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Wochenrückblick Nach dem Shutdown ist vor dem Showdown

Der bizarre Haushaltsstreit in den USA ist vorbei - doch die Schuldenproblematik holt die Amerikaner bald wieder ein. Dagegen sehen Ökonomen in Deutschland finanzielle Spielräume.
Schauplatz politischen Gezerres: Das Kapitol in Washington
Schauplatz politischen Gezerres: Das Kapitol in Washington
© Getty Images

Was leben wir doch auf einer Insel der Glückseligen. Während sich in den USA Regierung und Opposition einen gnadenlosen Kampf um die Staatsfinanzen liefern und dabei den Staatsbankrott vor Augen haben, ist der Aufreger hierzulande ein Wortgefecht zwischen NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft von der SPD und CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Die beiden gerieten während der Sondierungsgespräche über eine Große Koalition aneinander. Aber die Gemüter haben sich längst wieder beruhigt: Medienwirksam zeigten sich Kraft und Dobrindt angeregt miteinander plaudernd auf einem Balkon.

In Washington sind die Gräben zwischen den politischen Kontrahenten tiefer. Präsident Barack Obama hat zwar die Schlacht um die Erhöhung der Schuldenobergrenze gewonnen, der Krieg ist damit aber noch nicht entschieden. Die erzkonservative Tea-Party-Bewegung, die einen Kompromiss zwischen Republikanern und Demokraten lange Zeit verhindert hat, sinnt auf Revanche. Und die bietet sich bereits Anfang kommenden Jahres, wenn sich der US-Haushalt wieder der Schuldenobergrenze nähert.

Ein Versöhnungsfoto von Obama und Ted Cruz, dem Protagonisten auf Seiten der Tea Party, ist nicht zu erwarten. Der Senator aus Texas will den Kampf fortsetzen – auch gegen den Willen gemäßigter Kräfte unter den Republikanern. Cruz und seine Mitstreiter nehmen den Haushalt als Vehikel, um die Gesundheitsreform des Präsidenten zu Fall bringen. Zwar stellt die Bewegung nur eine Minderheit bei den Republikanern, trotzdem trauten sich gemäßigte Konservative nicht, die Radikalen auszubooten.

Trotz der politischen Dramatik und der Warnungen vor katastrophalen Folgen für die Weltwirtschaft reagierten die Aktienmärkte gelassen auf die Einigung – es gab keine größeren Kurssprünge. Dabei ist der gesamtwirtschaftliche Schaden des 16-tägigen Shutdowns groß. Die Ratingagentur Standard & Poors schätzt den Schaden auf 24 Mrd. Dollar, der „das Wirtschaftswachstum im vierten Quartal auf das Gesamtjahr hochgerechnet um bis zu 0,6 Prozent belasteten könnte“. Die amerikanische Notenbank Fed geht von einem moderaten Wachstum in diesem Jahr aus.

Es gibt etwas zu verteilen

Während der Etatstreit die Aussichten für die US-Wirtschaft belastet, steht Deutschland nach Auffassung der fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute vor einem Aufschwung. Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft um 1,8 Prozent wachsen nach schlappen 0,4 Prozent 2013. So steht es im Herbstgutachten der Forscher, die auch für den Bundesfinanzminister gute Nachrichten bereithalten: Die Überschüsse im Staatshaushalt von Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherung sollen von 0,1 Prozent in diesem Jahr auf 0,3 Prozent 2014 steigen. Bis 2018 soll der Überschuss sogar auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes wachsen.

Für die Koalitionsgespräche zwischen Union und SPD sind das gute Nachrichten: Es gibt etwas zu verteilen. Die Ökonomen warnen jedoch vor allzu großen Sprüngen. Ein Teil der Überschüsse solle für den Schuldenabbau verwendet werden. Es bleiben aber 33 Mrd. Euro bis 2018 übrig. Und die Ökonomen haben auch schon einen Vorschlag, was mit dem Geld geschehen soll: „Man könnte damit sowohl die kalte Progression abbauen als auch investive Ausgaben in den Bereichen Infrastruktur, Bildung und Forschung finanzieren.“ Unter so günstigen Rahmenbedingungen ist schon lange keine Regierung mehr in eine Legislaturperiode gestartet. Glückliches Deutschland!

Weniger glücklich dürfte der Flugzeugbauer Boeing auf die Woche zurückblicken. Wieder einmal gab es Ärger mit dem Langstreckenflugzeug Dreamliner. Regelmäßige Leser des Capital-Wochenrückblicks erinnern sich vielleicht an die letzte Ausgabe, als wir darüber berichteten, wie eine defekte Klospülung einen Dreamliner zur Umkehr zwang. In dieser Woche nun landete eine Boeing-Maschine mit einem großen Loch im Rumpf im indischen Bangalore. Der Dreamliner hatte unterwegs – unbemerkt - eine Bodenplatte verloren. Passiert ist nichts, aber beruhigend ist es auch nicht.

Der letzte Wochenrückblick: Albtraum Dreamliner

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