In den USA sind Museen und Nationalparks geschlossen, Staatsdiener im unbezahlten Sonderurlaub, und Unternehmen wie Boeing, Airbus oder United Technologies fahren ihre Produktion herunter, weil die nötigen staatlichen Inspektoren nicht mehr vorbei kommen. All dies wäre verständlich, wenn eine Typhus-Epidemie ausgebrochen wäre, die ausschließlich staatliche Angestellte trifft oder ein auf US-Beamte spezialisiertes Erdbeben deren Häuser zerstört hätte.
Erstaunlicherweise ist der Grund aber ein ganz anderer: Die Republikaner blockieren den zur Finanzierung der Behörden nötigen Haushalt, weil sie etwas gegen die Gesundheitsreform der regierenden Demokraten haben. Das eine hat mit dem anderen schlicht gar nichts zu tun, es handelt sich also um einen Akt der Erpressung.
Im Alltag ist Erpressung verboten, in der Politik und in der Wirtschaft aber ein absolut gängiges Stilmittel. Und übrigens oft auch ein sehr erfolgreiches. In dieser Woche wurde gleich eine ganze Reihe von Erpressern weltweit aktiv.
Da sind zunächst erinmal die potenziellen Berliner Koalitionäre, von denen allerdings noch nicht so ganz klar ist, wer hier eigentlich wen erpresst. Angela Merkel die SPD (mit der Drohung von Neuwahlen), die SPD Merkel (mit dem Rückzug in die Schmollecke) oder CSU-Chef Horst Seehofer alle anderen (mit der Drohung, Horst Seehofer zu sein). Das Problem ist hier, dass im Grunde keiner so genau weiß was er will, was für eine gelungene Erpressung eher hinderlich ist.
Abendessen mit dem Apple-Chef
Ein zielgerichteter Erpresser ist hingegen der US-Investor Carl Icahn, der den Apple-Konzern dazu zwingen will, seine Milliardenrücklagen zum Rückkauf von Aktien zu nutzen - was wiederum vermutlich den Kurs der von Icahn gehaltenen Papiere in die Höhe schießen lassen würde. Auf Twitter ließ Icahn verlauten, er habe ein "freundschaftliches Abendessen" mit Apple-Chef Tim Cook eingenommen, in dessen Verlauf er für sein Anliegen geworben habe. Das ganze ist verbunden mit der Ankündigung, den Dialog in drei Wochen fortzusetzen, was ungefähr so klingt wie das berühmte Angebot, das sich nicht ablehnen lässt.
Die Begehrlichkeit Icahns dürfte noch dadurch angeheizt worden sein, dass Apple unter der Woche zur wertvollsten Marke der Welt aufgestiegen war, knapp gefolgt übrigens vom Suchmaschinen-Konzern Google, der vereint mit den Iphone-Bauern den Dauer-Spitzenreiter Coca-Cola vom Thron gestoßen hatte. Auch Google sieht sich derzeit einem Akt der Erpressung ausgesetzt. Akteur ist hier EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia, der das Unternehmen in einem Kartellverfahren dazu zwingen will, mit seinen Suchergebnissen keine Wettbewerber mehr zu benachteiligen. Google scheint sich jetzt zu beugen, was verständlich ist: Sollte es zu keiner Einigung kommen, müsste man eine Strafe von bis zu vier Milliarden Dollar bezahlen. Eine durchaus beeindruckende Drohung.
Natürlich ist das Verfahren der Erpressung nicht immer erfolgreich. Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi, der die Rollen von Monarch, Schatzmeister und Hofnarr in einer Person vereint, ist mit seinem Modell erstaunlicherweise gescheitert. Der Plan war, die Regierung zu Fall zu bringen, um einem Ausschluss aus dem Senat zu entgehen, der ihn seiner Immunität vor Strafverfolgung beraubt hätte. Doch auf einmal machten die eigenen Leute nicht mehr mit, weshalb Berlusconi schließlich klein beigeben musste.
Die Lehre daraus: Erpressung kann ein sehr probates Mittel sein. Man sollte allerdings darauf achten, dass der Einfluss dafür ausreicht. Sonst wird man rasch vom Erpresser zum Erpressten.
Foto: © Getty Images
Folgen Sie Capital auf Twitter: @capitalMagazin