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Gründerinnenpreis für Klim Eine App für Landwirte im Kampf gegen den Klimawandel

Nina Mannheimer ist die Preisträgerin des Veuve Clicquot Bold Future Award 2022
Nina Mannheimer ist die Preisträgerin des Veuve Clicquot Bold Future Award 2022
© Franziska Krug
Eine App für nachhaltige Landwirtschaft: Mit dieser Idee überzeugte Nina Mannheimer die Jury des Veuve Clicquot Bold Woman Award. Im Interview erklärt sie das Konzept

Frau Mannheimer, Sie sind eine der Preisträgerinnen des diesjährigen Veuve Clicquot Bold Woman AwardWas macht ihr Start-up Klim? Was ist Ihre Vision?

Bei uns wird die Landwirtschaft zum Teil der Klimalösung. Über unsere Plattform begleiten wir den Landwirt auf seinem Weg zur regenerativen Landwirtschaft. Das geht los bei Fragen wie: Wo fange ich an? Und endet bei: Wie finanziere ich die Transformation?. Wir wollen  den kompletten Sektor verändern, denn  im Moment ist die Branche für circa ein Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. In der Landwirtschaft steckt jedoch enormes Klimaschutzpotenzial. Es muss nur etwas getan werden, denn schließlich spüren die Landwirte den Klimawandel als eine der ersten durch Dürre und Ernteausfälle. Kurz gesagt: Es geht darum, die Landwirtschaft nachhaltiger zu machen.

Was ist denn überhaupt regenerative Landwirtschaft? 

Durch sogenannte regenerative Methoden, das heißt durch den Wechsel von Anbausorten, einer reduzierten Bodenbearbeitung oder einer ganzjährigen Bodenbedeckung lassen sich riesige Mengen Kohlendioxid aus der Atmosphäre entziehen und in landwirtschaftlichen Böden speichern. Dadurch können sogar mehr Emissionen abgebaut werden als bei der Produktion entstehen – und somit werden die Lebensmittel klimapositiv. Der damit einhergehende Humusaufbau erhöht außerdem die Klimaresilienz der Betriebe und somit die Ertragssicherheit der Landwirte und ihrer Abnehmer und fördert zusätzlich Trinkwasserqualität, Biodiversität und Artenvielfalt. Deswegen ist die regenerative Landwirtschaft eine der wichtigsten Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel und gegen sinkende Erträge. 

Wie kamen Sie auf die Idee, ausgerechnet ein Start-up für Landwirte zu gründen?

Am Anfang stand der Klimaschutz. Uns war klar, dass es nicht reichen wird, nur CO2 zu reduzieren, wir müssen der Atmosphäre CO2 auch entziehen und das können Böden. Doch auf dem Feld geht wenig voran und den  Landwirten mangelt es oft an Unterstützung. Bei der Ideenfindung sind wir daher eher systematisch vorgegangen. 

Wer ist die Zielgruppe für die App? 

Die App richtet sich an alle Landwirte, einige sind noch komplett in der konventionellen Landwirtschaft verhaftet, andere sind schon ganz vorne dabei. Aber wir bewegen uns alle in die gleiche Richtung – egal ob konventioneller Bauer oder Demeter-Bauer, alle können etwas verbessern.

Wie verdienen sie mit der App Geld?

Wir unterstützen Lebensmittelunternehmen, CO2 in deren Lieferketten einzusparen –  das  kann ein Supermarkt, eine Marke oder eine Mühle sein. An diese Unternehmen verkaufen wir Carbon-Credits, von deren Einnahmen wir den Großteil an die Landwirte weitergeben.  

Wie funktioniert das genau? Wie berechnen sich die Carbon-Credits?  Was haben die Landwirte davon?

Jeder regenerativen Methoden wird eine wissenschaftlich festgelegte CO2- Speicherkapazität zugeordnet. Durch die Methoden könnten der Atmosphäre weltweit bis zu 11 Milliarden Tonnen CO2 entzogen werden – in Deutschland wären es mindestens 10 Millionen Tonnen pro Jahr. In der Klim-App quantifizieren wir für die Landwirte die Vorteile der regenerativen Landwirtschaft, indem wir beispielsweise berechnen, wie viel Geld sie für ihre Flächen bekommen könnten. Zusätzlich verbessern die Landwirte aber auch ihre Bodengesundheit, was langfristig zu einer Ertragssteigerung führt.

Wie weit sind Sie in Ihrer Entwicklung?

Wir arbeiten mit über 2000 Landwirten zusammen, haben über 25 Mitarbeiter und über zehn B2B-Partner.

Was sind die nächsten Schritte?

Die Plattform ist erst zwei Jahre alt, aber wir sind auf der Suche nach neuen B2B-Partnern in der Lebensmittelbranche und wollen bald international expandieren.

Was sind die größten Herausforderungen, die noch vor Ihnen liegen?

Insgesamt ist unsere ganze Branche Neuland. Da gibt es sehr viele Unsicherheiten, sowohl auf Corporate-Seite als auch auf der Carbon-Credit-Seite. Alle sind gerade dabei herauszufinden, was in der regenerativen Landwirtschaft vor sich geht. Das macht es aufregend, doch vieles ist schwer planbar.

Der Award wird dezidiert an Gründerinnen verliehen. Hat man es als weibliche Gründerin schwerer?

Ich würde sagen, es kommt darauf an. Rein statistisch gesehen, ist es für Gründerinnen schwieriger, an Kapital zu gelangen. Und das ist nunmal ein großer Bestandteil der Start-up-Welt, denn ohne Kapital gibt es auch keine Visionen. Es ist problematisch, dass es historisch nicht genug weibliche Investorinnen und Gründerinnen gibt. Die Strukturen der Venture-Capital-Welt benachteiligen Frauen. Und es gibt natürlich noch weitere Faktoren, wie die Sozialisierung von Frauen.

Warum gründen so wenige Frauen? Was müsste sich ändern, damit das besser wird?

Es fehlt an positiven Beispielen. Ein anderer Punkt ist die Hustle-Kultur in der Start-up-Welt. Es herrscht ein regelrechter Wettbewerb darum, wer mehr arbeitet. Ein Start-up ist daher oft schwierig in Einklang mit Familie zu bringen, diese Frage sollte aber eigentlich sowohl Männer als auch Frauen betreffen. Ich vermute, das schreckt viele Frauen nach wie vor ab.

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