Im ersten Quartal sind die Preise für Häuser und Wohnungen kräftig gesunken – damit geht der aktuelle Zyklus endgültig zu Ende. Langsam dürfte sich der Markt aber wieder stabilisieren
Bisher fiel der Abschwung am Immobilienmarkt noch nicht besonders groß aus, jedenfalls nicht, wenn man die Hauspreise auf Jahresbasis miteinander verglich. Denn der Rückgang zeigte sich bisher nur auf Quartalsebene. Spätestens mit den neuesten Zahlen zum ersten Quartal 2023 hat sich das geändert, jetzt ist klar: Die Preise fallen inzwischen auch im Vergleich zum Vorjahr deutlich.
Bundesweit schrumpften die Immobilienpreise im Schnitt um 6,8 Prozent. Häuser wurden in Städten rund zehn Prozent günstiger, in ländlichen Gebieten rund acht Prozent. Eigentumswohnungen sind jetzt überall rund sechs Prozent günstiger zu haben als vor einem Jahr. Das belegen die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts.
Freilich zeigt der Markt schon seit dem vergangenen Sommer Bremsspuren, seit die Notenbanken nämlich die Zinsen kräftig erhöhten. Seitdem haben sich die Zinsen für Immobilienkredite ungefähr vervierfacht und den Kauf damit zunehmend unerschwinglich gemacht. Das schreckte Käufer zunehmend ab, so belegen es inzwischen auch die Bundesbankzahlen zur Baufinanzierung von Privathaushalten: Sie brach regelrecht ein, das Volumen ist inzwischen nur noch halb so groß wie zuvor.
Es wird kaum noch neu finanziert
Schon im August 2022 bröselte das Kreditneugeschäft mit Immobilienkäufern regelrecht dahin. Vor der ersten Zinserhöhung lag das Neugeschäftsvolumen auf Monatsbasis bei rund 25,8 Mrd. Euro, aktuell sind es nur noch rund 13 Mrd. Euro. Im Klartext: Die Nachfrage von Käufern und Bauherren hat sich seitdem halbiert.
Natürlich hinterließ das bereits Spuren bei den Preisen. Doch weil die Hauspreise noch bis Sommer 2022 so stark anstiegen, zeigte sich der Preisrückgang zuerst nur auf Quartalsbasis. Verglichen mit den Vorjahreswerten zog der Immobilienmarkt dennoch leicht an. Damit ist es nun vorbei: Jetzt haben sich die Preise auch auf Jahresbasis reduziert, so weisen die neuen Daten es aus.
Interessant ist, dass die Rückgänge sowohl in den Metropolen als auch in den übrigen Großstädten und den ländlichen Gebieten etwa gleich stark ausfallen. Es ist also nicht so, als würden zuerst nur die weniger gefragten Wohnregionen verlieren und die Großstädte ihren Siegeszug weiter fortsetzen. Sondern der Preisverfall ist flächendeckend.
Und er fällt mit knapp sieben Prozent so groß aus wie seit dem Beginn der Zeitreihenaufzeichnung im Jahr 2000 nicht, teilte das Statistische Bundesamt mit – also so groß wie seit rund 20 Jahren nicht mehr. Das wiederum klingt zwar sehr gewaltig, ist aber keine große Kunst: Denn zu Beginn des Jahrtausends bewegte sich am Immobilienmarkt ohnehin wenig. Er erholte sich vom gerade abgelaufenen Immobilienboom der 1990er-Jahre. Zuvor waren im Zuge der Wiedervereinigung die Immobilienpreise rasant gestiegen. Und es gab daraufhin so schnell so viel Neubau, dass der Markt bald gesättigt war. Woraufhin der Hauspreiszyklus wieder an sein Ende gelangte. In den Folgejahren rund um das Jahr 2000 bewegten sich die Preise daher erst einmal nur seitwärts.
Lange wird die Flaute nicht anhalten
Und dann setzte ab dem Jahr 2010 der neue große Boom ein: Die Haus- und Wohnungspreise zogen deutlich wieder an, vor allem auch wegen der starken Zinssenkungen infolge der Weltfinanzkrise. Sie machten den Kauf von Immobilien attraktiv. Das begründete den großen Boom, der 2010 einsetzte und im Grunde bis 2022 hielt – bis der neue Zinserhöhungszyklus der Zentralbanken begann. Deshalb hat der Markt im Grunde seit 20 Jahren auch keinen nennenswerten Rückgang mehr erlebt.
Die Schrumpfung der Immobilienpreise auf Jahresbasis ist nun tatsächlich die erste Rückwärtsbewegung des Marktes und das Zeichen dafür, dass der Zyklus erst einmal sein Ende gefunden hat. Wie stark die Preise insgesamt noch sinken werden, vermögen Immobilienökonomen derzeit nicht zu prognostizieren. Eine leichte Erholung aber macht sich bereits bemerkbar.
Das Neugeschäft mit Baufinanzierungskrediten zog im März wieder leicht an und legte auf rund 15 Mrd. Euro zu. Im April fiel es zwar wieder etwas niedriger aus, doch monatliche Schwankungen sind normal. Üblicherweise gewöhnen sich Kaufwillige nach einer Weile an die höheren Zinsen, dann tätigen sie doch noch Käufe, die sie zuerst aufgeschoben haben. Von daher könnte es gut sein, dass die Nachfrage allmählich wieder zurückkehrt, zumal derzeit höhere Preisabschläge locken – gerade bei älteren Immobilien, denn Baujahre vor 1990 verzeichneten laut Statistik stärkere Preisrückgänge als neuere Baujahre.
Dazu kommt, dass zuletzt nicht nur der Kaufmarkt in Schockstarre ist, sondern erst recht der Neubau. Wegen der hohen Zinsen und Materialkosten haben etliche Bauträger und auch private Bauherren neue Projekte erst einmal zurückgestellt, selbst viele begonnene Baustellen liegen brach. Und in die Pipeline kommen auch immer weniger neue Vorhaben, das zeigt die Bauantragsstatistik: Die Zahl der Baugenehmigungen sank zuletzt um über 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Es wird rund 40 Prozent weniger Wohnfläche beantragt zurzeit.
Sollte dieser Zustand noch einen Weile anhalten, wird die Wohnungsknappheit in Zukunft noch größer werden. Bis 2022 veranschlagten Ökonomen die Lücke auf rund eine Million fehlender Wohnungen im Bundesgebiet. Inzwischen gehen sie bereits von rund 1,4 Millionen fehlenden Wohneinheiten aus. Besonders in den Metropolen und Ballungsräumen werden zu wenige Wohnungen errichtet, im Vergleich zum Zuzug neuer Bewohner. Und noch hält der Zuzug in die Städte und Stadtrandgebiete an.