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Reisekonzern Tui erwägt Rückkehr an die Frankfurter Börse

Tui-Schild an einem Gebäude
Tui ist der größte Reisekonzern der Welt und war bisher an der Londoner Börse gelistet. Jetzt denkt der Vorstand über eine Rückkehr nach Frankfurt nach
© Michael Gstettenbauer / IMAGO
Der Deutsche Aktienindex erlebte mit dem Abschied von Linde einen schweren Schlag. Nun überlegt der weltgrößte Reisekonzern Tui, London zu verlassen und in den MDax zurückzukehren

Eigentlich herrscht seit Langem Einigkeit darüber, dass der deutsche Aktienindex für große Unternehmen und Investoren kaum noch eine Rolle spielt. Wer international mitmischen will, geht nicht nach Frankfurt. Bestes Beispiel dafür ist der Impfstoffhersteller Biontech aus Mainz, der sich erst gar nicht im benachbarten Frankfurt listen ließ, sondern sein Börsendebüt gleich in New York gab. Vergangenes Jahr verkündete auch der zu diesem Zeitpunkt noch wertvollste Dax-Konzern Linde, sich von der deutschen Börse verabschieden zu wollen – und ließ den deutschen Aktienindex damit noch mehr in die Bedeutungslosigkeit abrutschen.

Nun überrascht eine andere Meldung: Der weltgrößte Reisekonzern Tui – bisher in London gelistet – denkt über eine Rückkehr in den MDax nach, den deutschen Börsenindex der mittelgroßen Werte. Wie Finanzvorstand Mathias Kiep im Rahmen der Jahresbilanzkonferenz am Mittwoch mitteilte, prüfe der Vorstand, ob eine Aufnahme in den MDax und ein Delisting in London von Vorteil wären. Eine Entscheidung könnte schon bei der Hauptversammlung im Februar anstehen.

Tui wird vor allem in Deutschland gehandelt, Linde in den USA

Grund für diese Überlegung der Tui ist, dass inzwischen drei Viertel der Aktien in Deutschland gehandelt werden – anders als noch vor einigen Jahren. Im Zuge des Zusammenschlusses mit seiner früheren Veranstaltertochter Tui Travel hatte der Konzern die Hauptnotierung seiner Aktie nach London verlegt und den MDax verlassen. In den Jahren 2015 und 2016 seien die meisten Tui-Aktien dann dort gehandelt worden. Dem Konzern zufolge hat sich das aber vor allem in den vergangenen vier Jahren geändert.

Eine Börsennotierung nur in Deutschland könnte Tui aus Sicht des Vorstands Vorteile bringen. Dazu gehörten eine Senkung der Kosten, die Erfüllung von Anforderungen der EU an Eigentum und Kontrolle von Fluggesellschaften sowie eine Verbesserung des Eigenkapitalprofils mit einer zu erwartenden prominenten Position im MDax.

Beim Industriegashersteller Linde verhielt sich genau das anders. Er war sowohl in Deutschland als auch in den USA notiert, rund zwei Drittel der Aktien wurden aber in New York gehandelt. Über das Xetra-System der Deutschen Börse hingegen wurden nur noch fünf Prozent der Linde-Trades abgewickelt. Bei den anderen Handelsplätzen in Deutschland war es noch weniger. 

Kappungsgrenze auf 15 Prozent angehoben

Vor allem war der Industriegashersteller mit einer Marktkapitalisierung von 145 Mrd. Euro auch schlicht zu gut für den Dax. Es störte Linde entscheidend, dass die Aktienbewertung durch die sogenannte Kappungsgrenze beschränkt war, die es nur bei europäischen Indizes gibt. Sie liegt noch bis kommenden März bei 10 Prozent und ist ein Instrument der Deutschen Börse, um das Gewicht eines einzelnen Konzerns im Index zu begrenzen. Linde riss diese Kappungsgrenze regelmäßig. Als Folge mussten Indexfonds, die den Dax nachbilden (ETFs), immer wieder Linde-Aktien abstoßen.

2024 wird diese Kappungsgrenze nun reformiert und auf 15 Prozent angehoben, damit Dax-Schwergewichte in Zukunft mehr Bedeutung im deutschen Aktienindex haben. Das beschloss die Deutsche Börse als Indexbetreiber mit einer Änderung des Dax-Regelwerkes. Relevant ist dies nach aktuellem Stand insbesondere für die Aktie von SAP, die nach ihrem 46,8-prozentigen Kursanstieg im laufenden Jahr etwas mehr als zehn Prozent am Dax ausmacht. Ein zweiter Fall Linde soll mit dieser Reform verhindert werden. 

Global ist der Dax zwar immer noch nicht wirklich wichtig, doch dieses Jahr entwickelte er sich gut und hat die Erwartungen für das Jahresende bereits Ende November übertroffen mit mehr als 16.000 Punkten.

Auch die Tui-Aktie drehte am Mittwoch kräftig nach oben und lag zwischenzeitlich mehr als 15 Prozent über dem Vortageswert. Damit der Reisekonzern wirklich zurück an die Frankfurter Börse kommt, müssen die Anteilseigner erst einem Delisting in London zustimmen. Dazu werden mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen benötigt. Der Konzern-Vorstand erwägt daher nach eigenen Angaben, das Vorhaben auf die Tagesordnung der nächsten Hauptversammlung zu setzen, planmäßig am 13. Februar 2024.

mit dpa

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