Die Reparatur ihrer kriselnden Hauptmarke mit dem Kranich-Logo wird die Lufthansa einige Jahre beschäftigen. Das Turnaround-Programm von Lufthansa Airlines soll bis 2028 eine Verbesserung des Betriebsergebnisses von brutto 2,5 Mrd. Euro bringen, wie die Lufthansa am Dienstag ankündigte. Im dritten Quartal wie auch im Gesamtjahr belastet die Airline wegen hoher Kosten die gesamte Gruppe, während die kleineren Schwestern Eurowings oder Austrian Airlines dank eines Booms bei Urlaubsreisen von Juli bis September Rekordzahlen einflogen. „Die Lufthansa-Gruppe ist wirtschaftlich in Summe auf Erfolgskurs, aber bei der Kernmarke Lufthansa fordern uns externe und, um ehrlich zu sein, auch interne Faktoren doch stark heraus“, sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr.
Im dritten Quartal sank der bereinigte Betriebsgewinn des MDax-Konzerns wie von Analysten erwartet um neun Prozent auf 1,3 Mrd. Euro. Und das, obwohl der Umsatz um fünf Prozent auf 10,7 Mrd. Euro trotz niedrigerer Ticketpreise stieg und damit einen Rekord auf Quartalsebene markierte. An der Börse büßten die Lufthansa-Aktien rund drei Prozent ein.
Rezession erwischt auch Lufthansa
Bei der größten Airline, auf die 40 Prozent des Umsatzes entfallen, ballen sich die Probleme: Fehlende neue Flugzeuge von Boeing und Triebwerksmängel bei Airbus-Maschinen führen zu steigenden Wartungs- und Kerosinkosten. Spohr erklärte, das allein bedeute einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag Ergebniseinbuße in diesem Jahr. Das Personal wird aufgrund von hoher Fluktuation und Schulungsbedarf nicht effizient genug eingesetzt. Personalkosten steigen – einmalig durch etwa eine halbe Milliarde Euro an Streikkosten im Frühjahr und durch die Tariferhöhungen. Die Lufthansa selbst und operative Probleme des Airports am Drehkreuz München waren für Flugverspätungen und -ausfälle verantwortlich – im dritten Quartal schlugen gut 240 Mio. Euro Kosten wie Kundenentschädigungen zu Buche.
So sackte der operative Gewinn der Lufthansa Airlines im saisonal profitabelsten Sommerquartal um gut ein Drittel ab. Im Jahresverlauf macht sie bisher 20 Mio. Euro Verlust nach mehr als 800 Mio. Euro Gewinn im vergangenen Jahr. Das Airline-Management warnte bereits, auch das Gesamtjahr werde ein Defizit aufweisen. Getroffen wird die bisher stark von Geschäftsreisenden genutzte Lufthansa außerdem vom „Sonderthema Deutschland“, wie Spohr erklärte. „Die deutsche Wirtschaft ist in der Rezession.“ Mit einem Umsatzanteil von immer noch einem Viertel sei auch die Lufthansa-Gruppe abhängig von der Konjunktur in Deutschland. „Gerade von Geschäftsreisenden spüren wir die Depression, in der sich die deutsche Wirtschaft befindet.“ Weltweit und schon gar nicht in Deutschland werde die Nachfrage von Geschäftskunden je das Niveau von 2019 wieder erreichen, dem Jahr vor der Coronapandemie. Lufthansa wolle daher unabhängiger vom Heimatmarkt werden.
Investitionskraft stärken
Das Turnaround-Programm, mit dem das Flaggschiff wieder flottgemacht werden soll, setzt an vielen Punkten an. Die angepeilte Ertragsverbesserung soll zu zwei Dritteln durch Kostensenkungen und zu einem Drittel durch mehr Umsatz erzielt werden. Bei den Einsparungen spielt der neu gegründete Flugbetrieb City Airlines eine wichtige Rolle. Mit Zugeständnissen des Personals sollen Zubringerflüge zu den Lufthansa-Drehkreuzen Frankfurt und München billiger werden als bei der bislang eingesetzten Cityline. Die Gewerkschaften Ufo für die Flugbegleiter und Vereinigung Cockpit für die Piloten wehren sich gegen schlechtere Konditionen.
Mehr Umsatz will die Lufthansa durch eine Modernisierung der Kabinenausstattung erreichen. Das Programm Allegris bringt bequemere Sitze für alle und mehr exklusiven Komfort in First und Business Class. Das alles verschlingt Milliarden an Investitionen. Die Rundumerneuerung der Lufthansa wird dem neuen Finanzchef Till Streichert zufolge neben der größten Flottenmodernisierung der Geschichte dazu beitragen, die Investitionskraft des Unternehmens aufrechtzuerhalten. Zum Beweis, wie gut es der Lufthansa an sich noch geht, gab die Wartungstochter Lufthansa Technik bekannt, in den kommenden Jahren deutlich mehr als 1 Mrd. Euro zu investieren.