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Aktienmarkt Warum ein zweiter Blick auf China lohnt

Skyline der Wirtschaftsmetropole Schanghai: China will seinen Finanzsektor öffnen
Skyline der Wirtschaftsmetropole Schanghai: China will seinen Finanzsektor öffnen
© Hanny Naibaho / Unsplash
China will seinen Finanzsektor weiter dem Westen öffnen. Was das für deutsche Banken und Versicherer bedeutet – und wie Anleger profitieren

Der Besuch von Olaf Scholz in Peking trägt Früchte. Anfang des Jahres hatte der Bundesfinanzminister für eine stärkere deutsch-chinesische Zusammenarbeit im Finanzsektor geworben. Allgemeiner Konsens: Banken und Versicherer sollen einen größeren Marktzugang bekommen und deutsche Unternehmen einfacher mit chinesischen Aktien handeln können. Die chinesische Regierung hat die Pläne nun noch einmal bekräftigt: Sie werde „ausländische Banken und Versicherer ermutigen, Finanzprodukte und Services in China verstärkt anzubieten“, sagte Wang Zhaoxing, Vizevorsitzender der Finanzaufsicht CBIRC Ende März .

Ausländische Investoren dürfen nun insgesamt bis zu 300 Mrd. US-Dollar in chinesische Finanzunternehmen stecken – doppelt so viel wie bisher. Bereits im vergangenen Sommer ging China auf Investoren aus dem Ausland zu: Seitdem können sie sich ohne Beschränkung an chinesischen Banken beteiligen. Zuvor lag die Beteiligung einer ausländischen Bank an einem chinesischen Institut bei lediglich 20 Prozent.

Auch Versicherer profitieren von der Öffnung des chinesischen Finanzsektors. Sie können ihre Anteile an Joint-Ventures seit 2018 auf bis zu 51 Prozent erhöhen, Tendenz steigend. Als erste ausländische Versicherung ohne chinesische Beteiligung durfte zuletzt die Allianz eine Holding in China gründen. Zwar sind ausländische Versicherer bisher rar gesät auf dem chinesischen Markt. Doch verspricht er großes Potenzial, ist der Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV) überzeugt. Nachdem die Regierung die jahrelange Ein-Kind-Politik abgeschafft hat, wächst die Bevölkerung deutlich schneller – der Bedarf an privater Altersvorsorge ist also groß.

Spannende Anlagemöglichkeiten

Die Gründe für Chinas Gesinnungswandel gegenüber ausländischen Investoren sind vielfältig. Eine große Rolle spielt der Handelskonflikt mit den USA . China ist auf der Suche nach neuen Verbündeten – und muss dafür Zugeständnisse machen. Die USA wie auch die EU fordern schon länger einen gleichberechtigen Marktzugang. Auch will die Volksrepublik von der Expertise westlicher Finanzinstitute profitieren. So sollen sich die Aufsichtsbehörden künftig besser abstimmen und die Banken voneinander lernen. Die Bundesbank möchte sich zum Beispiel stärker mit ihren chinesischen Pendants austauschen. Damit will China auch seine Relevanz auf dem internationalen Börsenparkett stärken.

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ereignete sich im Juni 2018: Erstmals nahm der Weltaktienindex MSCI World chinesische Aktien auf . Die Autoren einer Studie der US-Bank Morgan Stanley erwarten, dass China zunehmend Kapital aus dem Ausland anlocken will, um seine derzeit negative Handelsbilanz auszubalancieren. Auch sollen die Handelsplätze in London und Schanghai stärker kooperieren und Anleger sollen einen einfacheren Zugang zur Währung Renminbi bekommen. Da sich chinesische Wertpapiere bis auf ihren Einfluss im MSCI World weitgehend unabhängig von internationalen Börsenindizes entwickeln, ergeben sich für Investoren spannende Anlagemöglichkeiten. Die Aktien schwanken zwar stark und erlitten im vergangenen Jahr herbe Verluste, legten im Jahr 2019 bisher aber deutlich mehr zu als der MSCI oder der Dax.

Europäische Firmen fühlen sich in China benachteiligt

Für deutsche Banken und Versicherer wartet in China ein riesiger Markt. Angesichts des Brexits ist London als Finanzzentrum geschwächt – nutzt die deutsche Finanzszene diese Chance, könnte sie ihre Position in China festigen. Auch könnte der Westen zunehmend Einfluss auf die chinesische Finanzbranche nehmen, etwa auf deren bisher eher unübersichtliche Kreditvergabe. Sollte Finanzminister Scholz das Land zu einem Beitritt in den sogenannten Pariser Club bewegen – einem Zusammenschluss staatlicher Kreditgeber – müsste China sein Kreditverhalten offenlegen.

Ehrgeizige Pläne – die eine weitere chinesische Marktöffnung benötigen. Denn noch fühlen sich europäische Unternehmen in China benachteiligt, zeigt eine Studie der Europäischen Handelskammer in Peking aus dem Jahr 2018. 62 Prozent der befragten Unternehmen haben den Eindruck, dass chinesische Firmen in Europa besser behandelt würden als umgekehrt. Knapp die Hälfte findet, dass es im Vergleich zum Vorjahr noch komplizierter geworden sei, in China Geschäfte zu machen. Das jüngste Signal aus China bietet jedoch Grund für vorsichtigen Optimismus.

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