Wann ist ein Mann ein Mann? Eine berechtigte Frage! Nach Herbert Grönemeyers Partyhit jedenfalls nicht, wenn er zu Hause den Putzlappen schwingt oder für die hungrigen Kindermäuler Spaghetti mit Sauce und Salat zubereitet. Für seinen Hit mischte Grönemeyer 1984 männliche Selbstwahrnehmung mit Fakten, Kritik an männlichem Verhalten und Beobachtungen. Demzufolge ist ein Mann ein Mann, wenn er Frauen kauft, Kriege führt, sich selbst als unersetzlich und furchtbar stark empfindet, heimlich weint, dünnes Haar kriegt und schon als Baby blau ist.
Was Grönemeyer ironisch pointiert formulierte, trifft selbst heute noch den Zeitgeist und die Realität. Gesellschaftlich betrachtet sind Familie, Kinder, Kochen und Wäsche überwiegend Frauensache, selbst wenn sie Vollzeit arbeiten wie ihre Männer.
Wie ist das bei Ihnen?
Nach Auswertungen des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) leisten Frauen im Alter von 35 Jahren pro Wochentag fast neun Stunden unbezahlte Sorge- und Hausarbeit, während es bei Männern nur rund vier Stunden sind. In der Rushhour des Lebens leisten Frauen also mehr als doppelt so viel unentgeltliche Sorge- und Hausarbeit wie ihre Männer. Die Wissenschaft nennt das „Gender-Care-Gap“. Übersetzt: geschlechtsspezifische Sorge- und Haushaltsführungs-Lücke. Der Care-Gap nimmt also im Laufe des Lebens ab. Statistische gesehen bleibt die Lücke in der Relation zwischen Mann und Frau allerdings stabil über die Jahrzehnte in dem Sinne, dass Frauen im Durchschnitt fast doppelt so viele Stunden im Haus und für die Familie arbeiten wie Männer.
Wie die hohe Differenz bei der Care-Arbeit zustande kommt, verdeutlich eine Befragung des Wirtschaftszentrums Berlin für Sozialforschung. Demnach erledigen Frauen maßgebliche Teile der unbezahlten Haus- und Familienarbeit allein. Fast 94 Prozent der Frauen, die in Beziehungen leben, kümmern sich allein oder meistens allein um die Wäsche. Auch beim Putzen halten sich die Männer maximal zurück. In derselben Befragung gaben fast 80 Prozent der Frauen an, dass sie immer allein oder meistens die Wohnung putzen. Beim Kochen ist das Bild ganz ähnlich.
Keine partnerschaftliche Balance bei Aufgabenteilung
Von einer Balance in der partnerschaftlichen Aufgabenverteilung kann also keine Rede sein. Und das trifft nicht erst zu, wenn Kinder in der Familie leben. Sobald Menschen zusammenziehen, übernehmen Frauen mehrheitlich, wenn nicht ausschließlich, allein die zeitintensiven Aufgaben Wäschewaschen, Putzen und Kochen.
Kein Wunder also, dass gesellschaftlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als ein Frauenthema dargestellt wird und weniger als ein Thema ebenfalls für Männer, weil Männer statistisch und in der Realität kaum bis wenig Haus- und Familienarbeit leisten und offenbar denken, das sei Aufgabe von Frauen. Ist es aber nicht.
Care- und Hausarbeit ist auch Männersache
Waschen, Putzen, Kochen und Kinder betreuen ist Sache von zwei Menschen in einer Beziehung auf Augenhöhe. Wie die Aufgaben verteilt werden, basiert auf Verhandeln und Absprachen, partnerschaftlich und fair.
Sehen sich beide in der Verantwortung, haben Frauen unmittelbar mehr Zeit für ihre Berufstätigkeit und damit ihre finanzielle Eigenständigkeit, weil sie für ihre Arbeit bezahlt würden. Sie hätten Zeit für Fortbildungen, gesellschaftliche Teilhabe, persönliche Interessen. Sie hätten auch einfach mal frei. Als Folge würden sich viele berufliche und finanzielle Nachteile, denen Frauen ausgesetzt sind, auch auflösen — wie die Teilzeit-Falle, der Gender Pay Gap, der Pension Gap, die Mother-Penalty, um nur einige zu nennen.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist geschlechtsunabhängig und eine gesamtgesellschaftliche Notwendigkeit. Nur Frauen allein haben keine Kinder und einen Haushalt.
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist geschlechtsunabhängig
Von allein ändert sich diese einseitige Belastung unbezahlter Arbeit allerdings nicht. Männer können genauso gut Wäsche waschen, Hemden bügeln, Essen zubereiten, putzen, Besorgungen erledigen und sich um die Kinder kümmern. Wir brauchen hier einen gesellschaftlichen Wandel, einen Wandel in den Köpfen und im Verhalten. Fordern Sie das als Frau offensiv und nachdrücklich ein. Als Mann nur „mitzuhelfen“, anstatt den eigenen Anteil an der Haus- und Carearbeit zu übernehmen, ist nicht männlich. Es erinnert eher an ein kindliches Verhaltensmuster.
Die Wissenschaftler:innen vom DIW sehen das auch nicht nur als persönliche Lebensentscheidung, sondern nehmen die Politik in der Pflicht. Sie müsse Anreize für eine gleichmäßigere Aufteilung der Sorgearbeit schaffen. Eine Möglichkeit wäre, das Ehegattensplitting zu reformieren. Eine weitere, die Zahl der Partnermonate beim Elterngeld zu erhöhen oder Elterngeld nur dann auszuzahlen, wenn beide Elternteile sich mindestens jeweils sechs Monate Zeit für ihr Kind nehmen. Das würde einen Wandel beschleunigen.
Der „neue Mann“ als Vorbild für partnerschaftliche Aufgabenverteilung
Denn es gibt sie ja längst, die neuen Männer, die sich die Haus- und Kinderarbeit genauso partnerschaftlich und selbstverständlich mit ihren Frauen teilen wie die Berufstätigkeit. Noch sind es nicht viele, aber ihre Zahl steigt. Gerade junge Männer möchten sich mehr um ihre Kinder kümmern und alles, was damit zu tun hat. Ein gesellschaftlicher Wandel und flankierende Gesetze würden diesen Männern helfen, Beruf und Familie zu vereinbaren und keine Nachteile im Job hinnehmen zu müssen, so wie Frauen, wenn sie ein Kind erwarten. Denn das ist leider auch Teil der Realität, dass Männer, die ihre Care-Verantwortung übernehmen, von Geschlechtsgenossen belächelt werden und im Arbeitsleben Nachteile erfahren. Männer machen es sich hier gegenseitig schwer.
Die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie ist Frauen- und Männersache. Wir brauchen endlich eine Gleichstellung für Männer in Familie, Haushalt und im Arbeitsleben, damit bezahlte und unbezahlte Arbeit gleichmäßig aufgeteilt wird.