Kann der massenhafte Anschluss von Haushalten ans Fernwärmenetz die Wärmewende bringen? Wenn es nach Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Clara Geywitz (SPD) geht, soll die Heizart zumindest in naher Zukunft einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zum klimafreundlichen Heizen leisten.
Laut Geywitz könnten 100.000 Gebäude pro Jahr zusätzlich mit Fernwärme versorgt werden. Eigentümerinnen und Eigentümer müssten dann im Zweifel ihre vorhandene Öl- oder Gasheizung nicht durch eine klimafreundliche ersetzen, wenn diese kaputtgeht, sondern könnten einfach zur Fernwärme wechseln.
Verbraucherschützer allerdings warnen davor, dass der reine Ausbau der Technologie nicht ausreiche, sondern der Markt auch reguliert werden müsse. Fernwärme sei für Kunden nicht ohne und könne auch Nachteile bringen. So dürfe es zum Beispiel keinen Anschluss- und Benutzungszwang geben, forderte Deutschlands oberste Verbraucherschützerin Ramona Pop beim sogenannten Fernwärme-Gipfel mit den beiden zuständigen Ministern sowie Wirtschaftsverbänden.
Die Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) verwies darauf, dass es sich beim bisherigen Netz und den Anbietern um „unregulierte Monopole“ handele, „und das drückt sich in den Preisen an der ein oder anderen Stelle auch aus“, so Pop. Betreiber könnten Preise derzeit einfach vorgeben, ohne das Verbraucher diese transparent nachvollziehen könnten. Außerdem müsse die Umstellung für all diejenigen, die erst noch ans Fernwärmenetz angeschlossen werden, „bezahlbar bleiben“. „Mieter dürfen die Kosten über Umlagen nicht alleine tragen“, so Pop. Man brauche auch eine vernünftige Kontrolle über Preise, am besten eine „systematische bundesweite Preisaufsicht“.
Vor- und Nachteile von Fernwärme
Auf was würden sich Verbraucher nach derzeitigem Stand also einlassen, wenn sie ans Fernwärmenetz angeschlossen würden – und welche Vorteile und Nachteile hätte das?
Ein bisheriger Nachteil ist, dass Fernwärme per se nicht klimafreundlich ist: Die Wärme, die durch isolierte Rohrleitungen direkt in die angeschlossenen Wohngebäude geleitet wird, entsteht nämlich hauptsächlich aus fossile Brennstoffen. Laut Daten des Bundeswirtschaftsministeriums von 2018 kommt die Energie dafür zu 42 Prozent aus Gas, zu 25 Prozent aus Stein- oder Braunkohle und zu einem Prozent aus Mineralöl. 32 Prozent der Fernwärme entsteht durch Biomasse, Müll und industrielle Abwärme. Zunehmend werden in den Heizkraftwerken aber auch erneuerbare Energiequellen eingesetzt.
Verbraucher, denen ökologisches Heizen wichtig ist, können ihren Anbieter nicht einfach wechseln wie etwa bei einer Gasetagenheizung – das ist ein weiterer Nachteil von Fernwärme. Planung und Betrieb des Kraftwerks und der Netze laufen über ein und dasselbe Unternehmen. „Der Aufbau einer doppelten Infrastruktur durch ein weiteres Unternehmen wäre unwirtschaftlich. Daher ist jedes Fernwärmeunternehmen ein lokaler Monopolist“, monieren die Verbraucherzentralen. Sie verlangen mehr Wettbewerb.
Für manche Grundstücke können Kommunen außerdem die Nutzung von Fernwärme vorschreiben, was Eigentümerinnen und Eigentümer einschränkt. Verbraucherschützer kritisieren zudem rechtliche Besonderheiten, die es beispielsweise erlauben, sehr lange Verträge für die Dauer von bis zu zehn Jahren zu schließen.
Für die Fernwärme spricht, dass sie relativ günstig sein kann. „Manche Anbieter bieten attraktive Preise“, so die Verbraucherzentrale. Ein weiterer Vorteil ist, dass Eigentümer keine eigene Heizanlage brauchen und zum Beispiel Wartungskosten sparen. Setzt der eigene Anbieter außerdem auf erneuerbare Energien, können Fernwärme-Kunden einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten. Manche Stadtwerke und Kommunen zahlen außerdem Zuschüsse für den Anschluss ans Fernwärmenetz und fördern sie mit etwa 500 bis 3000 Euro.