Die Superreichen Italiens verlieren schneller an Boden als Milliardäre weltweit. Das US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“ stellte in seinem 2020er-Ranking der reichsten Menschen fest: Jeder zweite Milliardär ist im Vergleich zum Vorjahr „ärmer“ geworden. In den Top 10 für Italien fiel der Anteil höher aus. Hier waren mehr als zwei von drei Superreiche vom Vermögensverlust betroffen. Stichtag der Rangliste war der 18. März 2020. Erste Auswirkungen der Corona-Krise habe sich da bereits bemerkbar gemacht.
Italien zählte laut „Forbes“ zuletzt 36 Milliardäre. Damit lag es auf dem Niveau Frankreichs. Das kam mit rund zehn Prozent mehr Einwohnern auf 39 Milliardäre. Beim Gesamtvermögen aber war Italien mit seinen 125,6 Mrd. US-Dollar weit abgeschlagen. Frankreich kam auf insgesamt 304,4 Mrd. Dollar. Für den reichsten Italiener würde es in Frankreich lediglich für Platz vier reichen, hinter Bernard Arnault, Françoise Bettencourt Meyers und François Pinault, aber vor den Chanel-Besitzern Alain und Gérard Wertheimer.
So reich sind Italiens Milliardäre
Besser schneiden die italienischen Superreichen im europäischen Vergleich mit Deutschland ab. Hier würde der Spitzenreiter Platz zwei belegen. Alle 36 Milliardäre Italiens können mit ihrem Gesamtvermögen aber nur knapp den reichsten Mann der Welt, Jeff Bezos (113 Milliarden Dollar), hinter sich lassen. Außerdem fällt auf: Der Altersdurchschnitt in Italien ist extrem hoch. Dies sind die reichsten Italiener:
Top 10 der reichsten Italiener
Piero Ferrari und Giuseppe De'Longhi teilen sich Platz zehn der Reichenliste für Italien. „Forbes“ schätzte ihr Vermögen auf jeweils 3,0 Mrd. Dollar. Das bedeutete im weltweiten Ranking Platz 680. Ferrari konnte seinen Reichtum von 2,7 Mrd. Dollar im März 2019 um rund zehn Prozent steigern. Der Sohn von Ferrari-Gründer Enzo ist Vizepräsident des Autobauers, an dem er zehn Prozent hält. Er wurde nach dem Tod seines Stiefbruders Alfredo 1956 Alleinerbe der Luxusmarke. Ferrari war zur Veröffentlichung der „Forbes“-Liste 75 Jahre alt.
Auch das Vermögen von Giuseppe De'Longhi und seiner Familie wird auf 3 Mrd. Dollar geschätzt. Es ist den Analysten zufolge um 800 Mio. Dollar geschrumpft. Der 81-Jährige ist Vorstandsvorsitzender des 1902 gegründeten Haushaltsgeräteherstellers, der für seine Kaffeemaschinen bekannt ist. 2001 übernahm der Konzern die britische Marke Kenwood.
„Forbes“ führt die Brüder Paolo & Gianfelice Mario Rocca gemeinsam auf Platz 616 der reichsten Menschen der Welt. Ihr Vermögen summierte sich demnach auf 3,2 Mrd. Dollar. 2019 waren es noch 4,1 Milliarden gewesen. Die Geschwister führen den argentinischen Mischkonzern Techint, der von ihrem Großvater gegründet worden war. Techint erzielt mit den Bereichen Stahl, Mineralöl und Gesundheit einen Jahresumsatz von 23 Mrd. Dollar, wie „Forbes“ berichtete. Roccas Bruder Agostino war 2001 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen.
Auf Platz sieben findet sich ebenfalls ein Brüderpaar. Augusto und Giorgio Perfetti sind die Eigentümer des Süßwarenherstellers Perfetti Van Melle. Zu dem Konzern gehören die Marken Mentos und Chupa Chups. Die Brüder leben in der Schweiz und haben sich aus dem Alltagsgeschäft ihres Unternehmens zurückgezogen, wie „Forbes“ berichtete. Ihr Vermögen schrumpfte um rund ein Drittel von 6,5 auf 4,1 Mrd. Dollar.
Silvio Berlusconi hat binnen eines Jahres 1 Mrd. Dollar eingebüßt. „Forbes“ schätzte sein Vermögen zum Stichtag 18. März 2020 auf 5,3 Mrd. Dollar. 2014 waren es noch 9 Mrd. Dollar gewesen. Der skandalumwitterte Geschäftsmann hat in den 70er-Jahren seine Mediengruppe Fininvest aufgebaut. 1994 wurde er erstmals zum Premierminister Italiens gewählt. Aktuell sitzt der wegen Bestechung und Steuerbetrug verurteilte 83-Jährige im Europäischen Parlament.
Giorgio Armani ist nicht nur einer der einflussreichsten Modeschöpfer des 20. Jahrhunderts. Der Designer ist im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen ein erfolgreicher Geschäftsmann. Er ist auch mit 85 Jahren Herr seines Modeimperiums und hat Kaufofferten von Luxuskonglomeraten widerstanden. Armani blieb aber ebenfalls nicht von der weltweiten Milliardärskrise verschont. Sein Vermögen verringerte sich laut „Forbes“ binnen eines Jahres von 8,5 auf 5,4 Mrd. Dollar. 2014 hatte Armani knapp den Sprung über die zehn-Milliarden-Marke verpasst. Seine Kollegin Miuccia Prada belegt übrigens auf der aktuellen Liste der reichsten Italiener Platz 14 mit 2,2 Mrd. Dollar (600 Mio. Dollar mehr als im Vorjahr).
2014 starb Alberto Aleotti. Er hinterließ seiner Frau Massimiliana und seinen drei Kindern den Pharmakonzern Menarini, zu dem das deutsche Unternehmen Berlin Chemie gehört. Das Familienunternehmen wird seit 2011 von Tochter Lucia geleitet. Ihr Bruder Alberto ist Vizepräsident des Konzerns, der jährlich mehr als vier Milliarden Dollar Umsatz erzielt. Das Familienvermögen wurde von „Forbes“ auf 6,6 Mrd. Dollar geschätzt. 2019 hatte es sich auf 7,4 Mrd, Dollar summiert. 2015 waren es 10,4 Mrd. Dollar.
Stefano Pessina ist der erste Italiener mit einem zweistelligen Milliardenvermögen – noch. Es verringerte sich binnen eines Jahres von 12,4 auf 10,2 Mrd. Dollar. Der 79-Jährige mit Wohnsitz in Monte Carlo ist CEO der weltweit größten Drogeriekette Walgreens Boots Alliance. Pessina ist gelernter Nukleartechniker.
2018 konnten Leonardo Del Vecchio und Familie noch 21,2 Mrd. Dollar ihr eigen nennen. 2019 waren es 19,8 Milliarden, nun 16,1 Mrd. Dollar. Del Vecchios Mutter musste ihren siebenjährigen Sohn nach dem Tod ihres Ehemannes in ein Waisenhaus schicken, weil das Geld für die Ernährung ihrer fünf Kinder nicht reichte, wie „Forbes“ berichtete. Del Vecchio arbeitete demnach als 14-Jähriger in einer Brillenfabrik und gründete elf Jahre später, 1961, den heute weltgrößten Brillenhersteller Luxottica. Zu dem Konzern gehören die Marken Ray-Ban, Oakley und Sunglass Hut. Luxottica produziert zudem Brillen für Chanel und Bulgari. Der Firmengründer war bei der Veröffentlichung der Rangliste 85 Jahre alt.
Naschen ist krisensicher. Giovanni Ferrero hat den Abstand auf die übrigen Superreichen Italiens ausgebaut. Der Chef des Süßwarenherstellers Ferrero steigerte sein Vermögen laut „Forbes“ von 22,4 auf 24,5 Mrd. Dollar. Aushängeschild des Ferrero-Imperiums ist die Marke Nutella. Der Brotaufstrich wurde von Ferreros Großvater, dem Konditor Pietro Ferrero, erfunden. Zum Konzern gehören zudem Kinder Schokolade und Tic Tac. Der heute 55-Jährige hat sich 2017 vom CEO-Posten zurückgezogen, um sich auf die strategische Ausrichtung des Konzerns zu konzentrieren. Er ist mit Abstand der jüngste der italienischen Superreichen (Familienmitglieder der Milliardäre ausgenommen) und der einzige Italiener, der es in der weltweiten „Forbes“-Liste in die Top 100 geschafft hat (Platz 62).