Gastbeitrag Achtsamkeit to go

Achtsamkeit kann man auch im Büro mit ein paar Übungen trainieren
Achtsamkeit kann man auch im Büro mit ein paar Übungen trainieren
© dpa
Der Alltagstrott verleitet dazu seine täglichen Abläufen reflexartig und intuitiv passieren zu lassen. Versuchen Sie ihre Umgebung wieder bewusster wahrzunehmen! Lena Wittneben erklärt, wie man die eigene Achtsamkeit schärft

Achtsamkeit im Handumdrehen, ein Widerspruch in sich? Mal eben zur „soulfood“ Bowl in der Mittagspause ein bisschen „mindfulness“ zum Mitnehmen tanken, um maximal entspannt in den Verhandlungsmarathon am Nachmittag zu starten?

Wie bekommen wir auch ohne Kurse, Ratgeber Literatur oder Apps die „Achtsamkeit“ in unseren (Arbeits-)Alltag ohne diese zu einer Modevokabel mit Glückskeksweisheit oder Instagram Zitat zu reduzieren?

Achtsamkeit Trainings sind bereits auch in den Teppichetagen großer Konzerne angekommen und die Erkenntnis, dass das Schulen des „im Moment zu sein“ die beste Stress und Burn-out Prophylaxe ist und zur Emotionsregulation beiträgt.

Der österreichische Neurologe und Psychiater Viktor Emil Frankl bezeichnete „Achtsamkeit“ als einen Raum zwischen Reiz und Reaktion, in dem wir die Freiheit und Macht haben, unsere Reaktion zu wählen. In unserer Reaktion liegt unsere Freiheit und Wachstum.

Wie kriegen wir nun die bewusste Aufmerksamkeit für den „Raum“ in die Praxis?

#1 Im Gespräch – Fokus und Flugmodus

Der größte Achtsamkeit-Killer im menschlichen Miteinander: das Smartphone.

Eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit bei der Unterhaltung mit dem Kollegen nicht noch die eintreffende Nachricht auf dem Display zu überfliegen.

Wenn Sie nicht einen kriegsentscheidenden Anruf erwarten: Nehmen Sie Ihr Telefon vom Tisch. Selbst ein der Tischplatte zugewandtes Display zieht die Aufmerksamkeit vom Gegenüber ab.

Nur wenn wir uns mit einem offenen Blick in die Augen und auf die Worte unseres Gesprächspartners einlassen und den eigenen Sätzen die notwendige Aufmerksamkeit zukommen lassen, führen wir achtsame Gespräche. Voller Fokus führt zu mehr Verständnis und Tiefgang.

#2 In der Kantine – Sinnlichkeit auch auf dem Teller

Im Betriebsrestaurant das tägliche Tellergericht als Achtsamkeitstraining betrachten?

Schärfen Sie Ihre Sinne und konzentrieren Sie sich ganz bewusst und ausschließlich aufs Essen. Vermeiden Sie nebenher auf Bildschirme zu gucken oder in der Zeitung zu lesen.

Nehmen Sie Ihr Gericht mit allen Sinnen wahr: Wie sieht das Fleisch auf dem Teller aus? Nach was duftet die Soße? Wie gleitet der Pudding über die Zunge? Wie fühlt sich der krosse Pizzarand im Mund an und wie schmecken die Kräuter auf dem Salat? Selbst „fast food“ Mahlzeiten werden durch maximale sinnliche Wahrnehmung zu einem Achtsamkeits-Mahl. Netter Nebeneffekt: durch das bewusste Kauen nehmen Sie Ihr Sättigungsgefühl stärker wahr und sparen sich vielleicht den Griff in die Snack-Box am Nachmittag.

#3 Auf dem Bürostuhl – Atem und Erdung

Auch hinter dem Schreibtisch oder im Konferenzraum können wir mit bewusster Konzentration auf den Moment, unseren Körper und Atem die eigene Achtsamkeit schulen.

Nehmen Sie auf Ihrem Stuhl Platz und stellen Sie beide Füße hüftbreit auf dem Boden auf. Nehmen Sie die Rückseite Ihrer Oberschenkel auf der Sitzfläche wahr und spüren Sie durch die Kleidung Ihren Rücken an der Lehne des Stuhles. Schließen Sie Ihre Augen, heben Sie Ihr Brustbein leicht an und atmen Sie bewusst durch die Nase ein und durch den leicht geöffneten Mund wieder aus. Probieren Sie jeden Part Ihres Körper wahrzunehmen, der Kontakt zum Boden und Stuhl macht es leichter sich selbst zu spüren. Probieren Sie mehrmals täglich eine kurze Pause einzulegen und nur die Wahrnehmung für den eigenen Körper zu trainieren. Erfrischt und schenkt Präsenz.

#4 Im Kopf – raus aus dem Gedankenkarussell

Konflikte sind normal und gehören zum Alltag. Selbstzerstörerische Grübeleien über vergangene hitzig geführte Diskussionen mit „warum hab ich nicht“... sind jedoch wenig förderlich fürs eigene Wohlbefinden.

Durch Wahrnehmung unserer Gedanken können wir aktive Stressprophylaxe betreiben. Sobald wir mit voller Umdrehungszahl im Gedankenkarussell rotieren, ziehen wir die Notbremse, indem wir uns nur den unmittelbaren Moment vergegenwärtigen. Was sehen Sie, was hören Sie, was spüren Sie? Vielleicht hilft es Ihnen nach Krach mit dem Vorgesetzen kurz auf der Toilette zu verschwinden und kaltes Wasser über die Handgelenke fließen zu lassen. Nehmen Sie nur das Wasser wahr. Auf dem Rückweg ins Büro konzentrieren Sie sich bewusst wie Sie über den Flur die Füße abrollen. Öffnen Sie an Ihrem Arbeitsplatz das Fenster und nehmen nur die Geräusche von draußen war. Durch das Fokus Training des Moments haben sämtliche „bad vibes“ einmal Pause.

Probieren Sie es aus!

Lena Wittneben ist systemischer Coach, Speaker und Pausenkicker-Co-Gründerin aus Hamburg. Mehr Informationen unter: www.lena-wittneben.de

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