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Gastbeitrag KI macht die Arbeit der Zukunft menschlicher

Symbolbild Millennials
Symbolbild Millennials
© dpa
Viele Voraussagen für die Arbeitswelt sind düster. Fritz Trott setzt dem einen positiven Ausblick entgegen. Er sagt: Mit der Generation Y/Z und mit Künstlicher Intelligenz wird die Arbeit in Zukunft menschlicher

Ich erinnere mich kaum an ein Bewerbungsgespräch, in dem nicht über „Remote Working“, „Homeoffice“ oder „Sabbatical“ gesprochen wurde. Die Generation Y/Z hat andere Fragen und stellt persönliche Forderungen. Im Auswahlgespräch fordern Angehörige der jungen Generation selbstbewusst individuelle Freiheiten und flexible Arbeitszeiten ein. Die Bedeutung von Arbeit und Arbeitszeitmodellen stellen sie grundlegend auf den Kopf.

Anfangs läuteten die Alarmglocken bei mir. Gerade in einem Start-up geht es um jede Stunde und vollen Einsatz. Erst nach einer Weile habe ich verstanden, wie sehr die Produktivität mit der Zufriedenheit unserer Mitarbeiter zusammenhängt. Und die lässt sich mit Technologie verbessern. Mit innovativen Technologien wie künstliche Intelligenz eröffnen sich für Unternehmen neue Wege, um sich stärker mit den Bedürfnissen der jungen Generationen auseinanderzusetzen. Der Mensch und seine Bedürfnisse und Fähigkeiten rücken wieder stärker in den Mittelpunkt der Arbeit.

Die Tech-Generation erwartet Flexibilität und Freiheit

Die Vorstellung von Freiheit und Individualität junger Menschen scheint von Jahr zu Jahr einen Quantensprung zu machen. Netflix statt Fernsehen, Uber statt Taxi, Airbnb statt Hotel. Alles perfekt zugeschnitten und monatlich kündbar, selbst die Tinder-Partner. Das zeigt sich auch in der Arbeitswelt: Eine internationale Studie von Deloitte zeigt, dass zwei von drei Millennials ständig den Job wechseln. Zudem werden Homeoffice, zeitliche Flexibilität und eine Job-Auszeit stark nachgefragt. Die Netflix- und Spotify-Generation ist es eben gewohnt, ein individuell-zugeschnittenes Angebot zu erhalten. Diese Erwartungshaltung spielt auch bei der Jobsuche eine zentrale Rolle. Die Arbeit muss perfekt zu den privaten Bedürfnissen passen. Ändern sich Vorlieben, hat der Rest mitzumachen oder wird ausgewechselt, auch der Job.

Der Wunsch nach Freiheit zeigt sich auch bei Zenjob. Über eine App schnappen Studenten sich Jobs in der Umgebung. Arbeitsstunden und -zeiten passen sich nicht nur dem Vorlesungsplan an, sondern auch den privaten Bedürfnissen. Über 50 Prozent unserer jungen Talente entscheiden sich erst zwei Tage vorher für einen Nebenjob. Sie sind deutlich flexibler als ältere Generationen. Für Unternehmen im Einzelhandel oder der Logistik ist das extrem wertvoll: Anders wären die Bedarfsschwankungen im Personalbereich gar nicht mehr zu regeln, ganz zu schweigen vom Planungsaufwand.

Das selbstbestimmte Arbeiten ist eine Revolte gegen traditionelle Arbeitszeitmodelle. Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, ein Modell zu finden, das den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeiter entspricht, aber auch mit dem eigenen Geschäftsmodell kombinierbar ist. Technologien können hierbei helfen. Das gilt sowohl für geistige als auch für körperliche Berufe. Gegenwärtig haben Personaler und Führungskräfte oft nicht die Zeit sich mit den individuellen Ansprüchen der Mitarbeiter auseinanderzusetzen. Deswegen gewinnen digitale Automatisierungsprozesse in der Human-Resources-Branche aktuell stark an Bedeutung. Wer Mitarbeiter einstellt, sollte sich künftig stärker auf den Menschen selbst konzentrieren und den Aufwand für administrative Personalaufgaben verringern.

Mit KI rekrutieren Unternehmen schneller und präziser

Experten sind sich einig, dass Deutschland noch viele Jahre von einem Fachkräftemangel geprägt sein wird. Doch Fakt ist auch: Wer neue Technologien nutzt, wird einen deutlichen Wettbewerbsvorteil haben. Im Recruiting werden intelligente Technologien helfen, Nachwuchskräfte noch präziser auszuwählen. Bereits jetzt nutzen Unternehmen „Intelligentes Matching“, um zielgerichtet neue Mitarbeiter einzustellen. Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird Künstliche Intelligenz eine tragende Rolle im Personalwesen einnehmen. Wie fortschrittlich KI-Technologie bereits ist, zeigt Googles Bilderkennungssoftware oder auch Amazons Alexa: Künstliche Intelligenz funktioniert wie ein Gehirn. Fehler werden korrigiert und die Software verbessert sich durch sogenanntes „Deep-Learning“. Und das ist erst der Anfang. Allein letztes Jahr wurden weltweit bereits mehrere Milliarden Dollar in KI-Start-ups investiert .

Nicht nur Arbeitgeber, auch Arbeitnehmer und besonders die Generation Y/Z profitieren von mehr Software und Automatisierung. Mit KI-Technologie verbessert sich künftig beispielsweise auch das „Kandidaten-Matching“. KI-Software kann hierbei leisten, was der Mensch nicht kann: Die Auswertung zahlreicher Informationen über Persönlichkeit und Fähigkeiten von Kandidaten gemessen mit ihrem Erfolg im Unternehmen. So könnte eine Datenauswertung zum Beispiel zeigen, welche konkreten „Job Skills“ ein Mitarbeiter braucht, um im Unternehmen erfolgreich zu sein. Langfristig werden Unternehmen anhand von wiederkehrenden Mustern und Profilen auch feststellen können, ob ein Kandidat beispielsweise länger als zwei Jahre beim Unternehmen bleibt oder nicht. Und die Software wird mathematische Empfehlungen geben, etwa wie gut ein Bewerber zu einem Unternehmen passt.

Die Nutzung von intelligenten Chatbots kann außerdem helfen, allgemeine Fragen über die Firma, den Job oder das Bewerbungsportal bereits vor der persönlichen Kontaktaufnahme zu kläre. Der administrative Aufwand verringert sich und Personalabteilungen können sich stärker auf die Kandidaten und strategische Aufgaben fokussieren. Das in Kalifornien ansässige Start-up Textrecruit hat bereits ein automatisiertes Recruiter-Interface, das für die Vorauswahl und als automatisierter Livechat-Bot genutzt wird. Dass ein intelligenter Chatbot in Zukunft Interviews führen kann, ist aus technischer Perspektive denkbar.

Die Zukunft der Arbeit wird menschlicher

Technologie ermöglicht Freiheit und Individualität. Das betrifft nicht nur Bereiche wie Reisen und Unterhaltung sondern vor allem auch unsere Arbeitswelt. Die düstere Aussicht von wegrationalisierten Jobs und menschenfeindlicher Automatisierung ist zu einseitig. Der voranschreitende Digitalisierungsprozess ermöglicht die Förderung menschlicher Eigenschaften wie Kreativität, lösungsorientiertes Denken und Empathie. Und das sind genau die Fähigkeiten, die etwa Künstliche Intelligenz genau nicht leisten kann. Dank Technologie wird die Zukunft der Arbeit also menschlicher und das ist gut so. Schließlich wurde die Arbeit für den Menschen geschaffen und nicht umgekehrt.

Zenjob-Chef Fritz Trott

Fritz Trott ist Gründer und CEO von Zenjob. Das Start-up versorgt Großkunden im Handel und Einzelhandel kurzfristig mit studentischem Personal in Berlin, Hamburg und Köln. Mehr als 5000 Studenten nutzen die App, um neben dem Studium Geld zu verdienen. Das Berliner Unternehmen wurde 2015 gegründet und beschäftigt aktuell 150 Mitarbeiter.

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