Besinnlichkeit, aber bitte nur wohl dosiert – das galt für den Weihnachtsbrief, den ich seit fast zwei Jahrzehnten im Dezember an meine Mitarbeiter geschrieben habe. Denn normalerweise umfasste mein Brief gerade mal eine knappe Seite. Denn normalerweise bin ich eher der nüchterne norddeutsche Typ. Doch was heißt im Moment schon normal?
In diesem Jahr ist mein Weihnachtsbrief also etwas länger geworden. Weil ich mehr Platz brauchte, um meiner Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen. „Dankbarkeit?“ Vielleicht haben auch Sie gerade kurz gestutzt und gedacht: „Wofür ist er gerade als Unternehmer in diesem $XY!?&! Corona-Jahr dankbar?“
Ich erzähle Ihnen, was das ist – und warum es mein Unternehmen für die Zukunft noch beflügeln wird. Dann können Sie mich vielleicht besser verstehen – und möglicherweise auch selbst anders auf dieses Jahr blicken.
Lassen Sie sich das nicht nehmen!
Ich finde, dass in den vergangenen Wochen eine Stimmung entstanden ist (um nicht zu sagen: gemacht worden ist), als ob die besinnliche Zeit um Weihnachten herum Corona-bedingt gestrichen sei.

Aber gerade wir als Unternehmer sollten uns diese Zeit der Besinnlichkeit nicht nehmen lassen. Wir brauchen sie dringend, denn Corona gibt uns eine einmalige Gelegenheit – in doppelter Hinsicht. Auf der einen Seite macht Corona schonungslos sichtbar, was schon vor Corona im Argen lag. Krise sei Dank – wie Sie schon in meiner letzten Kolumne lesen konnten.
Corona macht auf der anderen Seite aber auch sichtbar, was schon vorher so richtig Wow! war. Das ist Unternehmern tatsächlich oft weniger bewusst als das, was schlecht läuft.
Der Gegenstand meines Wow!-Effekts in diesem besonderen Jahr waren – meine Mitarbeiter. Nie ist mir klarer geworden, wie wichtig sie für mein Unternehmen sind und wie sehr ich mich auf sie verlassen kann. Und ich bin mir sicher, dass das bei vielen anderen mittelständischen Unternehmern auch so ist – auch wenn sie es mangels besinnlicher Zeit nicht wahrnehmen.
Wow – ihr seid echt stark!
Ich finde es jedenfalls bemerkenswert und stark, wie meine Mitarbeiter die Krise gerockt haben. Wie sie mit den ganzen Problemen, den Einschränkungen, den Unsicherheiten, den Ängsten umgegangen sind und immer noch umgehen. Mit Kurzarbeit, mit Homeoffice. Und Homeschooling klingt so easy. Aber wenn Sie selbst Kinder haben, wissen Sie: Holla, die Waldfee!
Meine Mitarbeiter tauschen nicht nur Geld gegen Arbeitszeit, sondern sie identifizieren sich mit dem Betrieb. Sie sind besorgt um den Fortbestand der Firma, sie setzen sich ein, weil ihnen die Zukunft des Unternehmens am Herzen liegt, weil sie sich für die Kunden interessieren.
Liebe Mitarbeiter: Ihr seid so stark! Ihr seid meine besten Verbündeten in dieser Zeit! Und eine große Belohnung!
Der schönste Lohn!
Dieser Zusammenhalt im Betrieb ist für mich so ziemlich der schönste Unternehmerlohn, den ich mir vorstellen kann. Dafür fühle ich große Dankbarkeit.
Offensichtlich liegt das auch an unserem Arbeitsumfeld, in dem nicht nur das Ergebnis, sondern auch das Erlebnis zählt. Meine Mitarbeiter wollen nicht nur Arbeit nehmen, sondern auch Herzblut und Kreativität geben. Sie füllen die Managerrollen und die Fachkraftrollen erfolgreich aus, so dass ich mich auf meine Unternehmerrolle konzentrieren kann. Wir sind miteinander und aneinander gewachsen: Corona hat gezeigt, welche Haltung meine Mitarbeiter einnehmen. Und das ist nicht die Opferhaltung.
Das lässt mich optimistischen Menschen noch optimistischer in die Zukunft blicken: Denn an den Umständen, an der Krise, an Corona, können wir nichts ändern – den Unterschied macht die Haltung. Sie gibt uns die Macht und die Fähigkeit, das Beste aus jeder Situation zu machen. Sie wird den Erfolg meines Unternehmens auch in Zukunft beflügeln.
Beflügelt ins neue Jahr
Ja, 2020 war in vielerlei Hinsicht ein Sch…jahr. Anstrengend. An die Nieren gehend. Und leider auch schmerzhaft. Aber da ich es mir durch Corona nicht nehmen lasse, mich auf das Positive zu besinnen, fühle ich mich als Unternehmer an diesem Weihnachtsfest reich beschenkt. Und gehe frohen Mutes ins neue Jahr.
Und nicht nur meine Mitarbeiter machen mich froh: Auch unsere Kunden halten zu uns. Als Partner auch in Corona. Sie ließen uns ihr redliches Interesse spüren, gemeinsam die Möglichkeiten für die Gegenwart und Zukunft zu suchen.
Der Zusammenhalt, den ich in diesem Jahr spürte, ist für mich das, was ein lebenswertes Leben in Gemeinschaft möglich macht. Wenn wir diesen Zusammenhalt wirklich wollen und pflegen, dann werden wir die Krise nicht nur überstehen, sondern für uns nutzen können. In diesem Sinne freue ich mich auf die Zukunft. Und dass ich das kann, ist: Wow! Können Sie jetzt verstehen, warum ich so dankbar bin?
Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall ein frohes Fest, frohes Schaffen und ein gutes neues Jahr! Ihr Timo Kaapke
Timo Kaapkeist Unternehmer, Taucher, Autor, Keynotespeaker und deutschlandweit gefragter Sparringspartner für Mittelständler. In seinem Buch „Frohes schaffen: Wie ich herausfand, was ein Unternehmer wirklich ist“ nimmt er Unternehmer mit auf einen Deep Dive in eine Arbeitswelt, in der „Frohes schaffen“ kein Widerspruch in sich ist. In seinem neuen Buch „Krise sei Dank“ zeigt er, wie wichtig es ist, dass gerade die mittelständischen Unternehmer die Corona-Krise als Chance begreifen.