Es sieht dieser Tage häufig so aus, als müsse sich die Welt entscheiden. Auch wenn die Politik noch so oft betont, man dürfe Gesundheit und Wirtschaft nicht gegeneinander ausspielen. Aber es bleibt bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie doch dabei, dass das Land abwägen muss, wie viel des alltäglichen Lebens es aus Gesundheitsschutzgründen lahmlegen kann, ohne dabei das Überleben großer Teile der Wirtschaft zu gefährden. Und auch Wirtschaft und Umweltschutz werden ja allzu oft als Gegensätze konstruiert. Obwohl es viel mehr Sinn ergibt, sie als Einheit zu verstehen. Und dann findet auch allzu oft die Abwägung statt zwischen kurzfristigen und langfristigen Zielen.
Betrachtet man diese drei Zielkonflikte aus aktueller Warte, dann ergibt sich noch eine ganz andere spannende Frage: Wie schlagen sich – gerade jetzt in Zeiten der Corona-Krise – die Unternehmen und kommen die nachhaltigen von ihnen eigentlich besser durch diese Zeiten? Das kann man derzeit gut an den Aktienkursen ablesen, denn in nachhaltigen und ethischen Fonds sind ja die jeweiligen Vorreiterfirmen zusammengefasst. Ein simpler Blick auf den Weltaktienindex MSCI World und sein nachhaltiges Pendant, den MSCI World SRI (Socially Responsible Investment) überrascht dabei.
Vergleicht man die Kurve des herkömmlichen Weltaktienindex mit seinem „grünen“ Ableger, dann hielt sich der sozialverantwortliche Index tatsächlich etwas besser. Auf Jahressicht machte der Renditeunterschied bis Ende Februar – also kurz vor dem großen Corona-Crash rund zwei Prozentpunkte aus. Während der MSCI World also rund sechs Prozent zulegte, waren es beim nachhaltigen MSCI World acht Prozent.
Sind Öko-Fonds krisenresistenter?
Ab März stürzten die Kurse dann bei beiden. Bis zum 1. April verbuchte der „normale“ MSCI World einen Absturz von 12 Prozent, der nachhaltige Index aber wurde nur 6,5 Prozent nach unten gedrückt. Und er erholte sich in den vergangenen Tagen auch deutlich rasanter. Heißt das nun also: Grüne Firmen und Investments schlagen sich besser in diesen schwierigen Zeiten? Sind sie also krisensicherere Anlagen?
Das wäre eine steile These. Noch gewagter formulierten es einige Branchenbeobachter, die dieser Tage sogar verkündeten: Mit nachhaltigen Portfolios erzielten Anleger selbst jetzt noch positive Erträge. Eine Zusammenstellung der besten nachhaltigen Fonds führe sogar zu deutlichen Gewinnen selbst seit Anfang März, hatte eine Investmentplattform errechnet. Kann das wirklich sein in Zeiten, in denen an beinahe allen Weltbörsen die Kurse krachen?
Das Geheimnis des Portfolios sieht so aus: Es bestand aus den 20 Prozent der Nachhaltigkeitsfonds mit dem jeweils besten Rating, also gewissermaßen aus den „Besten“ der grünen Fonds. Und es wettete gleichzeitig gegen die „dreckigsten“ Nachhaltigkeitsfonds, setzte also darauf, dass deren Kurse stärker stürzten – und zog aus den Abstürzen Gewinn. So kam es auf die insgesamt große positive Rendite.
Nur werden solche Short-Wetten auf Kursabstürze für die allermeisten Privatanleger keine gute Option sein, äußerst gewagt sind sie ebenfalls. Der übliche Normalinvestor wird also lediglich „long“ gehen, also auf die langfristige und positive Wertentwicklung der Fonds setzen, die er selber im Depot hat. Was heißt das Ganze also für ihn? Und welche Nachhaltigkeitsfonds wären überhaupt eine Überlegung wert?
Kein Entrinnen vor dem März-Crash
Die obigen Zahlen zum Gesamtmarkt verraten es schon: Über die komplette Marktbreite schlugen sich nachhaltige Fonds zwar etwas besser als der Gesamtmarkt – sie stürzten also nicht ganz so arg ab. Doch im positiven Bereich landeten auch bei ihnen die allerwenigsten. Bei den hierzulande vertriebenen Öko-Aktienfonds sah es so aus: Von den knapp 1100 Produkten landeten seit Jahresbeginn alle im roten Bereich, sie verloren also. Lediglich 27 von ihnen schafften es, mit weniger als 10 Prozent Einbußen aus dem März-Crash hervorzugehen (also 2,5 Prozent von ihnen). Ganze vier hatten bloß Abschläge von unter fünf Prozent zu verkraften (0,5 Prozent der Fonds). Dass diese Fondsklasse diese Ergebnisse schaffte, ist dennoch beachtlich in einem Gesamtmarkt, der in der Spitze um 40 Prozent nachgab.
Interessant ist aber: Die schlechtesten Nachhaltigkeitsfonds brachten es auch „nur“ auf minus 48 Prozent, zwei brasilianische Umweltfonds nämlich. Und lediglich bei sechs Fonds fielen die Verluste größer aus als 30 Prozent, das sind 0,5 Prozent dieser Fondsklasse. Natürlich büßten auch etliche Fonds rund 20 bis 30 Prozent ein, also so viel wie der breite Gesamtmarkt bis Anfang April auch. Doch das Feld derer, die maximal 20 Prozent verloren, ist relativ breit. Angesichts des gigantischen Markteinbruchs und der engeren Aktienauswahl der Nachhaltigen hätten die Verluste also auch deutlich größer sein können. Das heißt: Die ganz großen Ausschläge nach unten blieben bei den Ökofonds aus.
Im Vergleich dazu sah die Bilanz bei den Normalfonds so aus, exemplarisch haben wir uns hier die Europa-Aktienfonds angesehen: Von über 400 Fonds schaffte nur einer ein minimales Plus von einem Prozentpunkt seit Jahresanfang. Nur 21 blieben unter 10 Prozent Wertverlust (also nur fünf Prozent von ihnen), den Rest traf es ebenfalls schlimm, und auf über 30 Prozent Einbußen kamen hier recht viele: Insgesamt verloren rund 275 von 400 Fonds mehr als 20 Prozent, also über die Hälfte von ihnen. Und 30 Fonds verbuchten über 30 Prozent Wertverlust, das sind 7,5 Prozent – im Gegensatz zu den 0,5 Prozent Großverlierern bei den Ökofonds. Die herkömmlichen Produkte standen also schlechter da als die Ökofonds.
Spannend wird es auch, wenn man sich die Performance der Nachhaltigen im Detail ansieht – und dann auf kurze und auf lange Sicht: Welche „grünen Fonds“ also schlugen sich besonders gut in der Krise – auf Monats- oder Dreimonatssicht? Und waren sie nur etwas stabiler in den schlechten Zeiten? Oder konnten sie auch in den vorhergehenden Boomzeiten einen satten Aufschwung hinlegen, also auf lange Sicht von fünf oder zehn Jahren den Markt schlagen?
Nachhaltigkeit zahlt sich aus
Bei dieser Betrachtung fällt nämlich auf: Unter den Namen derer, die aktuell in der Krise weniger verloren haben als der Markt und ihre Vergleichsindizes, sind etliche „alte Bekannte“ der Branche, wie etwa alle drei Ökoworldfonds (Growing Markets, Klima und Ökovision), der BSF Nachhaltigkeitsfonds, Green Effects NAI, Mirova Global Sustainable, Nordea Global Climate, Erste WWF, 3 Banken Verantwortung und Zukunft, Schoellerbank Ethik und Vorsorge.
Sieht man sich dagegen die Namen auf der Liste an, die auf Fünfjahressicht bei der Performance vorne lagen, dann findet man durchaus viele andere und unbekanntere Namen an der Spitze dieser Liste, ein UBS Equity Fund etwa war dann einer der Spitzenreiter mit rund 85 Prozent Wertentwicklung, der DPAM Invest Equities Sustainable World brachte 74 Prozent – und die oben Genannten tauchen erst weiter hinten bei den mittleren Renditen vcon 20 oder 30 Prozent auf, was aber immerhin noch rund 4 bis 5 Prozent Jahresrendite bedeutet.
Spannend ist aber, wer sich auf sehr lange Sicht gut schlug, also auf zehn Jahre: Hier liegt der Nordea Global Climate (allerdings in norwegischen und schwedischen Kronen, hier darf man also auch die Währungsverschiebungen nicht unbeachtet lassen) mit 207 Prozent, und der recht eng ausgerichtete Pictet Water folgt ihm relativ bald mit 170 Prozent Plus. Dahinter tauchen ziemlich zügig vor allem die Krisenfesteren unter den Nachhaltigkeitsfonds wieder auf. Und sie können immerhin mit 120 bis 140 Prozent Wertentwicklung auf Zehnjahressicht punkten, was also 12 bis 14 Prozent Jahresperformance entspricht.
Vor allem das zeigt: Nachhaltigkeit kann sich jetzt in Krisenzeiten auszahlen. Und scheint auch auf lange Sicht beileibe nicht von Nachteil zu sein für Anleger. Im Gegenteil.
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