Die Koalition hat sich auf einen Kompromiss zum sogenannten Heizungsgesetz geeinigt. Es gibt eine große Änderung: Gasheizungen dürfen bis 2028 weiter verbaut werden – aber nur unter bestimmten Bedingungen. Das sind die wichtigsten Punkte des Gesetzentwurfs
Zu guter Letzt passten alle wichtigen Punkte für das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) auf nur zwei DIN-A4-Seiten. Dabei sah es lange so aus, als könnten sich die Koalitionsparteien gar nicht einigen, besonders in der Frage des Heizungsverbots. Nun aber haben die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP ihre „Leitplanken“ für das GEG eingezogen, so nennen sie die Zusammenfassung der wichtigsten Punkte. Am Donnerstag soll der erneuerte Gesetzesentwurf in den Bundestag eingebracht werden, damit er möglichst noch vor der Sommerpause verabschiedet werden kann. Kleinere Änderungen im Gesetzgebungsverfahren wird es wohl noch geben.
Am 1. Januar 2024 soll die Novelle des GEG dann in Kraft treten – soweit so geplant. Die große Neuerung ist jedoch: Das angekündigte Gasheizungsverbot soll nicht flächendeckend ab 2024 gelten. Sondern es greift erst viel später und es wird zudem an einigen Stellen aufgeweicht. Den Hausbesitzern bleiben so längere Übergangsfristen.
Denn bevor den Hauseigentümern eine Umrüstpflicht auferlegt wird, müssen sich nun zuerst einmal die Städten und Gemeinden grundlegende Gedanken über die kommunale Wärmeversorgung machen – also um das Thema Fernwärme. Hier sind die wichtigsten Punkte, auf die sich die Parteien geeinigt haben:
#1 Wird es eine Pflicht zur Umrüstung von Heizungen geben?
Ja, Hausbesitzer müssen auf Heizungsanlagen umstellen, die zu mindestens 65 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist werden können. Aber nicht sofort ab 2024, so stellt das Leitplanken-Papier ausdrücklich fest. Denn bevor die Eigentümer in die Pflicht genommen werden, müssen zuerst die Kommunen ihre Hausaufgaben machen. Sie müssen Konzepte zur Wärmeversorgung erarbeiten und insbesondere eine Planung für Fernwärmenetze vorlegen. Großstädte sollen das bis 2026 erledigen, kleinere Städte haben dafür bis 2028 Zeit. Bis spätestens 2028 sollen dann überall bundeseinheitliche Konzepte vorliegen.
Die Bundesregierung will das Fernwärmeangebot in Deutschland massiv ausbauen. Das freut vor allem die Stadtwerke. Denn sie können ihre Kunden nahezu beliebig melken. Die Politik muss sie sehr schnell in die Schranken weisen und für Wettbewerb sorgen.
Der Hintergrund ist: Bietet eine Stadt einem Haushalt den Anschluss an ein zentrales Fernwärmenetz an, so ist das für die Hauseigentümer in der Regel günstiger als der Einbau einer eigenen Heizanlage, insbesondere einer Wärmepumpe. Wenn Immobilienbesitzer bis 2026 oder 2028 wissen, ob ein Fernwärmeanschluss für sie möglich ist, dann können sie sich hohe Umrüstkosten ersparen und auf eine neue eigene Heizanlage verzichten, wenn ihr Altgerät ersetzt werden muss.
Deshalb ist die kommunale Wärmenetzplanung nun die Priorität Nummer eins. Bis dahin gelten die neuen GEG-Regeln zum Heizungstausch für Hausbesitzer noch nicht, zumindest nicht in Bestandsbauten. Für Neubauten dagegen sehr wohl: Es muss eine klimafreundliche Heizung eingebaut werden – auch schon vor 2028.
#2 Ist es bald verboten, neue Gasheizungen einzubauen?
Jein, denn der Neueinbau von neuen Gasheizungen bleibt weiter erlaubt (auch nach 2024 und auch noch nach 2028, wenn kein Fernwärmeanschluss möglich ist). Aber: Das gilt nur, wenn die neue Gasheizung auf Wasserstoff umrüstbar ist. Eine H2-Ready-Anlage also ist auch ab 2024 erlaubt, einerseits wenn eine Fernwärmeplanung der Kommune vorliegt und sie einen Ausbau des Gasnetzes zum „klimaneutralen Gasnetz“ vorsieht, also eine Umrüstung der Gasversorgung auf Wasserstoff. Dann nämlich kann die eigene Heizung per Gasleitungsnetz mit Wasserstoff gespeist werden. Oder andererseits, wenn die Gasheizung zwar nicht per Leitung ans Netz geklemmt werden kann, aber eine eigene Wasserstoffversorgung hat, oder eine Biomasse-Versorgung. Zudem muss sie zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden können.
Für alle neuen Anlagen gilt übrigens diese 65-Prozent-Vorgabe. Zudem stellt das Koalitionspapier klar: Auch Holz- und Pellet-Öfen erfüllen diese 65-Prozent-Vorgabe vollumfänglich, sie können also weiterhin verbaut werden.
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Wenn kein Anschluss an ein vorhandene Gas- oder Wasserstoffnetzwerk möglich ist, dann sollen „angemessene Übergangsfristen“ gelten, innerhalb derer die Hausbesitzer – bei einer Havarie ihrer Heizungsanlage – auf ein klimafreundliches System umstellen müssen. Näher definiert werden die Übergangsfristen im Papier allerdings nicht. Das bedeutet aber auch: Niemand muss ab 2024 oder 2028 sofort seine Heizung austauschen, sondern sie muss erst erneuert werden, wenn sie ohnehin kaputt ist und auch nicht mehr repariert werden kann. Altgeräte dürfen weiterhin betrieben und auch repariert werden. Zudem soll es möglich sein, ausrangierte Altgeräte anderer Hausbesitzer vorübergehend zu mieten, bis eine Lösung für das eigene Haus vorliegt.
Beim Kauf einer neuen Anlage sieht das GEG aber eine Beratung vor: Die Hausbesitzer sollen auf die kommunale Wärmeplanung hingewiesen werden – und auf einen möglichen späteren Fernwärmeanschluss. Das soll auch Wärmepumpeninteressenten vor sehr hohen Ausgaben bewahren, die sie sich mit einem späteren Fernwärmeanschluss ersparen könnten. Und es soll Käufer von neuen Gaskesseln darüber aufklären, dass der Neukauf einer Gasheizung eventuell unwirtschaftlich ist, weil erstens die CO2-Preise weiter steigen. Und zweitens nicht sichergestellt ist, dass der Betrieb einer Gasheizung mit Wasserstoff eine wirtschaftlich und technisch geeignete Alternative ist. Der Hochlauf des Wasserstoffs im Gasnetz soll zwar bis 2045 gewährleistet sein, aber noch weiß niemand, ob alles funktioniert wie geplant.
#3 Was bedeutet das für Mieter und Vermieter?
Hier ist ein Spagat vonnöten: Zum einen sollen Vermieter dazu animiert werden, ihre Immobilien klimafreundlich umzurüsten. Zum anderen lohnt sich das für sie aber nur, wenn sie dadurch auch höhere Mieten erzielen können. Oder wenn die Umrüstung vom Staat enorm gefördert wird. Das Eckpunktepapier sieht Folgendes vor: Es soll üppigere Förderungen für Vermieter geben, denn sie selbst profitieren vom niedrigeren Energieverbrauch ja nicht, sondern nur die Bewohner des Hauses. Sie müssen aber hohe Summen in neue Geräte investieren. Wie hoch die neuen Förderungen ausfallen sollen, dazu nennt das Papier noch keine Details.
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Zudem soll es eine neue Modernisierungsumlage geben, das heißt, dass die Vermieter einen Teil der Umrüstkosten auf ihre Mieter umlegen dürfen. Hier befürchtete die SPD, dass die Mieter über Gebühr belastet werden könnten. Deswegen sieht das GEG-Papier vor, dass Mieter ebenfalls „davon profitieren“ sollen, wenn Vermieter eine Förderung für die neue Heizung in Anspruch nehmen. Das könnte entweder heißen: Es kann nur ein geringerer Teil der Kosten auf sie abgewälzt werden – oder es wird ein Teil der Fördergelder an sie weitergereicht. Näheres sagt das Papier hierzu nicht. Generell dürften die Mieter einen Vorteil von der Umrüstung haben, weil ihnen dadurch ein Teil der Nebenkosten erspart bleibt. Ihre Heiz- und Warmwasserkosten müssten sich verringern.
In diesem Punkt bleibt das Papier jedoch vage: Die Förderung für Vermieter muss hoch sein, damit für sie überhaupt ein Anreiz besteht, rasch in eine teure aber umweltschonende neue Technologie zu investieren. Zumal die Umrüstung bei Mehrfamilienhäusern extrem teuer werden kann. Wenn die neue Heizung jedoch gerade in Großstädten zu weiter steigenden Mieten führt, ist keinem Mieter geholfen. Das Ziel muss daher möglichst sein, die Rüstkosten auf die Kaltmieten aufzuschlagen – die in die Hände der Vermieter fließt –, aber eine Kostenneutralität bei den Warmmieten zu erreichen. Also keinen Gesamtanstieg bei den Mieten. Um Umbauanreize zu schaffen, könnte die Regierung hier auch noch über Steuererleichterungen nachdenken.
#4 Welche Fördermittel wird es künftig geben?
Üppigere, so klingt es zumindest: Die Regierung will die „Förderkulisse weiterentwickeln“. Unklar ist jedoch, wie das genau passieren soll. Derzeit sind die Zuschüsse besonders bei Wärmepumpen im Vergleich zu den Anschaffungspreisen nicht besonders üppig. Das Geld für die Fördertöpfe soll aus dem Klima- und Transformationsfonds der Bundesregierung kommen.
In erster Linie sollen „soziale Härten“ vermieden werden: Wenn also Geringverdiener ihre Immobilien mit teuren Wärmepumpen bestücken müssen, dann sollen sie dafür möglichst nicht mehr zahlen als für eine neue Gasheizung, so lautete bisher die Sprachregelung der Koalition. Oder es wird Ausnahmeregelungen für sie geben, damit sie alte Anlagen weiter betreiben können. Im Detail muss die Regierung solche Fälle aber noch definieren oder Extraprogramme dafür auflegen.
Ebenso soll es Ausnahmen für ältere Hausbesitzer geben, hier gäbe es noch Bedarf, das Gesetz nachzujustieren, sagt das Papier. Bisher war von einer Altersgrenze von 80 Jahren die Rede, so hieß es in den Vorsondierungen. Hausbesitzer über 80 Jahre würden also nicht mehr zum Heizungstausch verdonnert. Er ließe sich damit aufschieben, bis ein Neubesitzer die Immobilie erwirbt oder erbt. Man könnte sich auch eine Regelung vorstellen, bei der Kommunen die Fernwärmeanschlüsse für solche besonders prekären Fälle übernehmen. Doch das ist bisher reines Wunschdenken.
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Zuerst einmal müssen sich jetzt Städte und Gemeinden überlegen, mit welchen Mitteln sie ihre – teils kümmerlichen – Fernwärmenetze bis 2028 massiv ausbauen können, um die Wärmewende auch selbst zu beschleunigen. Und nicht alles den Immobilienbesitzern aufzubürden.
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