Gold war in der Nacht auf Dienstag kurzzeitig so teuer wie noch nie. Der Preis für eine Feinunze Gold (etwa 31,1 Gramm) stieg um knapp ein Prozent auf 3508,73 Dollar und erreichte damit den bisher höchsten Stand. Mit dem Rekordhoch krönte der Goldpreis seine jüngste Rally, mit der er seine monatelange Seitwärtsbewegung zwischen 3200 und 3400 US-Dollar beendet hatte. Das Rekordniveau konnte der Goldpreis nicht ganz halten. Zuletzt legte der Kurs noch moderat auf 3484 Dollar zu und lag damit wieder etwas unter dem bisherigen Rekordhoch von rund 3500 Dollar aus dem April.
Gold gehört in diesem Jahr zu einer der gefragtesten Anlagen. Seit Ende 2024 legte der Preis um rund ein Drittel zu. Auf ein ähnliches Plus kommt das Edelmetall Silber, das auf dem Niveau von 2011 notiert. Zum Vergleich: Der deutsche Leitindex Dax zog um rund ein Fünftel an. Am Dienstag rutschte er um 1,4 Prozent auf bis zu 23.710 Punkte ab. „Der deutsche Leitindex verabschiedet sich heute von der 24.000-Punkte-Marke“, kommentierte IG-Analyst Christian Henke. Statt bei Aktien griffen Anleger bei Gold zu.
Mögliche Zinssenkung treibt Goldpreis
Experten führten das Goldpreishoch auf verschiedene Faktoren zurück. Eine wichtige Rolle spielt unter anderem die Erwartung einer Lockerung der US-Geldpolitik per Leitzinssenkung, nachdem zuletzt insbesondere die wichtigen monatlichen Arbeitsmarktdaten schwach ausgefallen waren. Niedrigere Zinsen erhöhen die Attraktivität von Gold, das im Gegensatz zu Anleihen oder Sparprodukten keine Zinsen abwirft.
Gold sei zurzeit der größte Profiteur von den Spekulationen auf eine Zinssenkung der US-Notenbank, konstatierte Jochen Stanzl, Analyst beim Broker CMC Markets. „Es sieht im Moment so aus, als könnten auch stärkere Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten einer Zinssenkung im September nicht mehr viel anhaben. Darauf setzen die Anleger und rechnen mit einem weiter steigenden Goldpreis.“
Der gegenwärtige Anstieg spiegele einen schwächeren Dollar wider, „aber auch eine starke Nachfrage seitens der Zentralbanken und institutioneller Anleger, da Investoren aus US-Staatsanleihen aussteigen“, erklärte Analystin Ipek Ozkardeskaya von der Swissquote Bank. Die Verlagerung hin zu Gold habe sich in diesem Jahr „angesichts der Sorgen um die US-Verschuldung, der Herabstufungen der Bonität, der Handelsspannungen und der geopolitischen Risiken beschleunigt“, sagte sie weiter.
Laut Edelmetallhändler Alexander Zumpfe von Heraeus blicken Anleger nun gespannt auf die frischen US-Arbeitsmarktdaten am Freitag für den Monat August, die entscheidend für das Ausmaß der erwarteten Zinssenkung sein dürften. Bis dahin bleibe die Stimmung am Goldmarkt ausgesprochen positiv.
Gold als sicherer Zufluchtsort in unsicheren Zeiten
Gold wird zudem von vielen Investoren als sicherer Hafen in politisch unsicheren Zeiten eingestuft. So lässt der unvermindert andauernde, russische Angriffskrieg gegen die Ukraine die Anleger zu dem Edelmetall greifen. Ferner sorgen sich die Anleger auch um die politische Unabhängigkeit der US-Notenbank Fed, die nicht nur den Arbeitsmarkt, sondern auch die Folgen der US-Zollpolitik für die Inflation im Blick behalten muss. US-Präsident Donald Trump gilt als vehementer Verfechter niedrigerer Zinsen und hat zuletzt mit der angestrebten Entlassung der Fed-Gouverneurin Lisa Cook den Druck auf die Notenbank erhöht.
Die Beschuldigungen gegenüber Cook seien eine klare Warnung auch an die anderen Notenbank-Mitglieder, sich dem Druck der Regierung hin zu deutlichen Zinssenkungen zu beugen, sagte Rohstoff-Analystin Thu Lan Nguyen von der Commerzbank und fuhr fort: „Im Falle steigender Inflationsrisiken dürfte die Fed ihre Geldpolitik deutlich zögerlicher straffen als dies andernfalls der Fall gewesen wäre.“ Damit bestehe die Gefahr einer langfristig höheren Inflation wegen zu niedriger Zinsen. Goldanlagen würden damit auch in einem solchen Umfeld attraktiver, denn das Edelmetall wird oft auch als Schutz gegen hohe Teuerung gesehen.