Christian Kirchner ist Frankfurt-Korrespondent von Capital. Er schreibt an dieser Stelle regelmäßig über Geldanlagethemen. Hier können Sie ihm auf Twitter folgen
Vermutlich kennen auch Sie die Strategie vieler Analysten, Fondsmanager und Kommentatoren, die eigenen Marktprognosen und Empfehlungen so geschickt zu verklausulieren, dass man sich hinterher auf nichts festnageln lassen kann. Da ist die Rede von „Basiszenarien“ (welche implizieren, dass es eben in anderen Szenarien auch ganz anders kommen kann), da kommen „Zielbänder“ ins Spiel (womit sich die Trefferwahrscheinlichkeit natürlich erhöht gegenüber Punktprognosen) oder der Zeitraum wird offen gelassen („Eine Korrektur ist jederzeit möglich!“).
Natürlich ist das alles Teil des Spiels, gewissermaßen das Salz in der Suppe in der Beschäftigung mit Geldanlage und Kapitalmärkten. Machen wir heute daher auch einmal eine Ausnahme in der ansonsten gebotenen Zurückhaltung, wenn es um Prognosen und Empfehlungen geht: Ich stelle Ihnen vier Anlageideen vor.
Es sind Ideen etwas abseits der ausgetretenen Pfade der Dax-Aktien, zehnjährigen Bundesanleihen oder des Tagesgelds, die allesamt auch ein wenig unpopulär klingen mögen. Aber genau das macht sie auch als Beimischung in einem ansonsten soliden Vermögensmix interessant. Und in sechs Monaten ziehe ich an dieser Stelle eine Zwischenbilanz – ohne Ausreden, Klauseln oder dem Spiel mit den Zeiträumen im Stile von „die Idee war gut, aber das Timing falsch.“
01 In unter dem Substanzwert gehandelte Aktienmärkte investieren
Natürlich erscheint die Vorstellung grotesk, jetzt Aktien aus Griechenland, Russland oder der Euro-Peripherie zu kaufen. Allerdings haben die wirtschaftlichen Probleme sowie die Angst der Investoren die Kurse in vielen Ländern – namentlich Griechenland und Russland – so weit nach unten getrieben, dass die Aktien gemessen am Kurs-Buchwert-Verhältnis weit unterhalb ihres Substanzwerts gehandelt werden. Das heißt: Das Vermögen der Firmen ist mehr Wert, als diese an der Börse kosten.
Das findet im Übrigen auch der Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Shiller spannend, der Griechenland, Russland, aber auch die nicht ganz so günstigen, aber historisch immer noch niedrig bewerteten Märkte Italien und Spanien für spannende Langfristanlagen hält, wie er kürzlich im Capital-Interview erklärte.
Die Aktienmärkte ganzer Länder sind über Indexfonds (ETFs) investierbar, etwa den Lyxor Russia für die zehn größten russischen Titel ( FR0010326140) oder den Lyxor MSCI Greece (FR0010405431) – aufgrund ihrer starken Schwankungen sind diese aber nur in homöopathischen Dosen als spekulative Beimischung geeignet. Alternativen dazu sind Investmentfonds, die sich auf unterbewertete Substanzaktien und –märkte spezialisiert haben, etwa der Starcap Priamos (LU0137341359) oder der Cambria Global Value ETF (IE00B4613386).
02 Schwellenländer-Lokalwährungen
Noch vor fünf Jahren galten Schwellenländeranlagen als Zauberformel: Niedrige Schulden, hohes Wirtschaftswachstum und meist vorteilhafte Demografien sowie die Globalisierung sprachen für Investments in aufstrebende Länder. Es kam, wie es immer kommt, wenn sich alle einig sind: Genau andersherum. Seit Jahren liefern Schwellenländer niedrigere Erträge als die Industrieländer, wo Aktien und Anleihen kräftiger haussieren.
Noch übler fällt die Bilanz für Schwellenländerwährungen aus: Verglichen mit dem US-Dollar notiert ein gleichgewichteter Korb an Schwellenländerwährungen auf dem tiefsten Stand seit fast zwei Jahrzehnten, wie die Société Générale errechnet hat. Der Grund sind Sorgen vor einer zu hohen privaten Verschuldung in vielen Schwellenländern und vor allem die Angst vor weitreichenden Folgen einer Zinserhöhung in den USA: Diese könnte den Druck auf Schwellenländerwährungen weiter erhöhen, weil Kapital aus diesen Ländern abfließen und sich die Kreditaufnahme verteuern könnte.
Wer glaubt, dass diese Sorgen nunmehr bereits eingepreist sind nach einem nunmehr fast zweijährigen Abwärtstrend, findet mit dem Indexfonds SPDR Barclays Capital Emerging Markets Local Bonds eine langfristig spannende Investitionsmöglichkeit (DE000A1JS9D).
03 Goldminen-Aktien
Goldinvestoren haben seit fast vier Jahren wenig zu lachen. Um rund ein Drittel ging es seit Herbst 2011 bergab mit dem Goldpreis nach zuvor zehn Jahren Hausse. Immerhin: Es geht noch schlimmer: Mit Goldminenaktien, die meist die Bewegung des Goldpreises gehebelt nachvollziehen. Von den Höchstkursen 2011 hat der Goldminenaktienindex Amex Gold Bugs der größten Goldminenaktien der Welt drei Viertel seines Werts verloren.
Nun sind allein gefallene Kurse kein Kaufargument für die oft von hohen Schulden und steigenden Förderkosten belasteten Minenaktien. Allerdings hat sich der Goldpreis zuletzt stabilisiert, nehmen die Fusions- und Übernahmeaktivitäten in der Branche allmählich Fahrt auf und ist die Ratio von Goldminenaktien zum Goldpreis auf dem niedrigsten Stand seit dem Jahr 2000 – seinerzeit markierte dies einen Wendepunkt für den Goldpreis wie die Minenaktien.
Mit Indexfonds lassen sich ein über viele Produzenten diversifizierte Position aufbauen, etwa über den iShares Commodity Producers Gold (FR0010588210)
04 Bankanleihen
Einer Bank Geld leihen – der Gedanke ist, zugegeben, gewöhnungsbedürftig. Denn ist nicht das Ziel der laufenden Regulierungswelle, dass Banken auch pleitegehen können, ohne dass der Staat einspringen und der Steuerzahler implizit oder explizit haften muss? Dann werden auch die Aktionäre und Gläubiger zur Kasse gebeten.
In genau der Regulierung liegt aber auch eine Chance. Denn die Banken müssen in den kommenden Jahren eine hohe dreistellige Milliardensumme an Kapital aufnehmen, das im Krisenfall als Verlustpuffer dienen soll. Je größer jedoch dieser Verlustpuffer, desto unwahrscheinlicher, dass es auch bei erstrangigen Anleihen zu einem Zahlungsausfall kommt. Erstrangige Anleihen der Deutschen Bank etwa mit rund fünf Jahren Restlaufzeit bringen nach dem jüngsten Zinsschub wieder rund 1,5 Prozent, zehnjährige 2,5 Prozent Rendite pro Jahr ein. Das ist nicht viel gemessen an historischen Maßstäben, aber dennoch ein Aufschlag von gut eineinhalb Prozentpunkten auf Bundesanleihen gleicher Laufzeit.
Eine entsprechende Suchfunktion für Bankanleihen aller Art bietet die Börse Stuttgart auf ihrer Internetseite; aufgrund der Komplexität vieler Papiere in Sachen Stückelung, Liquidität, Kündbarkeit und den Rang der Verbindlichkeiten sind diese aber nur für fortgeschrittene Anleiheninvestoren eine Option. Einen diversifizierteren Zugang zu Finanzanleihen bietet etwa der Indexfonds Amundi Euro Corporate Financials (FR001102095).