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Gründerinnenpreis für socialbee Ein Start-up, das Geflüchteten bei der Jobsuche hilft

Zarah Bruhn bringt Firmen und Geflüchtete zusammen 
Zarah Bruhn bringt Firmen und Geflüchtete zusammen 
© Franziska Krug
Seit 2015 hilft Zarah Bruhn mit ihrem Social Start-up Socialbee Geflüchteten bei Suche nach Arbeitsplätzen – dafür wurde sie mit dem Veuve Cliquot Woman Award ausgezeichnet.  Wie socialbee funktioniert, erklärt sie im Interview

Frau Bruhn, Sie sind eine der Preisträgerinnen des diesjährigen Veuve Clicquot Bold Woman Award. Was macht ihr Start-up Socialbee, worum geht es?

Socialbee integriert Geflüchtete in den Arbeitsmarkt und hilft ihnen, sich  ein neues Leben in Deutschland aufzubauen. Jeder soll es in Deutschland schaffen können.  In der Praxis gelingt uns das durch Einstellungsprojekte. Beispielsweise begleiten wir jetzt 20 Frauen über zwei Jahre auf ihrem Berufsweg in die Pflege. Bevor das Traineeprogramm  im Unternehmen losgeht,  absolvieren sie mit uns eine zwei-  bis dreimonatige Schulung.  Aber Integration ist keine Einbahnstraße, so dass wir auch die Unternehmensseite schulen. Auf diese Weise kämpfen wir gegen den Fachkräftemangel und die Langzeitarbeitslosigkeit von Geflüchteten.  

Wie kamen Sie auf die Idee,  ein Start-up für Geflüchtete zu gründen? 

Ich selbst habe neben meinem Studium in der  Finanzierung von Start-ups gearbeitet. Während der Flüchtlingskrise half ich am Wochenende als  freiwillige Helferin. Irgendwann wollte ich nicht mehr nur am Wochenende helfen und stellte mir die Frage, wie ich meine Arbeitszeit sinnvoll nutzen kann. Ich kannte viele Gründer und verwirklichte meine Herzensangelegenheit.  Dann kam eines zum anderen, zufällig traf ich meinen Mitgründer und wir nahmen uns den damals sehr schwierigen Themen  der Integration und  Zeitarbeit an.

Wie verdienen Sie damit Geld? 

Die Unternehmen beteiligen sich an den Kosten unserer Upskilling-Programme. Wir bieten den Geflüchteten Trainings und Begleitung, um sie für ihren neuen Job fit zu machen. Nach der Einstellung betreuen wir sie ein Jahr lang. Das wird in der Regel von den Unternehmen finanziert, weil sie ja Interesse an einem langfristigen Arbeitsverhältnis haben. Wir versuchen, diese Kosten im Rahmen zu halten, indem wir gemeinsame Programme mit mehreren Unternehmen veranstalten. Aber  wir sind auch ein Non-Profit-Unternehmen und werden von großen Stiftungen unterstützt. 

Wie weit sind Sie in Ihrer Entwicklung? Können Sie Zahlen verraten? 

Wir machen circa 3 Mio. Euro Umsatz mit 15 Qualifizierungsprojekten, so schaffen wir es, mehrere hundert Geflüchtete pro Jahr auszubilden und zu vermitteln. Wir sind sehr daran interessiert, in andere europäische Länder zu expandieren. In der Schweiz und Österreich hatten wir schon erfolgreiche Projekte. 

Was sind die nächsten Schritte? Was sind die größten Herausforderungen, die vor Ihnen liegen? 

Da  sind einerseits die klassischen Personalfragen, die uns beschäftigen, aber auch der Konflikt in der Ukraine.  Es werden neue Anforderungen an uns gestellt, die Bedürfnisse jeder Zielgruppe sind anders und es braucht angepasste Programme. 

Der Award wird dezidiert an Gründerinnen verliehen. Hat man es als weibliche Gründerin schwerer? 

Aus der Systemperspektive beantworte ich die Frage mit ja. Es gibt beispielsweise nicht genug weibliche Investorinnen. Ich sehe aber „Miniautobahnen“ für Frauen. Wir sind heute einen Schritt weiter und haben metaphorisch den Finger in die Wunde gelegt. Aus der Individualperspektive würde ich heute also antworten, dass jetzige Gründerinnen gute Startvorrausetzungen haben. 

Warum gründen so wenige Frauen? Was müsste sich ändern, damit das besser wird? 

Es braucht Vorbilder und Gründungsförderprogramme für Frauen, mehr Aufmerksamkeit für das Thema und starke Netzwerke unter Frauen.  

Sie sind neben ihrer Tätigkeit als Gründerin seit einiger Zeit auch als  Beauftragte für soziale Innovationen  für das Bundesbildungsministerium tätig. Warum machen Sie das zusätzlich? 

Ich bin weiterhin CEO bei Socialbee, nur nicht mehr im vollen zeitlichen Rahmen. Die Aufgabe als Beauftragte hat mich einfach unglaublich gereizt, weil es hier natürlich eine große Hebelwirkung gibt. Um wirklich Veränderung zu erreichen, muss man systemischen Wandel erreichen, und genau das kann man in der Politik.  

Wie hat die neue Stelle Ihren Blick auf die Gründerszene verändert?  

Der Blick aus dem Ministerium hilft mir dabei, die systemische Vogelperspektive einzunehmen. Ich beschäftige mich jeden Tag mit der Frage, welche Instrumentarien uns dabei helfen können, soziale Innovationen und Gründungen im sozialen Bereich voranzubringen. In der Theorie sind viele Förderprogramme offen für soziale Innovationen. In der Praxis sah das aber lange anders aus. Das habe ich mit Socialbee selbst erfahren. Ich möchte soziale Innovationen und Social Enterpreneurship einfacher machen für alle, die nach mir kommen.

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