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Business as usual Warum unbequeme Mitarbeiter wertvoll sind

Mitarbeiter, die kritische Fragen stellen, können wertvoll für ein Unternehmen sein
Mitarbeiter, die kritische Fragen stellen, können wertvoll für ein Unternehmen sein
© Getty Images
Anne Weitzdörfer rät Firmenchefs: Fördern Sie unbequeme Mitarbeiter, denn sie bleiben bei ihren Überzeugungen, auch wenn es mal nicht opportun ist. Es hilft dem Unternehmensklima

„Beeindruckend, wie du deinen Weg gegangen bist!“ Bewundernde Kommentare wie diesen hörte Klaus regelmäßig von Freunden und Kollegen: „Du kannst wirklich stolz auf dich sein.“

Klaus war Ende 40 und leitete die strategische Planung eines namhaften deutschen Industrieunternehmens. Seine Karriere war so stringent wie solide verlaufen: Nach einer Banklehre studierte er BWL, ging dann in die Industrie und startete durch im Controlling eines Konzerns. Immer der Sache verpflichtet und gewissenhaft. Geschätzt für seine Gradlinigkeit und Loyalität. Dass die Zweifel, die Fragezeichen mit jedem Karriereschritt größer wurden, verbarg er ganz selbstverständlich.

Klaus wollte bleiben. Und es hätte alle Möglichkeiten gegeben, in diesem Unternehmen alt zu werden. Wären da nicht zwei Dinge gewesen, mit denen Klaus nicht klarkommt und die mit jedem Jahr einen größeren Teil seines Alltags ausmachten: Macht und Willkür. Es ging immer nur um vermeintliche Kleinigkeiten, aber sie nagten an Klaus. Entscheidungen, die ausgesessen wurden, bis der neue Vorstand da war. Notwendige Innovationen, die nicht vorangetrieben wurden, weil es keine Mehrheit dafür gab. Beförderungen, die nichts mit fachlicher Kompetenz zu tun hatten, aber politische Vorteile brachten.

In den ersten Jahren kämpfte Klaus noch. Für seine Überzeugungen. Für das, was er sachlich für richtig hielt. Geschätzt hat man ihn dafür immer. Befördert auch. Trotzdem war da irgendwann das Gefühl, dass er diesen ständigen Kampf nicht mehr kämpfen wollte. Bis sich Klaus, wie er sagt, „nahezu kraftlos auf den Anruf eines Headhunters einließ“. Es folgten zwei Gespräche mit dem geschäftsführenden Gesellschafter eines mittelständischen Unternehmens, dann sorgfältiges Abwägen – und schließlich die Entscheidung, mit den letzten knapp 20 Jahren abzuschließen und zu wechseln . Weil es sich „echt angefühlt“ und „menschlich gepasst“ hat, sagt Klaus.

Gut fürs Unternehmensklima

Für ihn freut es mich sehr. Er ist glücklich im neuen Job und hat die Entscheidung nicht bereut.

Sie wissen so gut wie ich, dass Klaus kein Einzelfall ist. Dabei sind Menschen wie er wichtig für ein gesundes und nachhaltiges Ökosystem in den Führungsetagen großer Konzerne. Und obendrein ein Vorbild für junge Nachwuchskräfte. Weil sie bereit sind, für ihre Überzeugungen einzustehen, weil sie auch die dafür notwendigen Auseinandersetzungen nicht scheuen – im Sinne der Sache und im Interesse des Unternehmens.

Falls Sie also zu den Entscheidern in Ihrem Betrieb gehören, sollten Sie sich ab und zu fragen, auf welchen unbequemen Mitarbeiter es aufzupassen gilt. Führen Sie mal ein Gespräch unter vier Augen, fragen Sie, wie es so geht, hören Sie zu – ganz ohne Agenda. Sie könnten damit einen wichtigen Beitrag für ein langfristig gesundes Unternehmensklima leisten.

Anne Weitzdörferbegleitet als Beraterin und Coach seit vielen Jahren Unternehmen und Führungskräfte. Hier schreibt sie jeden Monat über Themen aus der Berufswelt. Hier finden Sie weitere Folgen von Business as usual

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