Münchener Immobilienkäufer können ein Lied davon singen. Ein Lied darüber, dass sie seit Jahrzehnten das Gefühl haben, in der bayrischen Metropole zu teuer zu kaufen. Auf Youtube lassen sich schon aus den 70er-Jahren Videos mit dem leider jüngst verstorbenen Oberbürgermeister Hans-Joachim Vogel finden, in denen über hohe Preise geklagt wird beim Kauf und bei der Miete.
In Frankfurt, Hamburg und Teilen Berlins ist es nicht anders. Seit Jahren klettern die Preise und seit ebenso langer Zeit schreiben sich Journalisten die Finger wund, dass eine Blase immer größer werde. Dies jedoch ist keinesfalls Gesetz und eine Blase erkennt man ohnehin erst dann, wenn sie geplatzt ist.
Beim Aktienbroker Etoro zeigen sich die Immobilienkonzerne Vonovia und Deutsche Wohnen resistent gegen Mietendeckel, Konjunkturflaute und Corona-Effekte. Der Unterstützer trägt dabei den Namen „Nullzins“. Er sorgt dafür, dass die Finanzierung von Immobilien immer günstiger wird, selbst zu rollenden Kredite stetig günstiger abgelöst werden können. Mit einem guten Gefühl und in dem Glauben, billig davongekommen zu sein, kauft sich jedoch kaum jemand in den Immobilienmarkt ein.
Dieses Phänomen könnte am Aktienmarkt in den nächsten Jahren seine Fortsetzung finden. Ein Blick auf die Tools der Börse München genügen, um die gigantischen Kurs-Gewinn-Verhältnisse bei Apple und Amazon wahrzunehmen. Apple hat sich von einem reinen Wachstumswert zu einem Mix aus Wachstums- und Substanzwert entwickelt. Dennoch akzeptieren Anleger ein doppelt so hohes KGV wie noch vor drei oder vier Jahren. Der Grund ist nicht nur eine Rally am Tech-Markt , sondern der Faktor Zins. Unternehmensgewinne müssen gewöhnlich diskontiert werden, und Investoren überlegen, was sie alternativ für das in eine Firma investierte Geld bekämen.
Liegt der Zins aber in den USA und in Europa bei null, dann ist der Preis von Geld quasi null. Aus diesem Grund kann das Fazit nur lauten, dass Anleger nicht erwarten können, mit dem guten Gefühl eines billigen Einstiegs Aktien zu kaufen. Es geht vielmehr darum, in einer neuen Zinswelt zu realisieren, dass Aktien und Immobilien eine neue Bewertungsgrundlage haben aufgrund des wichtigsten Parameters – des Zinses. Zinsen verderben das gute Gefühl beim Kauf, doch sie bestimmen den Preis. So oder so.
Daniel Saurenz betreibt das Börsenportal Feingold Research. Es bietet täglich einen Börsenbrief an, den Sie für 14 Tage kostenfrei testen können. Melden Sie sich unter Info@feingold-research.com an oder probieren Sie den Börsendienst unter diesem Link aus