Im Sommer zu heiß, im Winter zu kalt – Bewohnerinnen und Bewohner alter Gebäude kennen das Phänomen. Eine Möglichkeit, die Wohnsituation zu verbessern, liegt in der energetischen Modernisierung. „Es gibt sehr viele Varianten, wie man ein Haus klimaneutral umbauen kann“, sagt Frank Hettler, Leiter von Zukunft Altbau, einem Informationsprogramm des Landes Baden-Württemberg. Wie tief Hausbesitzer in die Tasche greifen müssen, kommt immer auf das individuelle Gebäude an. Der Experte hat exklusiv für Capital.de nachgerechnet, wie viel es kosten würde, ein durchschnittliches Einfamilienhaus aus den 1970er-Jahren entsprechend zu sanieren.
Fenster und Haustür
Insbesondere bei alten, einfach verglasten Fenstern geht viel Energie nach außen verloren. Fenster sind wie die Haustür Teil der thermischen Gebäudehülle, daher ist es wichtig, dass hier möglichst wenig Wärmebrücken entstehen. Bei einer normalen Fassade mit 15 bis 20 einzelnen Fenstern rechnet Experte Hettler mit circa 20.000 Euro inklusive Haustür.
Dach
Wer das Dachgeschoss nur als Stauraum und nicht als Wohnraum nutzen möchte, kommt vergleichsweise günstig weg. Denn dann müssen Eigentümerinnen nur die oberste Geschossdecke dämmen. Hettler schätzt die Kosten auf 10.000 bis 12.000 Euro. Eigentümer, die ihr Dach komplett erneuern möchten, müssen tiefer in die Tasche greifen: 40.000 bis 80.000 Euro kostet die Sanierung je nach Dachkonstruktion für circa 100 Quadratmeter Dachfläche mit neuer Dämmung und Deckung.
Fassade
Eine gut gedämmte Fassade verhindert nicht nur Wärmeverlust im Winter, sondern sorgt auch für kühle Innentemperaturen im Sommer. Bei alten, schlecht gedämmten Fassaden raten Energieberater dazu, die Außenwände zu sanieren. Dafür können Eigentümerinnen auf verschiedene Optionen zurückgreifen, etwa einen Wärmedämmputz oder Wärmedämmverbundsysteme. Das sind aufeinander abgestimmte Baustoffe, die an der Außenwand des Hauses montiert werden, beispielsweise Styropor und eine Abschlussschicht aus Putz. Preis für die Sanierung mit Wärmedämmverbundsystem: ab 25.000 Euro.
Kellerdecke
Kriecht die Kälte von unten aus dem unbeheizten Keller ins Erdgeschoss, empfiehlt Hettler eine Kellerdeckendämmung. Die ist in der Regel nicht allzu aufwendig und kostet um die 10.000 Euro. Geschickte Heimwerkerinnen können die Decke ihres Kellers selbst dämmen und damit ihre Kosten deutlich senken.
Photovoltaik-Anlage
Wer eigenen grünen Strom nutzen möchte, kommt um eine Photovoltaik-Anlage nicht herum. Das lohnt sich besonders für Eigentümer, die mit einer Wärmepumpe heizen oder ein Elektroauto laden. Hettler rechnet für eine 8-kWp-Anlage inklusive Installation mit 12.000 bis 15.000 Euro.
Wärmepumpe
Soll es eine Wärmepumpe statt Gas- oder Ölheizung sein, müssen Hausbesitzerinnen zwischen einer Luftwärmepumpe und einer Erdwärmepumpe unterscheiden. Letztere ist teurer, weil Installateure in die Erde bohren müssen. Dafür arbeitet Erdwärme allerdings auch effizienter als die Luftwärme und lohnst sich bei einem hohen Heizbedarf. Kosten für eine Luftwärmepumpe: 30.000 bis 50.000 Euro. Für die Erdwärmepumpe kommen zusätzlich 15.000 bis 25.000 Euro Bohrungskosten hinzu.
Lüftung
Energetisch sanierte Gebäude sind beinahe luftdicht, um keine Energie zu verschwenden. Damit sich dadurch keine Feuchtigkeit in den Räumen staut und Schimmel entsteht, sollten die Bewohner regelmäßig für frische Luft sorgen. Energieberaterinnen raten bei modernen Energiesparhäusern jedoch vom klassischen Lüften mit geöffneten Fenstern ab, da sich das als ineffizient erwiesen hat. Bei geöffnetem Fenster geht viel Wärme verloren. Die Lösung: eine Lüftungsanlage, beispielsweise eine Push-Pull-Lüftung. Diese ermöglicht einen kontrollierten Luftaustausch, bei dem wenig Heizenergie verschwendet und sogar Wärme zurückgewonnen wird. Zwingend notwendig ist eine solche Lüftungsanlage allerdings nicht. Kosten: 5.000 bis 10.000 Euro.
Gesamtkosten
Unterm Strich stehen nach diesem Rechenbeispiel mindestens 117.000 Euro. Ob sich diese Ausgaben in voller Höhe lohnen, hängt immer vom Einzelfall ab. Ist ein Gebäude bereits relativ gut gedämmt und man möchte Geld sparen, sollten Besitzer eher über einen Heizungswechsel nachdenken als über eine optimale Fassadendämmung. Und: Mit zukünftig steigenden CO2-Preisen könnten sich die Sanierungskosten schneller amortisieren, als das aktuell der Fall ist. Erst diese Woche hat die Bundesregierung im Rahmen des Klima- und Transformationsfonds höhere CO2-Preise beschlossen. Heizen mit Öl und Gas wird damit teurer.
Wer das eigene Haus umbauen möchte, kann auf staatliche Mittel zurückgreifen. Der Bund sieht allein für den Heizungstausch 27 Milliarden Euro aus dem Klimafonds vor. Aktuell fördert der Staat die Wärmepumpe zu 30 Prozent. Zudem vergeben Förderbanken wie die KfW zinsgünstige Kredite für energetische Sanierungen. „Das hat auch etwas mit Werterhalt zu tun“, sagt Hettler. „Wenn ich nichts in die energetische Sanierung investiere, sinkt der Gebäudewert beständig.“ Eine gute Idee ist es in jedem Fall, sich Rat bei Expertinnen und Experten zu suchen.