegnen und Kritik äußern. Respekt, Kalkül und Hierarchien lassen den Kreis von Gesprächspartnern zur Reflektion auf Top-Ebene enorm schrumpfen.

Nicht selten führt das zu einer selektiven Wahrnehmung dessen, was im Unternehmen geschieht und wie sich Entscheidungen auf breiter Ebene auswirken. Eine Einheit mit bis zu mehreren Hundert Mitarbeitern ist eben kein überschaubares Rudel mehr. Manche Entscheidung basiert dann auf der einsamen Einschätzung eines Alphatiers, das im Zweifel auf altbewährte Strategien zurückgreift, statt passgenaue Vorgehensweisen zu entwickeln. Das Schicksal vieler hängt von jenem einsamen Urteil ab, in dessen Bildung vieles hineinfließt: die eigene Haltung, Überzeugungen, Glaubenssätze, Gefühle, Eindrücke und Berichte anderer.

Was hier häufig fehlt, ist die Reflektion des Wahrgenommenen und tatsächlich Vorhandenen, des Gehörten, bislang Geglaubten und der tatsächlichen Fakten. Und hier kommt der Sidekick ins Spiel: Ein externer Coach kann als Sparringspartner auf Augenhöhe wertvolle Impulse und korrigierende Rückmeldungen geben, zur Selbstkritik anregen und weitere Perspektiven eröffnen.

Situation 1: Mein Team funktioniert nicht!

Als Unternehmensberaterin im Pharmabereich erlebe ich immer wieder, dass die Wahrnehmung der eigenen Person auf Seiten der Geschäftsführung getrübt ist. Chefs sagen dann gerne: „Ich bin sehr strukturiert, aber mein Team funktioniert nicht.“ Tatsächlich aber nimmt das Team das ganz anders wahr. Doch ein ehrliches Feedback kann ein Chef vom Team nicht erwarten. In der Regel wird hier geschmeichelt und gebuckelt, um die eigene Karriere im Unternehmen nicht zu gefährden. Zu groß ist die Angst, dass Kritik negative Konsequenzen fürs persönliche Vorankommen hat. Mein Blick von außen hilft, das Auseinanderklaffen von Selbst- und Fremdwahrnehmung zu erkennen, Vorhandenes zu spiegeln und die Perspektiven zu erweitern.

Das Sortieren von Sichtweisen und Wahrnehmungen bereitet den Boden für eine bessere Arbeitsbeziehung. Wer aufräumt, gewinnt Überblick – und vielleicht auch die Erkenntnis, dass das Team besser funktioniert als bislang gedacht. Letztlich beginnt eine erfolgreiche Führung immer bei der Selbstführung. Wie und was ich als Chef tue, wirkt sich auf die Performance meiner Mitarbeiter aus. Ich halte mein Team für unstrukturiert? Dann sollte der erste Blick meinen eigenen Strukturen gelten. Hier liegt nicht selten die Wurzel des Übels. Ein Sidekick kann helfen, den Blick dorthin zu lenken, wo es gelegentlich weh tut, aber gleichzeitig die Möglichkeit zur Weiterentwicklung wohnt.

Situation 2: Wenn zwei sich streiten…

…hilft gelegentlich ein Dritter. Bei Konflikten auf Top-Ebene geht es meist um zwischenmenschliche Konflikte im Kernmanagementteam. Unsicherheiten auf Seiten der Führung bezüglich der Einschätzungen von Mitarbeitern sorgen für eine unklare Haltung – und damit für Konfliktpotenzial. Wo die Entschiedenheit an der Spitze fehlt, ringt das Rudel um Entscheidungen. Für den Umgang mit Konflikten gibt es grundsätzlich zwei Herangehensweisen: die pessimistische und die optimistische. Die pessimistische Lösung sieht schlicht einen Austausch der streitenden Mitarbeiter vor. Problem erkannt, Problem gebannt? Tatsächlich wurde es auf diese Weise eher verlagert.

Meist befürchten Unternehmenslenker einen möglichen Gesichtsverlust, wenn sie Unsicherheiten bekennen. Also wird durch Personalpoker für vermeintliche Klarheit gesorgt. Doch das schürt weder Vertrauen noch Stabilität. Im Gegenteil: Es drohen weitere Spannungen und belastete Beziehungen. Dabei kann mich ein vermeintlicher Störenfried auf Mitarbeiterseite unter Umständen als starker Player sogar nach vorne bringen, wenn ich seine Qualitäten zu nutzen weiß.

Zu solchen Erkenntnissen kann der berühmte Dritte beitragen. Als Sidekick nehme ich in solchen Fällen an Meetings teil, beobachte den Austausch untereinander und erkenne eingefahrene Muster, die beispielsweise Konflikte heraufbeschwören. Und dann lässt sich durchaus in alter Besetzung, aber unter neuen Vorzeichen gemeinsam erfolgreich weiterarbeiten. Eine optimistische, an die Individuen angepasste Lösung ist meist tragfähiger als der Kahlschlag, der von eigenen Ängsten getrieben wird.

Situation 3: Die Macht der zweiten Reihe

Das Umfeld hat einen großen Einfluss auf jeden von uns. Kollegen, Vorgesetzte, Kunden und Geschäftspartner haben Erwartungen und Ansprüche, Forderungen und Überzeugungen, die in das Handeln eines Top-Managers einfließen. Sie beeinflussen sein Denken, Fühlen und Verhalten genauso wie seine Mitarbeiter, Freunde und Familie. Fakt ist: Die Arbeit eines Top-Managers ist nur so gut wie das Team, das ihm zuarbeitet. Das Umfeld kann Spitzenleistungen ermöglichen oder sie verhindern – alles eine Frage der Besetzung.

Ein bewusstes Umfeldmanagement braucht manchmal den Sidekick von außen. Es ist nicht immer einfach, zu erkennen, welche Menschen in unserer Nähe förderlich sind und welche nicht. Wo es gilt, sich zu distanzieren oder frei von fremden Überzeugungen zu machen. Doch wenn ich etwas verändern will, muss ich in diese Überlegungen mein Umfeld einbeziehen. Keiner von uns lebt auf einer Insel. Fehlt mir die Unterstützung im Umfeld, kann ich mein Umfeld um einen externen Coach ergänzen, der mir zur Seite steht – und gegebenenfalls den kritischen Blick auf die zweite Reihe fördert.

Eines kann ich Ihnen schon heute mit auf den Weg geben: Vermeiden Sie die Gesellschaft von Pessimisten. Destruktive Denkmuster sind wie ein Virus, immer auf der Suche nach einem neuen Wirt. Stabilität ist wichtig für die Performance an der Spitze – und dazu trägt ein stabiles Umfeld bei, auch privat. Deshalb rate ich jedem Highperformer dazu, die Familie so gut wie möglich in den Alltag zu integrieren. Als Pendant zum Arbeitsumfeld liefert sie nicht nur Stabilität, sondern auch Impulse, die das Augenmerk von der Arbeit weglenken. Das dient der Regeneration, der Kreativität, der Horizonterweiterung und nicht zuletzt der Bodenständigkeit.

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