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Preisrally Warum Silber nicht das neue Gamestop ist

Der Silberpreis ist zwischenzeitlich in die Höhe geschossen. Über die Gründe herrscht Unklarheit
Der Silberpreis ist zwischenzeitlich in die Höhe geschossen. Über die Gründe herrscht Unklarheit
© IMAGO / photothek
Der Preis für Silber hat deutlich angezogen. Zurückzuführen ist das wohl auf einen Mix aus Gerüchten, Renditehunger und überschüssiger Liquidität – nicht auf eine Gemeinschaftsaktion wie bei der Gamestop-Aktie

Beim Silberpreis war in den vergangenen Tagen Erstaunliches zu beobachten. Nachdem sich der Kurs des Edelmetalls monatelang seitwärts bewegt hatte, kletterte er Ende Januar plötzlich binnen weniger Tage um fast 20 Prozent. Die Verantwortlichen waren vermeintlich schnell gefunden: Dieselben Kleinanleger, die kurz zuvor in einer konzertierten Aktion den Aktienkurs des Spielehändlers Gamestop in die Höhe getrieben hatten, sollten sich nun Silber vorgeknöpft haben. Das stimmt so allerdings nicht.

Beim Silberpreis seien mehrere Faktoren zusammengekommen, die den Preis in die Höhe getrieben haben, sagt Eugen Weinberg, Rohstoffanalyst der Commerzbank: Freies Kapital, das irgendwo hinfließen muss. Kleinanleger, die sich von den Gerüchten über die nächste Kamikaze-Aktion à la Gamestop mitreißen ließen. Großinvestoren, die mitzogen. Und nicht zuletzt der Mythos, dass Banken in den Vereinigten Staaten systematisch den Silberpreis drücken.


Silber Rohstoff


Silber Rohstoff Chart
Kursanbieter: FXCM

Im Herbst vergangenen Jahres verdonnerten die US-Aufsichtsbehörden die Großbank JP Morgan Chase zu einer Rekordstrafe, weil einige ihrer Händler jahrelang den Terminmarkt für Edelmetalle manipuliert hatten. Man könne trotzdem nicht davon ausgehen, dass US-Banken in Masse den Silberpreis niedrig hielten, sagt Weinberg. „Das ergäbe keinen Sinn.“ Genau das glaubten spätestens nach dem Urteil gegen JP Morgan aber offenbar viele Privatanleger. Sie witterten bei Banken und anderen Profi-Investoren Short-Positionen in Silber, also Wetten auf einen fallenden Silberkurs. Und beschlossen schließlich, dagegenzuhalten, um die vermeintlichen Shortseller auszuquetschen. Zeitweise machte der Hashtag #silversqueeze die Runde.

Wer hat all das Silber gekauft?

Woher die Idee vom „Silver Squeeze“ ursprünglich stammt, lässt sich nicht nachvollziehen. Im Reddit-Forum „WallStreetBets“, in dem sich User dazu verabredet hatten, den Gamestop-Aktienkurs in die Höhe zu treiben, kommen Aufrufe zum Silberkauf jedenfalls nicht gut an. Dort wähnt man sich noch mitten im Showdown rund um den Spielehändler und wittert Böses, wenn Mitglieder andere Investments pushen wollen. Der „Silver Queeze“ sei nichts weiter als ein Ablenkungsmanöver der Hedgefonds, die ins Tauziehen um die Gamestop-Aktie verwickelt seien, heißt es dort. Als bekannt wurde, dass auch mehrere Hedgefonds auf einen steigenden – und nicht fallenden – Silberpreis setzen, sah sich die Community bestätigt.

Wer hat also alles Silber gekauft, und war überhaupt jemand short, hat also auf einen fallenden Kurs gesetzt? „Das ist eine gute Frage, die sich nicht abschließend beantworten lässt“, sagt Rohstoffanalyst Weinberg. Seines Wissens nach gab es zuletzt keine großen Short-Positionen. Er glaubt, dass sowohl Profis als auch Kleinanleger zugegriffen und so den Preis gemeinsam in die Höhe getrieben haben, jedenfalls vorübergehend. Am gestrigen Dienstag (2. Februar) ging es bereits wieder leicht bergab. „Letztlich ist die Blase – oder vielmehr: das Bläschen – beim Silberpreis Ausdruck einer nie dagewesenen Liquiditätsschwemme am Markt“, urteilt Weinberg.

Wie es weitergeht bei dem Edelmetall, ist offen. Es gibt sowohl Argumente für einen steigenden als auch für einen fallenden Kurs. Für weitere Preisanstiege spricht, dass sich die Konjunktur im laufenden Jahr von der Corona-Krise erholen dürfte. Das wird voraussichtlich die Silber-Nachfrage aus der Industrie befeuern. Steigt der Preis allerdings zu stark, etwa durch Anleger, die auf den Zug aufspringen, schauen sich Unternehmen nach Alternativen um – der Kurs gibt nach. Unterm Strich dürften die Positivfaktoren überwiegen, sagt Weinberg. Er rechnet damit, dass eine Feinunze Silber zum Jahresende hin 30 US-Dollar oder mehr kosten wird. Und konstatiert: „Silber wird immer mehr zum Anlagemetall.“

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