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Claudia Müller Finanzen als Schulfach wird die Finanzbildung nicht retten!

Finanz-Expertin Claudia Müller hat Tipps und Tricks für eine generationenübergreifende Finanzplanung.
Finanz-Expertin Claudia Müller hat Tipps und Tricks für eine generationenübergreifende Finanzplanung.
© Businessfotografie Frau Winkelmann
Braucht es ein Schulfach Finanzen? Ja! Wird das allein die mangelnde Finanzbildung in unserem Land retten? Nein – dafür ist eine größere Anstrengung vonnöten

Die neuen Pisa-Ergebnisse attestieren dem deutschen Schulsystem viel Verbesserungspotenzial. Gleichzeitig soll ein weiteres Thema in die Schulen gebracht werden: Finanzielle Bildung. Das Finanzministerium und das Bildungsministerium haben gemeinsam die Initiative Finanzielle Bildung ins Leben gerufen, Verbraucherschützer fordern ein Schulfach Finanzen und viele wertvolle Initiativen setzen sich seit Jahren für besseres Finanzwissen ein. 

Die Schule als Startpunkt für Finanzbildung bietet viele Möglichkeiten: Wenn Schülerinnen und Schüler schon in jungen Jahren Berührungspunkte zu Finanzen haben, werden viele Ängste und Bedenken gar nicht erst groß. Sie können frühzeitig ausgeräumt oder präventiv verhindert werden. Schülerinnen und Schüler lernen wichtige Fähigkeiten, die sie für ihr späteres (Erwachsenen-)Leben dringen brauchen. So können sie typische Stolperfallen vermeiden und langfristig sinnvoll ihre (finanzielle) Zukunft gestalten.

Außerdem hat die Schule einen entscheidenden Vorteil: Es werden alle Menschen erreicht, nicht nur die Sprösslinge wohlhabender Familien, die im Schnitt ohnehin schon mehr Finanzwissen in ihrer Familie mitbekommen. Die Schule hat also die Möglichkeit, bestehende Ungleichheiten auszugleichen oder zumindest dazu beizutragen, dass sich diese Ungleichheiten nicht verschärfen. Nicht zu unterschätzen sind hier auch die Spillover-Effekte von Kindern auf ihre Eltern: Finanziell gebildete Kinder geben dieses Wissen an ihre Eltern weiter und vergrößern damit die Zahl der Menschen, die von dieser Form der Finanzbildung profitieren. 

Wo Finanzbildung ansetzen sollte

Eine solide Finanzbildung in der Schule schafft nicht nur Bewusstsein für ökonomische Zusammenhänge, sondern fördert auch die Entwicklung von finanzieller Eigenverantwortung und Risikokompetenz. Diese Fähigkeiten sind nicht nur für die persönliche finanzielle Stabilität, sondern auch für eine erfolgreiche und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft als Ganzes von entscheidender Bedeutung.

Neben der Schule gibt es noch andere Orte und Situationen, in denen Finanzbildung ansetzen sollte:

  • Die Rolle des Elternhauses: Erwiesenermaßen ist das Elternhaus enorm prägend für viele Entscheidungen und Wissen, unter anderem das Finanzwissen. Wohlhabende Familien reden häufiger über Geld als Familien mit weniger finanziellen Privilegien. Zudem ist die Aufgabenteilung der Eltern häufig ein Vorbild, dem Kinder unbewusst oder bewusst nachstreben. Väter reden häufiger mit ihren Söhnen über Finanzthemen als mit ihren Töchtern; Mütter reden im Schnitt gar nicht über Geld.
    Auch bei Schenkungen und Erbschaften werden Söhne bevorzugt; Schenkungen an Töchter sind 37 Prozent kleiner, Erbschaften 13 Prozent. Das Elternhaus und der Umgang mit Finanzen prägt also lebenslang sowohl den Umgang mit, als auch die Höhe der verfügbaren Finanzen. Eltern zu bilden – sowohl in Bezug auf ihre eigenen Finanzen als auch in Bezug auf Geldgespräche mit ihren Kindern – hat daher dieselben Spillover-Effekte wie die Finanzbildung von Kindern. 

  • Situationsbezogenes und lebenslanges Lernen: Hand aufs Herz: Wissen Sie noch alles, was Sie in der Schule gelernt haben? Vermutlich erinnern Sie sich primär an die Dinge, die Sie regelmäßig anwenden. Menschen lernen besser, wenn sie dieses Wissen unmittelbar anwenden können. Deshalb benötigen wir neben der Schulbildung eine Strategie für lebenslange Finanzbildung: das erste eigene Geld, die Familiengründung, Immobilien, Vorbereitung auf die Rente… Beim Thema Finanzbildung sind neben den Schulen also weitere Akteure gefragt: Berufs- und Hochschulen, Universitäten, Ausbildungsbetriebe und Arbeitgeber sind naheliegende Anlaufstellen, um möglichst viele Menschen zu erreichen. 
    Darüber hinaus sollte Finanzbildung so kreativ wie möglich gedacht werden: Warum sollte es nicht einen Tatort geben, in dem der Witwer des Mordopfers nach dem Tod eine negative finanzielle Überraschung erlebt? Eine Frage zur Inflation bei „Wer wird Millionär?“, eine Nebenhandlung bei GZSZ… Beiläufige Finanzbildung kann und sollte in vielen Formaten adressatengerecht und subtil eingebaut werden. Auf unterschiedlichen Wegen können unterschiedliche Zielgruppen erreicht und Finanzbildung damit flächendeckend umgesetzt werden.

Claudia Müller ist Ökonomin und leitet seit 2017 das von ihr gegründete Female Finance Forum, das Frauen im Umgang mit Geld und nachhaltigen Investitionen weiterbildet. Davor studierte sie internationale VWL und arbeitete unter anderem bei der Deutschen Bundesbank, wo sie für das Thema Green Finance verantwortlich war. Dieses Wissen wandte sie parallel zur Gründung des Female Finance Forums in einem Single Family Office an, wo sie für die nachhaltigen liquiden Anlagen zuständig war.

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